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Locke greift an

Locke greift an

Titel: Locke greift an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulli Potofski
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schockiert. »Ich, als Manndecker?«, fragte er. »Sonst bin ich doch für das offensive Spiel bei uns zuständig.«
    »Da hast du recht«, erklärte Stettler. »Du sollst eigentlich zwei Rollen spielen: Erstens diesem Kenny folgen, wohin er auch geht. Zur Not auch auf die Toilette!« Normalerweise erlaubte sich der Trainer bei taktischen Besprechungen keine Witze. Er grinste kurz, dann wurde er wieder ernst.
    »Du sollst aber zugleich, wenn wir im Ballbesitz sind, die Initiative übernehmen, sodass wir Kenny dazu zwingen, auch nach hinten zu gehen. Da kann er uns nicht so schaden. Kapiert?«
    Patrick schaute seinen Trainer offen an. »Ich werde es versuchen«, antwortete er und nickte.

    Köln spielte vor dem Match total verrückt. Die über fünfzigtausend Zuschauer sangen sich bereits eine Stunde vor Beginn in Stimmung. Karnevalslieder um diese Jahreszeit!
    Eva und Lockes Eltern, ebenfalls schon früh im Stadion,
verstanden als geborene Westfalen die Welt nicht mehr. Patricks Vater sagte zu seiner Frau: »Wenn die könnten, würden sie alle zusammen eine Polonäse machen. Damit kämen sie in das Buch der total verrückten Weltrekorde.«
    Doch nicht nur die Kölner machten ziemlichen Krach. Auch etwa zweitausend englische Fans waren im Stadion und zur Ermunterung für ihre Elf sangen sie immer wieder die Hymne ihres Landes.
    Dann kam der Anpfiff.
    Deutschland begann wieder einmal mit unveränderter Aufstellung. Zu Recht, denn die Mannschaft hatte sich schließlich in den letzten drei Treffen prima eingespielt. Locke konzentrierte sich schon beim Einlaufen auf Kenny, den englischen Jungen mit der Rückennummer 14. Der Typ sah eigentlich nicht besonders furchterregend aus. Nicht viel über eins sechzig groß, kompakt, aber nicht besonders muskulös.
    Patrick erwartete eine ungewohnte Aufgabe. Von Beginn an blieb er eng bei Kenny und konnte so die besondere Qualität dieses Spielers spüren. Vor allem: Der Junge war unglaublich schnell im Antritt. Das bedeutete, dass Patrick große Probleme damit hatte, dem gerecht zu werden, was der Trainer von ihm erwartete. Der Engländer war schnell zwei, drei Schritte von ihm weg.
    Stettler, der das beobachtete, rief ihm zu: »Patrick, du musst noch näher ran an den Mann. Gleich bei der Ballannahme stören!«
    Aber das war einfacher gesagt, als umgesetzt … So viel wie in diesem Spiel hatte Locke noch nie laufen müssen.
    Vater Schubert monierte die Rolle seines Sohnes in diesem Match. »Was hat sich der Stettler denn dabei gedacht?«, fragte er mit lauter Stimme. »Ob die Kondition bei unserem Patrick dafür reichen wird?«

    Familie Schubert und Lockes Freundin Eva saßen diesmal im Ehrengastbereich der Tribüne. Und Herr Schubert staunte nicht schlecht, als eine ihm sehr bekannte Stimme mit bayerischem Einschlag ihn von hinten beruhigte: »Ihr Sohn kann das. Gestatten, mein Name ist Beckenbauer.«
    Drei Köpfe flogen förmlich herum und Lockes Vater stammelte wie ein kleiner Junge: »Und … und … und mein Name ist Schubert.« Worauf der große Alleswisser des Fußballs nett lächelte und erwiderte: »Ist mir doch bekannt.«
    Damit brach das kurze Gespräch jedoch ab, denn in diesem Augenblick hatte die englische Mannschaft eine Superchance.
    Brian Mitchell, der rechte Innenverteidiger, der noch größer war als Jörg Ahlers, der deutsche »Funkturm«, köpfte, nach einer Ecke frei stehend, aus sieben Metern Entfernung - genau in die Arme von Kevin Rott. Gefahr beseitigt! Kevin hatte den Ball ganz schnell wieder abgeworfen, so wie er es sich von Jens Lehmann bei der WM abgeschaut hatte. Das Spiel schnell zu machen, war erste Fußballerpflicht! Plötzlich aber waren die Rollen von Kenny und Locke vertauscht. Patrick überbrückte in einem tollen Tempolauf das Mittelfeld. Kenny versuchte dranzubleiben. Er bemühte sich, in den deutschen Spieler hineinzugrätschen. Doch Patrick hatte das geahnt. Er war hochgesprungen und so ganz einfach über die Beine von Kenny hinweggekommen. Kenny lag am Boden und damit hatte Locke freie Bahn.
    Im Stadion wurde es unheimlich laut. Locke aber registrierte das kaum. Nur unterschwellig nahm er den Lärm wahr. Rechts war Heiko mitgelaufen und links Björn. Ein englischer Abwehrspieler kam direkt auf ihn zu. Jetzt trennte sich Locke vom Ball, damit entstand Platz für Heiko. Der konnte das Leder wunderschön mitnehmen. Er lief in den
Strafraum. Locke dachte nur: »Schieß! Schieß!« Heiko Erde aber umkurvte auch noch sehr elegant den

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