Lockende Kuesse
dass Simon nach London abgereist war und Terry mitgenommen hatte. Erleichterung überwältigte sie, und sie hoffte inbrünstig, dass er mindestens einen Monat wegbleiben würde. Während sie dasaß und ihr Haar frisierte, kam Mrs. Hobson aufgeregt und ängstlich angerannt.
»Mr. Hobson geht's immer schlechter, seit ich diese blauen Glaskugeln vergraben habe, Ma'am. Ich fürchte, der Fluch ist auf mich zurückgefallen. Was soll ich bloß tun?«, stammelte sie flehentlich. Kitty erkannte sofort, dass Mrs. Hobson es ernst meinte, und tatsächlich daran glaubte.
»Mrs. Hobson, Sie müssen die Glaskugeln umgehend wieder ausgraben«, drängte sie.
Mrs. Hobson schüttelte den Kopf. »Nutzt nichts. Hab sie schon gestern wieder ausgegraben, und heute Morgen ist Hobson dann richtig krank geworden. Er gefällt mir gar nicht. Sie müssen den Fluch unwirksam machen! Sie sind eine Zigeunerin, Sie können mir helfen«, sagte sie erregt.
»Also gut, Mrs. Hobson. Das ist ganz einfach, glauben Sie mir.«
Kitty überlegte fieberhaft, welches kleine Ritual die Frau wohl überzeugen könnte. »Sie müssen den Haustürschlüssel nehmen und ihn in Ihre Bibel legen. Mr. Hobson wird es dann sofort wieder besser gehen.«
»Sind Sie sicher?«, fragte sie hoffnungsvoll.
»Aber ja«, versicherte ihr Kitty fest. »Schlüssel sind uralte magische Symbole und einen in eine Bibel zu legen, widerruft jeden Fluch.«
Es war kaum eine Woche vergangen, als Simon schon mit noch mehr betrunkenen Freunden im Schlepptau wieder auftauchte. Sie spielten in der Bibliothek Karten, und da seine Taschen leer waren, setzte er Kitty. Ihn ärgerte nur, dass er schon wieder verloren hatte, nicht was er verlor; das war ihm vollkommen egal.
»Mensch, hast du ein Glück, Savage!«, gratulierte die versammelte Runde dem Gewinner.
»Das Glück ist dem Mutigen hold, habe ich zumindest gehört«, sagte der junge Mann mit dem grausamen Gesicht. Höhnisch fügte er hinzu: »Ich hoffe nur, deine Frau ist besser als dieses Gesöff hier. Schmeckt ja wie Pferdepisse!«
Simon beäugte Duke Savage mit einem mürrischen Ausdruck. Der Duke war längst nicht so betrunken wie alle anderen, und obwohl ihm beim Gedanken an Kitty das Wasser im Mund zusammenlief, war er gerissen genug, zu erkennen, dass Simon eifersüchtig sein würde. Simon würde daran denken, dass, was immer der Duke und Kitty miteinander trieben, der Duke und Simon noch mehr genießen könnten!
Duke Savage war außerdem klar, dass Kittys Bruder Terry ein Problem darstellte. Alle erwarteten, dass der Duke seinen Gewinn noch heute Nacht einlösen würde und sie sich als Zuschauer an dem Anblick ergötzen könnten, aber Savage hatte einen besseren Plan. Wenn alle nach London abgereist waren, würde er umkehren und sich Kitty in aller Ruhe vorknöpfen.
Terrance war schlau genug, sich das, was in ihm vorging, nicht anmerken zu lassen. Als die Runde so betrunken war, dass sein Verschwinden nicht mehr auffiel, machte sich Terrance heimlich davon, um Kitty zu warnen.
»Terry, ich dachte, nichts was Simon tut, könnte mich noch schockieren, aber ich habe mich geirrt.«
»Nun, der Duke of Savage hat dich gewonnen.«
»Terry, er ist gar kein Herzog. Das ist bloß ein Spitzname«, erwiderte sie unglücklich.
»Weißt du was, Kitty, ich liege nachts wach und überlege, wie ich Simon umbringen könnte.«
»O Gott, Terrance, du auch? Versprich mir, ja nichts Dummes zu tun! Ich werde schon einen Weg finden, uns wieder hier rauszubekommen. Aber im Moment ist Duke Savage das dringendere Problem. Ich werde meine Tür diese Nacht jedenfalls sorgfältig verriegelt halten. Komm, ich will sicher gehen, dass niemand in diesem schrecklichen Schrank steckt. Der jagt mir eine Todesangst ein. Ich schwöre dir, morgen werde ich ihn wegbringen lassen.« Sie gab ihm einen Gute-nachtkuss, schob dann energisch den Riegel vor und öffnete ihn erst wieder am nächsten Tag um die Mittagszeit. Da waren bereits alle nach London abgereist, und sie blieb allein mit den Hobsons. Mr. Hobson hatte sich nach Kittys »Magie« schlagartig erholt, und das alte Pärchen war ihr dafür so dankbar, dass sie ihr jeden Wunsch erfüllen würden.
»Mr. Hobson, gehen Sie doch bitte zur Farm hinüber, und holen Sie ein paar kräftige Bauernburschen. Ich möchte diesen großen Schrank aus meinem Zimmer entfernen. Ich habe ohnehin nicht viel zum Anziehen, und bei dem Ding kommt mir immer das Gruseln.«
»Ich geh gleich rüber und hole ein paar von den
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