Locke greift an
Hörfunk gespielt würden … und ausgerechnet der B-Song SCHULTERROR!
Hatten nicht alle die U15 nach dem 0:6 gegen Argentinien auch schon abgeschrieben? Die Zeitungen hatten sie heftig kritisiert, als hätten die Spieler noch nie einen Ball gesehen … Nun aber beschloss Locke für sich: »Jetzt erst recht!«
Wieder einmal hatte er erfahren können, es gibt immer Licht am Horizont.
Der Mittwochmorgen begann verdammt früh. Bereits um sechs wurde Locke von seiner Mutter geweckt.
»Auf geht’s, Junge. Die Europameisterschaft wartet.«
Aus dem Bett springen, unter die Dusche gehen und in der Küche ein kleines Frühstück einnehmen, waren eins. Noch einen kurzen Spruch vom Herrn Papa anhören: »Mach mir keine Schande, der Name Schubert steht seit Jahrhunderten für höchste Fußballqualität …«, und schon war Locke auf dem Weg zum Flughafen Düsseldorf.
Das lang gestreckte Gebäude des Terminals aus Glas, Stahl und Beton wirkte an diesem Morgen total zukunftsweisend. So modern. So positiv. Lockes schlechte Stimmung seit dem Auftritt in Hannover war ein für alle Mal verflogen. Er strahlte wieder Zuversicht aus.
Am Schalter der Lufthansa warteten schon die anderen Spieler aus Nordrhein-Westfalen auf ihn. Hannes Balder, Micha Kühn, Lukas Potborski, Ümit Hassan und Heiko Erde. Die Begrüßung fiel nicht ganz so euphorisch aus wie sonst. Locke spürte, dass das 0:6 ihnen allen noch in den Knochen steckte. Aber dann begann man doch, vorsichtig zu witzeln, ein bisschen herumzuhampeln und schließlich auch neueste Informationen auszutauschen. Heiko erzählte, dass er zufällig auf einem türkischen Sender das letzte Vorbereitungsspiel ihres Gruppengegners in Ausschnitten gesehen hätte.
»Die haben genau wie wir am Sonntag noch einmal gespielt«, berichtete er. »Gegen Finnland. Im Gegensatz zu uns haben sie sich aber nicht blamiert. Ein ungefährdetes 5:0 gab es für die türkischen Jungs.« Er wandte sich direkt an Patrick. »Und dein Freund Matz scheint in der Form seines Lebens zu sein. Er hat alleine drei Buden gemacht. Klasse Mann!«
Locke zuckte innerlich zusammen. Jetzt hatte er einmal nicht an Matz gedacht, ein paar Tage lang, aber da war es wieder, dieses saublöde Gefühl, einen Freund verloren zu haben. Er zwang sich zu einem Lächeln.
»Gut, dass ich nicht in der Abwehr spiele.«
In dem Moment wurde der Flug nach Berlin aufgerufen. Es ging los, und Patrick war froh, nicht weiter über Matz nachdenken zu müssen. Pünktlich um kurz vor acht saßen die sieben U15-Nationalspieler in den bequemen Sitzen der Lufthansamaschine. Um drei Minuten nach acht hob der Airbus 310 ab, und es begann das größte Abenteuer im Leben von Locke.
Berlin hatte sich fein gemacht für die Europameisterschaft. In der Halle des Flughafens Berlin Tegel hingen die Flaggen
der sechzehn teilnehmenden Länder, und überall waren Plakate angebracht, die auf das Ereignis aufmerksam machten. Schon bei der Ankunft überkam die Spieler ein Gänsehautgefühl.
Fast zeitgleich mit ihnen landete, aus Rom kommend, ein Flugzeug der Alitalia. Die italienischen Spieler wirkten unglaublich cool auf die deutschen Gruppengegner. Wie aus dem Ei gepellt, betraten sie die Halle, die gesamte Delegation trug elegante dunkelblaue Anzüge und bestimmt zehn Presseleute wuselten um sie herum. Die Mannschaft wirkte echt wie eine Profitruppe. Ein »Zeichen« dafür war wohl auch, dass viele der Jungs mächtig Gel im Haar hatten, wie die erwachsenen Nationalspieler. Eigentlich ein Grund zum Lächeln, aber Patrick sprach aus, was seine Mannschaftskollegen dachten.
»Wenn die nur halb so gut spielen, wie sie aussehen«, meinte er, »dann bekommen wir gegen Italien auch eine Klatsche.« Die anderen nickten betreten. Sie wussten, die italienischen Spieler hatten in der Vorbereitung zur EM auch ein Freundschaftsspiel gegen Argentinien absolviert und dabei ein sehr achtbares 1:1 erzielt. Die Sorge der deutschen Jungs war also durchaus berechtigt.
Ein Vertreter des DFB hatte Patrick & Co. aufgelesen. Per Bus würde es nun an den Müggelsee gehen, in einem östlichen Bezirk der Stadt. Dort, im Sporthotel »Seeblick«, hatte der DFB für seine U15 Quartier bezogen.
Patrick war zum ersten Mal in Berlin und total begeistert. Staunend sah er aus dem Fenster auf die Mischung aus modernsten Gebäuden am Potsdamer Platz und der Pracht alter Fassaden Unter den Linden.
Ausgerechnet der Dortmunder Heiko Erde begann zu lästern: »Siehste, Locke, so sieht eine
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