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Lockende Kuesse

Lockende Kuesse

Titel: Lockende Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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fügte er augenzwinkernd hinzu.

Hewlett-Packard
    6
     
    Jonathan O'Reilly erwartete eine Sendung Wein und Likör, um seine Vorräte wieder aufzufüllen. Als sie eintraf, sah er die Rechnung durch, quittierte die Sendung und befahl den beiden Lakaien, die Kisten in den Keller zu schaffen.
    Eine zornige Kitty war wieder einmal zum Kohlenholen in den Keller geschickt worden. Sie schwor sich, dass sie diese erniedrigende Aufgabe zum letzten Mal gemacht hatte und wenn sie sich an Patrick selbst wenden musste. Die Männer stapelten die Weinkisten vor der Kellertreppe auf, und als Kitty mit dem schweren Kohleeimer heraufgeschnauft kam, stieß sie prompt mit den Weinkisten zusammen und warf acht davon um. Es gab einen Höllenlärm, und das Mädchen stand starr vor Entsetzen in einem riesigen Weinsee. »Wie viele sind zerbrochen?«, flüsterte sie.
    »Alle! Acht Dutzend, das sind sechsundneunzig Flaschen, du Trampel!«
    Kitty blickte entsetzt den Scherbenhaufen an, der sich über dem Fußboden ausbreitete.
    »O mein Gott, was soll ich bloß machen?«, stammelte sie, und die Tränen rannen ihr über die Wangen und tropften in den riesigen Weinsee.
    Patrick, gefolgt vom Großteil der Dienerschaft, kam in die Küche, um zu sehen, was diesen Krach verursacht hatte. »Was in Dreiteufelsnamen geht hier vor?«
    Die Männer sprachen gleichzeitig: »Es war ihre Schuld, Sir. Sie hat mit dem blöden Kohleeimer die Kisten gerammt. Und wer zahlt jetzt für den Schaden? Das möchte ich mal wissen!«
    Kitty wagte es nicht, zu Patrick aufzublicken. Sie zitterte vor Angst und wollte gar nicht daran denken, was sie angerichtet hatte.
    Patricks Stimme klang schneidend und ließ keinen Widerspruch zu.
    »Das wird sofort sauber gemacht. Die Bestellung wird ersetzt und die Rechnung geht an mich. Kitty, komm!« Er schob sie aus der Küche, die Treppe hinauf in sein Schlafzimmer. Die Tränen rannen ihr noch immer über die Wangen, während sie zitternd die Stufen erklomm. Ihre Gedanken rasten. Was sollte sie tun? Sollte sie bestreiten, dass es ihre Schuld war und behaupten, dass die Kisten nicht ordnungsgemäß gestapelt waren? Oder sollte sie sich einfach Patricks Gnade anheim stellen und hoffen, dass er ihr den Schaden nicht von ihrem mageren Jahresgehalt abzog? Er schloss leise die Tür und blickte auf sie herab. Dann zog er ein großes weißes Taschentuch aus seiner Tasche, legte den Finger unter ihr Kinn und hob ihren Kopf, um ihr sanft und liebevoll die Tränen abzuwischen.
    Sie beäugte ihn ängstlich und ein wenig argwöhnisch.
    »Kitty, ich kann es nicht länger ertragen, dich als Dienstmagd zu sehen. Ich möchte dich aus all dem herausholen.« Einen glücklichen Moment lang glaubte sie, er wolle sie heiraten, aber eine kleine Stimme in ihrem Innern sagte ihr, dass es nicht so einfach sein würde.
    »Was meinen Sie damit?«, wisperte sie.
    »Sag mir zuerst einmal, was du willst, Kitty«, drängte er sie.
    Sie wusste, dass er nicht den Wein, sondern ihr Leben meinte. Sie holte tief Luft. »Alles! Ich will alles! Alles schmecken, alles riechen, alles sehen und anfassen! Ich will überall hingehen, alles erleben, was nur geht«, stieß sie voller Leidenschaft hervor.
    »Dann bist du wie ich«, meinte er lächelnd. »Ich habe ein kleines Haus in der Half-Moon-Street. Würdest du gerne mitkommen und dort wohnen? Lernen, eine Dame zu werden, hübsche Sachen tragen und deine eigenen Diener haben?«
    »Und Sie sind sicher, dass so was schicklich ist?«
    »O ja, das ist nichts Besonderes. Passiert andauernd.«
    »Wann können wir gehen?«, erkundigte sie sich atemlos.
    Er lachte. »Gleich, wenn du willst.«
    Glücklich dachte sie, er will mich doch heiraten, ich soll nur erst lernen, eine Dame zu werden.
    Sie rannte hinauf in ihre Dachkammer, um sich ihren Mantel zu holen. Dann schob sie rasch die Tarotkarten in ihr Täschchen, holte ihr Armband unter der Matratze hervor und verließ ohne einen weiteren Blick das Zimmer. Ihr Herz jubilierte. Am liebsten wäre sie das Geländer heruntergerutscht, sah jedoch, dass Patrick unten in der Diele auf sie wartete und dachte, dass es undamenhaft wäre.
    Aufatmend lehnte sie sich in die Samtbezüge von Patricks Kutsche und schloss kurz die Augen, um ihrer Aufregung ein wenig Herr zu werden.
    Er warf ihr immer wieder Blicke zu, behielt aber auch seinen Kutscher im Auge.
    »Wohin fahren wir?«, erkundigte sie sich mutig.
    »Zu Madame Martine's in der Bond Street. Eine sehr begabte Pariser Schneiderin. Obwohl

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