Lockende Kuesse
Knicks vor Mr. O'Reilly aus dem Zimmer.
»Ich ruf die Polizei. Dieser Missetäter wandert ins Gefängnis, und nicht nur das, wer immer dafür verantwortlich ist, wer immer sie dazu aufgestachelt hat ...«
Patrick hatte rasende Kopfschmerzen, und immer wieder verschwamm ihm alles vor Augen, doch er wies anklagend mit dem Finger auf seinen Vater und brüllte: »Das warst du, Gott verdammt noch mal!«
Dem Alten klappte der Kiefer herunter, als er hörte, wie zornig die Worte klangen.
»Ich will weder die Polizei noch einen Arzt. Ich will nicht, dass sich das hier in ganz Bolton herumspricht. Morgen muss ich das Schlamassel, das du angerichtet hast, wieder in Ordnung bringen. Ich muss den Leuten sagen, dass es keine Lohnkürzungen geben wird, und ich muss versuchen, ihr Vertrauen wiederzugewinnen. Und jetzt hör mir gut zu, Vater, denn ich bin hundemüde. Sie haben versucht, mich umzubringen, weil sie dachten, ich wäre du! Du bist deines Lebens hier nicht mehr sicher, und ich will, dass du morgen die Mädchen nimmst und nach London verschwindest.«
Jonathan O'Reilly sank zusammen. Er blickte Terry an und sagte ruhig: »Der Junge muss ins Bett. Komm, hilf mir.«
Kitty kehrte mit einem Messingeimer Kohlen zurück, um das Kaminfeuer zu schüren.
»Ich werde heute Nacht an deinem Bett wachen«, verkündete Jonathan fest.
»Nein, alle raus hier. Ich kann dieses Getue keine Sekunde länger ertragen. Ihr werdet mich noch vor dem Morgengrauen beerdigen. Kitty! Bring mir einen Krug frisches Wasser, bevor du gehst. Gute Nacht, Vater.« Er zog sich die Decke ans Kinn und schloss die Augen.
Kitty kehrte mit einem Krug Trinkwasser und einem hübsehen Kristallglas auf einem Silbertablett zurück. Patrick packte ihr Handgelenk und zog sie zu sich heran. Beide starrten einander lange Minuten in die Augen. Sein Mund war staubtrocken, und er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Als sie ihn so ansah, sah sie zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, die Arroganz aus seinem Gesicht weichen. Ihr Blick wurde weich und ihr Herz ebenso. Undeutlich murmelte er: »Ich glaube nicht, dass ich heute Nacht allein sein sollte.« Sie legte die Hand auf seine fiebrige Stirn und flüsterte tröstend: »Ich auch nicht.«
Patrick fiel in einen unruhigen Schlaf, und Kitty rollte sich auf einem der großen Sessel am Kaminfeuer zusammen. Es dauerte kaum eine Stunde, dann fing er so heftig an, um sich zu schlagen, dass sie schon fürchtete, seine Wunde würde wieder aufgehen. Sie versuchte ihn still zu halten, aber es war unmöglich. Er hatte sehr hohes Fieber, also hielt sie ihm ein Glas Wasser an die Lippen, er trank gierig. Sie kühlte seine Stirn, doch er wollte sich nicht beruhigen. Daher zog sie einen Sessel an sein Bett, setzte sich hin, hielt ihm die Hand und sprach beruhigend auf ihn ein. Allmählich wurde er still und fiel erneut in einen unruhigen Schlaf. Wieder verging eine Stunde, dann begann er zu brabbeln und fiel nun ganz ins Delirium. Sie harrte die ganze Nacht bei ihm aus, gab ihm immer wieder zu trinken, wusch ihm das Gesicht und die Hände und tröstete ihn, so gut sie konnte. Sie träumte davon, dass er sich in sie verliebte und sie bat, ihn zu heiraten. Sie hatte gesehen, wie liebevoll und großzügig er mit seinen Schwestern umging und wünschte sich sehnlichst, dazuzugehören. Sie war fest entschlossen, so viel wie möglich zu lernen. Schon jetzt ahmte sie die Tischmanieren und die Sprechweise der Mädchen nach und war wild entschlossen, ihren irischen Dialekt loszuwerden.
Die Stunden vergingen, und schließlich fiel Patrick in einen etwas ruhigeren Schlaf. In den frühen Morgenstunden berührte sie seine Stirn. Sie fühlte sich nicht mehr ganz so heiß an; sein Fieber musste also gesunken sein. Sie legte Kohlen nach, kuschelte sich in ihrem Stuhl zusammen und schlief ein. Sie erwachte, weil jemand ihren Namen rief. Licht drang durch die Vorhangschlitze ins Zimmer. Sie blinzelte und trat rasch ans Bett.
»Kitty. Danke, dass du bei mir geblieben bist. Muss nicht gerade angenehm gewesen sein.«
»Geht es Ihnen jetzt besser, Sir?«
»Ja, dank dir. Hör zu, Kitty. Wenn meine Familie kommt, möchte ich, dass du sagst, ich hätte eine sehr ruhige Nacht gehabt.«
»Aber das hatten Sie nicht, Sir«, widersprach Kitty.
»Ich will, dass du für mich schwindelst. Sonst fahren sie nie nach London.«
Jonathan O'Reilly kam in einem langen Nachthemd hereingestürmt, gefolgt von Mrs. Thomson mit einem Frühstückstablett. Patrick
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