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Lockende Kuesse

Lockende Kuesse

Titel: Lockende Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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schwanden. »Wir möchten in die Charterhouse Street Nummer elf, das ist eine Abzweigung der Chancery Lane«, erklärte Kitty dem Kutscher hochmütig.
    »Gebongt, Schätzchen - ob du's glaubst oder nicht, ich weiß, wo die Silbergewölbe sind«, entgegnete der alte Cockney frech.
    In den Gewölben angelangt, hatte Kitty das Gefühl, im siebten Himmel gelandet zu sein. Was immer auch aus Silber herzustellen war, konnte man hier finden. Ein paar der kostbaren Artikel wurden lediglich hier gelagert, doch der weitaus größte Teil stand zum Verkauf. Jonathan O'Reilly wurde bereits von einem Verkäufer herumgeführt, als die Mädchen eintrafen, und Julia hatte nun die Qual der Wahl. Ihrem Vater gefielen die protzigeren, auffallenderen Stücke, doch Julia war klug genug, zu erkennen, dass die schlichteren, die nur ein Monogramm besaßen, geschmackvoller waren und eher die Billigung ihrer Schwiegereltern finden würden. Nachdem sich Julia ein Teeservice und ein paar Suppenterrinen ausgesucht hatte, schlenderten sie zu den Schmuckstücken hinüber und sahen sich ein paar Stücke an. Eins davon war ein silbernes Armband mit Silbermünzen und Silberglöckchen, die entzückend klangen, wenn man sich bewegte. Kitty wurde von dem überwältigenden Wunsch gepackt, das Armband zu besitzen. Nie zuvor hatte sie sich etwas so heiß gewünscht. Es machte ihr nichts aus, auf das Silber zu warten, das eines Tages den Tisch in ihrem eigenen Heim zieren sollte, aber darauf zu warten, dass irgendwann wie durch Zauberhand ein solches Armband ihr Handgelenk schmückte, ging ihr gewaltig gegen den Strich. Sie wollte dieses Armband haben, und zwar jetzt gleich! Sie versuchte, ihren Wunsch zu verdrängen, sich zu bescheiden, doch je mehr sie sich mühte, desto stärker wurde ihre Sehnsucht. Es dauerte nicht lange und ihre Habgier überwog ihre Skrupel. Ohne auch nur in die Richtung des Armbands geblickt zu haben, befand sich dieses kurz darauf in ihrer Tasche, wo sie es mit einem überwältigenden Glücksgefühl betastete.
    Jonathan O'Reilly bestand darauf, alles bar zu bezahlen. Er liebte es, dicke Rollen von Geldscheinen vor den Verkäufern zu zücken, besonders vor jenen, die ihm mit ihrer gezierten Aussprache und ihrem Gehabe zu verstehen gaben, dass sie ihm mit ihren Diensten nur einen Gefallen taten.
    »Wohin soll das Silber geliefert werden, Sir?«, erkundigte sich der Verkäufer hochmütig.
    »Wir nehmen's gleich mit.« Der Verkäufer war schockiert, und O'Reilly fügte hinzu: »Draußen bei meiner Kutsche stehen zwei riesige Lakaien und langweilen sich. Zeit, dass sie mal was Nützliches tun. Gehen Sie raus und holen Sie sie«, befahl er. »Kitty, du zeigst ihm, wo.« Sie machte einen höflichen Knicks und erklomm die Treppe, die zur Straße hinaufführte. Der Verkäufer, der dicht hinter ihr ging, fing plötzlich an zu reden. Sein gezierter, überheblicher Akzent war verschwunden, und er sprach nun in einem breiten Cockney. »Der alte Geier nimmt den Schrott bloß mit, weil er Schiss hat, übers Ohr gehauen zu werden. Und der will den feinen Herrn markieren! Na ja, aus 'nem Schweineohr lässt sich auch kein seidener Geldbeutel machen, nicht? Seine dreckige kleine Tochter hat 'n Armband geklaut, als ich grade mal nicht hingeschaut hab', aber weißte was? Hab den Preis dafür einfach auf die Rechnung aufgeschlagen, und so ist jeder glücklich, oder?« Er gluckste vergnügt.
    Kitty lächelte ebenfalls. »Ja, jeder«, pflichtete sie ihm bei.
     
    Der Tag der Verlobungsfeier rückte heran, und Patrick war zur allgemeinen Entrüstung noch immer nicht aufgetaucht. Es gab jede Menge vorzubereiten, und Kitty lief sich fast die Hacken ab. Ohne Patrick war der Haushalt ein einziges Chaos. Irgendwie schien alles an ihm zu hängen. Die Ausbrüche und Launen des alten O'Reilly brachten alle an den Rand eines Nervenzusammenbruchs, und man fürchtete schon, dass es zu einem Desaster kommen würde, wenn Patrick nicht bald auftauchte. Er erschien schließlich am Tag vor der Feier. Julia riss die Tür für ihn auf, drückte ihm einen geräuschvollen Schmatz auf die Wange und sprudelte gleich los. »Gott sei Dank, dass du da bist! Du musst unbedingt was mit Vater machen und, ach ja, ich brauche ein anständiges Reitpferd; das Vieh, das ich von Vater bekommen habe, ist ein richtiger Klepper - ich schäme mich ja zu Tode, wenn ich auf dem gesehen werde!«
    Barbara kam die Treppe heruntergerannt und warf sich in seine Arme. Er hob sie hoch und wirbelte sie

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