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Locke greift an

Locke greift an

Titel: Locke greift an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulli Potofski
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deutschen Bundesliga gespielt. Über das bevorstehende Match wurde allerdings bewusst kein Wort gesprochen.
    Die beiden Mannschaften zogen nun ab in die hochmodernen Umkleidekabinen des Stadions, denn die Eröffnungszeremonie begann. Viele hundert Kinder tanzten zu Computerklängen auf dem grünen Rasen, und aus den vielen Täfelchen, die sie dabeihatten, bildeten sie schließlich das Logo der europäischen Fußballunion. Der Regierende Bürgermeister von Berlin hielt eine bemerkenswert kurze Ansprache und Michel Platini, der Präsident der UEFA, einst ein absoluter Fußballweltstar, erklärte die Schüler-Europameisterschaft für eröffnet.
    »Sehr wichtig ist uns«, fügte er hinzu, »dass wir nicht nur einfach Fußball zusammen spielen, sondern dass die unterschiedlichen Kulturen Europas ebenfalls zusammenfinden.«
    Die Zuschauer im Stadion standen auf und klatschten in die Hände. Zum Abschluss der Show trat die Mädchenband Monrose mit dem offiziellen Song zur EM auf, den man schlicht und einfach »United« getauft hatte.
    Halb drei. Die Mannschaften betraten das Stadion zum Aufwärmprogramm. Das weite Rund war bis auf den letzten Platz gefüllt. Als Locke das sah, durchrieselte ihn ein Schauer vom Nacken bis zu den Fußsohlen. Wow! Siebzigtausend Zuschauer begrüßten die Mannschaften begeistert. Endlich Fußball!

    In Gelsenkirchen bei der Familie Schubert hatte sich eine äußerst kompetente Runde zum gemeinsamen Fernsehen eingefunden. Pfarrer Kelter war dazugekommen und selbstverständlich
war auch Eva längst da, zusammen mit ihren Eltern, dem Ehepaar Dahl. Evas Vater, Zahnarzt von Beruf, war ja eher ein Fußballbanause, der nur gelegentlich ein Spiel anschaute, aber dies hier wollte er dann doch nicht verpassen.
    Poldi hatte auf seinem Lieblingskissen Platz genommen, und da zu erwarten war, dass auch er seine Meinung zum Spielverlauf kundtun würde, war das Gerät sehr laut eingestellt worden … Entsprechend brüllte die Stimme des Reporters in das nicht gerade große Wohnzimmer in der Overhofstraße 8.
    »Wir sind gespannt, wie unsere U15 die Niederlage gegen Argentinien verdaut hat. Interessant, dass Trainer Stettler sehr offensiv aufgestellt hat. Deutschland spielt mit drei Stürmern.«
    Auf dem Schubert’schen Tisch standen diverse Leckereien und man hatte sich eine Flasche Wein geöffnet. »Zur Feier des Tages«, wie Vater Schubert erklärt hatte.
    Alle konnten nun sehen, wie beide Mannschaften einliefen ins Stadion, hören, wie es dort immer lauter wurde.
    »Türkiye! Türkiye!«
    Herr Schubert stutzte. »Spielen die in Istanbul?«, fragte er sich laut und guckte besorgt. Aufgeregt griff er in eine Schale mit verschiedenen Sorten Schokolade und futterte eine Handvoll zur Beruhigung.
    Die Mannschaften stellten sich vor dem Mittelkreis in einer Reihe auf und es erklang die Hymne der Türkei. Alle Spieler sangen mit. Die Kameras gingen dabei nah auf die Gesichter. Eva konnte sehen, dass Matz mit ganz besonderer Inbrunst sang. »Der sieht aber entschlossen aus«, meinte sie, und Kelter nickte.
    Jetzt, nach der deutschen Nationalhymne, kamen die türkischen Spieler an der deutschen Mannschaft zum Händeschütteln
vorbei. Matz blieb eine Sekunde länger als vielleicht nötig vor Locke stehen. Er reichte ihm die Hand, drückte fest zu und sagte irgendetwas und Patrick antwortete ihm.
    Pfarrer Kelter vor dem Fernseher guckte wie gebannt der Szene zu. »Solange Menschen miteinander reden und sich die Hand geben«, murmelte er, »hauen sie sich wenigstens nicht die Köpfe ein.«
    Vater Schubert neben ihm hatte es gehört. Skeptisch entgegnete er: »Die können sich aber jetzt schön die Füße brechen, wenn sie wollen.«

    Das aber hatte Matz gesagt: »Bol sanslar!« Und zu seinem eigenen Erstaunen hatte Patrick geantwortet: »Bol sanslar!« Patrick wusste, dass das »Viel Glück!« hieß. Dann war Matz auch schon an ihm vorbei, drückte die Hand des nächsten deutschen Spielers.

    Der Anpfiff vom österreichischen Schiedsrichter. Siebzigtausend Zuschauer bevölkerten das Rund, aber zu hören waren nur die türkischen Fans. Die Türkei stand, wie angekündigt, von der ersten Sekunde an in einem festen Abwehrverbund. Dennoch hatten die deutschen Spieler zunächst die erste Möglichkeit.
    Vierte Minute: Abschlag von Kevin. Der Ball flog bestimmt sechzig Meter weit. Fast am gegnerischen Strafraum senkte sich das Leder. Kevin war natürlich bis zur eigenen Grenze des deutschen Sechzehn-Meter-Raums gelaufen.

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