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Locke greift an

Locke greift an

Titel: Locke greift an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulli Potofski
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von den Türken geknackt werden. Locke war es unbehaglich, wenn er daran dachte, jetzt bald gegen seinen einstmals besten Freund antreten zu müssen.
    Nach der Videoschulung nannte Trainer Stettler die Aufstellung für das Argentinienspiel. Man wollte genauso wie gegen Luxemburg beginnen und je nach Spielstand in der zweiten Halbzeit einiges ausprobieren.

    Die Arena in Hannover füllte sich an diesem Sonntag mit etwa fünfundzwanzigtausend Zuschauern. Auch ein Sportsender war mit seinen Kameras live dabei. Kurz vor der Europameisterschaft, und bei solch einem Gegner, war das Medieninteresse natürlich ungleich größer als gegen die Luxemburger …
    Familie Schubert und Eva, die sich schon am Morgen auf die Strecke nach Hannover aufgemacht hatten, saßen zur Mittagszeit in unmittelbarer Nähe des Stadions in einem Restaurant. Herr Schubert spitzte die Ohren. Er und »seine zwei Frauen« waren nicht die einzigen Fußballfans hier. Auch an den Nachbartischen wurde über das bevorstehende Spiel diskutiert. Für Patricks Vater war es absolut das Größte, wenn in solchen Diskussionen der Name »Patrick« fiel, oder besser: »Locke«. Es war erstaunlich, dass der Spitzname seines Sohnes Einzug bei den Fußballfans gehalten hatte - ein Ausweis für sein Spieltalent.
    »Dem Locke sollte Hannover 96 mal bald einen Profivertrag
geben. Später werden die Schalker alles daransetzen, ihn zu halten.«
    Herr Schubert lächelte vor sich hin, während er an seinem Schnitzel säbelte. Es war sein heimlicher Traum, dass sein Sohn später einmal Profi werden sollte. Aber bis dahin war es noch ein weiter Weg - was an diesem Sonntag deutlich werden sollte.

    Feierlich wurden die beiden Mannschaften mit den Hymnen ihrer Nationen begrüßt. Dieses wunderschöne ovale WM-Stadion bot das perfekte Ambiente, aber, wie es schien, vor allem für die Gäste aus Argentinien: Die glänzten schon beim Warmmachen mit einigen kleinen Kunststückchen am Ball. Wann hatte man es schon mal erlebt, dass die Zuschauer bereits vor dem Spiel Applaus spendeten?
    Patricks Vater auf der Tribüne ahnte Schlimmes. »Mein Gott, die sind ja jetzt schon weiter als mancher Bundesligaspieler. Wenn das mal gut geht.«
    Und auch Eva sah besorgt auf den Rasen hinunter. »Die machen alle einen kräftigeren Eindruck als unsere Jungs«, meinte sie und zog die Brauen zusammen.
    Natürlich bemerkten auch andere diese Unterschiede, doch am Anfang des Spiels gaben sich die deutschen Fans im Rund siegessicher. Entsprechende Anfeuerungsrufe kamen jedenfalls von den Tribünen. Zunächst wurde gesungen: »Auf geht’s, Deutschland, schießt ein Tor.« Danach gab es ein kräftiges »Deutschland! Deutschland!«. Aber bereits nach fünf Minuten erstarben diese Gesänge schlagartig.
    Jorge Demel mit der 10 auf dem Rücken marschierte durch die Abwehr der deutschen Mannschaft, als sei sie nicht vorhanden. Was für ein unwiderstehliches Solo! Kevin Rott im Tor wollte retten, was man nicht mehr retten konnte. Er lief dem Spielmacher entgegen, versuchte, sich
ganz breit vor ihm zu machen, um dann doch lächerlich leicht umkurvt zu werden. Trocken ließ der Argentinier den Ball ins Tor der Deutschen laufen. 0:1!
    Stettler stand am Spielfeldrand und schimpfte mit »Funkturm« Ahlers.
    »Jörg«, schrie er, und fuchtelte wild mit den Händen, »ich habe dir doch gesagt, du sollst die Kreise der Zehn stören. Frühzeitig. Schon im Mittelfeld!«
    Herr Schubert auf der Tribüne bemerkte: »Das gibt eine Packung!«
    Eva mochte schon jetzt nicht mehr richtig hinschauen, denn Locke bekam kaum einen Ball unter Kontrolle, und wenn er mal das Spielgerät einige Meter führen konnte, waren schnell zwei, drei Argentinier bei ihm und raubten ihm förmlich den Ball.
    »Da werden wir heute aber einiges an Trauerarbeit leisten müssen«, flüsterte Eva zu der neben ihr sitzenden Frau Schubert. Und so kam es auch.
    Argentinien führte nach fünfundvierzig Minuten völlig verdient mit 4:0 und Stettler hätte getrost die komplette deutsche Mannschaft auswechseln können - bis vielleicht auf Kevin Rott, der hielt, was er nur halten konnte. Keiner der anderen hätte sich darüber beschweren dürfen, doch Stettler nahm nur einen einzigen Wechsel vor: Heiko Erde, der Stürmer aus Dortmund, wurde wieder einmal durch Erik Stössken von Tasmania 1900 aus Berlin ersetzt. Doch es nützte nichts. Die zweite Hälfte brachte keinerlei Besserung.
    Argentinien spielte wunderbaren Fußball. Die Jungs aus Südamerika hielten

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