Lockende Kuesse
die Sie sich kümmern sollen, ist noch sehr jung, also werden Ihre Pflichten nicht allzu schwer sein. Natürlich gibt es noch ein Dienstmädchen, das das Haus sauber hält und ich glaube, ich werde auch noch eine Köchin engagieren. Hier ist die Adresse. Können Sie morgen anfangen?«
»Jawohl, Sir. Es sind also bloß Sie und Ihre Frau, Sir? Haben Sie noch Kinder?«
Lächelnd erwiderte er: »Die Dame ist nicht meine Frau, und ich werde auch nicht dort wohnen, ich komme nur gelegentlich zu Besuch.«
Sie erfasste die Situation sofort. »Ach so, ich verstehe. Also brauche ich mich bloß um die Garderobe der jungen Dame zu kümmern, um ihre Frisur und ihre Körperpflege; ich sollte sie beim Einkaufsbummel begleiten und natürlich ein Auge auf mögliche andere Herrenbesuche haben?«
»Ganz genau, Mrs. Harris. Ich glaube, wir verstehen uns.«
Patrick hatte Jeffrey gebeten, um zwei Uhr nachmittags vorbeizukommen und war erfreut, als ihn der Butler Schlag zwei zu ihm in die Bibliothek führte. Julia hatte einen Wutanfall gehabt und schäumte noch immer, weil ihr Vater sich weigerte, ihrem Wunsch nach einem eigenen Haus in London als Hochzeitsgeschenk nachzukommen. Er hatte ihr schlichtweg erklärt, dass sie ja am Cadogen Square wohnen könnten, er wolle keinesfalls die umfangreichen Kosten für einen weiteren Haushalt in London auf sich nehmen. Patrick schenkte sich und Jeffrey einen Scotch mit Wasser ein, nahm hinter dem Schreibtisch Platz und bedeutete seinem künftigen Schwager, sich ebenfalls zu setzen.
»Jeff, du verstehst mich hoffentlich nicht falsch, aber ich habe das Gefühl, mit dir reden zu müssen. Es täte mir Leid, wenn du mit falschen Vorstellungen in diese Ehe mit Julia schlittern würdest.«
Jeffrey saß stocksteif da und wusste nicht, was er von diesen Worten halten sollte.
Patrick leerte mit einem einzigen Schluck sein halbes Glas und fuhr fort: »Du solltest so anfangen, wie du weitermachen willst, nämlich als Herr des Hauses.«
Jeffrey blickte bei diesen Worten reichlich überrascht drein.
»Julia ist den Umgang mit zwei äußerst willensstarken Männern gewöhnt und schafft es gewöhnlich trotzdem, ihren Kopf durchzusetzen. Wenn du ihr nicht von Anfang an eisern entgegentrittst, wird sie über dich hinwegtrampeln, oder noch schlimmer, dich einfach verschlingen«, sagte Patrick Unheil verkündend.
Jeffrey erwiderte in vorsichtigem Ton: »Es wäre schön, der Herr im Haus zu sein, aber es wird ja nicht mein Haus sein, nicht wahr? Julia kontrolliert den Geldbeutel.«
»Irrtum! Den Geldbeutel kontrolliert Vater, und dem kannst du dich nur entziehen, indem du dich finanziell unabhängig von ihm machst, so wie ich.«
Jeff machte den Mund auf, um etwas zu erwidern.
»Warte! Widersprich mir nicht, bevor du mich angehört hast. Ich weiß, dass sich die Aristokratie Englands in der Vergangenheit nicht unbedingt die Hände mit Arbeit schmutzig gemacht hat. Dafür hat schon die Regency gesorgt, aber dies ist der Beginn einer neuen Ära, nun da Victoria auf dem Thron sitzt. Der Handel ist Englands Stärke.«
Ruhig erwiderte Jeffrey: »Ich wollte gar nicht widersprechen. Ich würde mich liebend gerne beweisen, egal was meine Eltern sagen.«
»Ausgezeichnet! Also, ich habe ein wenig über dich nachgedacht und glaube, dass es eine Beschäftigung für dich gibt, die nicht unter deiner Würde ist, und das ist der Weinhandel. Du verkehrst mit der feinen Gesellschaft und könntest dort neue Weinsorten, speziell Champagner, einführen. Ich bin dabei, eine Teilhaberschaft in eben einer solchen Firma zu erwerben, Stowils of Chelsea. Deine Hilfe wäre unschätzbar. Nun, was sagst du dazu?«
»Es wäre mir eine Ehre, in eine deiner Unternehmungen mit einzusteigen, egal welche. Ich wäre ein Narr, abzulehnen; du machst schließlich alles zu Gold, was du anfasst.«
»Danke für dein Vertrauen. Ich kann Snobismus nicht ausstehen. Damit schneidet man sich doch bloß ins eigene Fleisch. Ich weiß noch, dass ich der beste Ruderer war, den sie in Oxford je hatten, aber man hat mich nicht zur Royal Henley Regatta zugelassen, weil ich mein Brot mit meiner Hände Arbeit verdiente. Nun, zumindest hatte ich die Befriedigung, meine Schule verlieren zu sehen, weil sie hochmütig genug waren, auf meine Dienste zu verzichten.«
Jeffrey überlegte, dass er Patrick O'Reilly nicht zum Feind haben wollte. »Also, meinen Handschlag auf unsere gemeinsamen Geschäfte, Jeff. Und vergiss nicht meinen Ratschlag in Bezug auf Julia«,
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