Lockende Kuesse
was ist passiert?«
»Hat 'nen Messerstich abbekommen«, erklärte Terry kurz. Barbara stieß einen schrillen Schrei aus.
Julia bestimmte: »Bring ihn nach oben.«
Patrick lehnte sich schwer auf Terrys Schulter, während sie die Treppe zu seinem Schlafzimmer hinaufgingen. Dort sank er dankbar in einen Sessel. Barbara fiel vor ihm auf die Knie und umklammerte ihn. Ihr Gesicht war so bleich, dass Patrick Angst um sie bekam. »Nicht ohnmächtig werden, Schätzchen. Geh, und setz dich da drüben hin. Alles wird gut.«
»Mein Gott, all das Blut! Halt still, Patrick, du blutest ja noch alles voll!«, rief Julia. »Ich muss den Arzt holen.«
»Hab ich auch schon gesagt«, brummte Terry.
»Nein, Julia, Liebes. Ich will nicht, dass das herauskommt«, keuchte Patrick.
Kitty erschien mit einer Schüssel heißem Wasser und Handtüchern; das Herz klopfte ihr bis zum Hals vor Angst um ihn. Sie kniete vor ihm nieder und sagte zu Terry: »Zieh ihm den Gehrock aus. Mal sehen, wie schlimm es ist.«
Patrick blickte in ihr Gesicht hinab und dachte, er hätte Halluzinationen. Tränen glitzerten in ihren dichten Wimpern. Er sagte: »Ich will verdammt sein - die Zigeunergräfin!« Terry schälte ihn vorsichtig aus dem Gehrock, und Julia tauchte mit einer Schere auf und schnitt ihm das Hemd herunter, das nun blutrot war. Kittys Herz krampfte sich zusammen, als sie die hässliche Wunde sanft auswusch. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, und ihr Atem ging schneller. Er war ihr so nahe, dass er die zarten blauen Venen in ihren Augenlidern sehen und den wilden Heidegeruch ihres Lockenhaars riechen konnte. Es kam ihm vor, als wären sie beide allein; das Geschnatter von Julia und Barbara drang nur noch wie aus weiter Ferne an sein Ohr. Ihre Nähe wirkte auf ihn wie ein Aphrodisiakum. Seine Nasenflügel zitterten, seine Hand stahl sich wie von selbst in ihre Locken.
Sie sprang auf und sagte: »Das wird nicht von allein zu bluten aufhören; wir müssen die Wunde fest abbinden. Ich hole rasch ein sauberes Bettlaken, das man in Streifen reißen kann.« Und schon war sie fort.
Patrick blickte Terry an, und nun erinnerte er sich wieder. »Also daher kenne ich dich.«
Julia sagte: »Ich hole schnell Mrs. Thomson. Sie soll Vater in seinem Klub benachrichtigen.«
»Das wirst du nicht, Julia. Ich will nicht, dass dieses Weib mich auch noch umsorgt - ich hab ja schon drei davon um mich! Und was Vater betrifft, der wird ohnehin bald heimkommen. Terry, sei ein guter Junge, und schenk mir einen Brandy ein.«
Kitty kam wieder hereingeflitzt und riss auch schon ein Laken in Streifen. Sie fing an, seine Wunde zu bandagieren, indem sie die Streifen fest um seinen Oberkörper und seine linke Schulter wickelte. Wenn sie seine nackte Haut berühren musste, senkte sie den Blick und versuchte, nicht zu erröten. Seine Nähe verstörte sie; sie konnte kaum einen vernünftigen Gedanken fassen, wenn er sie so anstarrte. Als sie mit den Bandagen fertig war, erhob sie sich. Patrick nippte an seinem zweiten Brandy, und die feurige Flüssigkeit breitete sich wohlig in seiner Brust aus. Sein Kopf fühlte sich unglaublich leicht an. Er grinste Kitty an. »Ich dachte, du wolltest eine feine Dame werden und deine eigene Kutsche haben. Wie kommt's, dass du bloß eine Dienstmagd bist?«
Sie blickte in seine spöttischen Augen und fand seine Arroganz unerträglich. Ohne zu überlegen, beugte sie sich leicht vor, legte die flache Hand auf seine Wunde und drückte grausam. Er wurde kreidebleich vor Schmerz und fiel fast in Ohnmacht.
»Wenn du mir wehtust, tu ich dir auch weh«, murmelte sie. Eine heftige Erregung flammte in ihm auf. Er hätte sie gleich hier und jetzt auf dem Boden nehmen können, trotz seiner schrecklichen Schmerzen und der Anwesenheit seiner Schwestern.
Jonathan O'Reilly betrat das Schlafzimmer seines Sohnes, er war bleich wie die Wand. Sein sonst rot angelaufenes Gesicht war käseweiß vor Angst davor, was er vorfinden mochte. Er begann herumzubrüllen, um seine Angst zu verbergen. Patrick warf einen Blick auf Barbara und wusste, dass sie die harten Worte, die kommen mussten, nicht mitanhören sollte.
»Julia, bring Barbara in ihr Zimmer; sie hat für heute genug Aufregung gehabt.«
Jonathan brüllte: »Warum zum Teufel ist kein Arzt da?«
Patrick bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Ich will keinen Arzt; ich brauche keinen Arzt. Ist bloß ein Kratzer.«
Kitty deckte sofort die Schüssel mit dem nun scharlachroten Wasser zu und hastete nach einem
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