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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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selbst ein.
    „Übrigens …“, versuchte er erneut, Juliannas Furcht zu zerstreuen, „übrigens habe ich schon nach dir Ausschau gehalten. Ich habe nämlich für heute Abend eine Loge im Drury Lane für uns reservieren lassen. Die dortige Theatertruppe zeigt die Neueinstudierung von William Congreves The Way of the World . Es ist ein ausgezeichnetes Stück, sehr unterhaltsam.“
    „Oh, ich habe den Text schon gelesen“, erwiderte Julianna eifrig. „Es wäre wundervoll, das Werk auch auf der Bühne sehen zu können. Ich war noch nie im Theater. Papa meinte immer, ich sei noch zu jung dafür. Schließlich hatte er dann doch zugesagt …“ Die Stimme versagte ihr plötzlich.
    Aus Angst vor einem neuen Tränenstrom beeilte sich Sir Edmund, mit etwas zu betonter Fröhlichkeit zu versichern: „Nun, dann werde ich jetzt dieses Versprechen einlösen.“
    Inzwischen hatten sie Juliannas Zimmer erreicht, wo er sich sogleich daran machte, neue Holzscheite auf das Kaminfeuer zu legen.
    „Du musst dich schnell umziehen … vor allem warme Sachen“, erklärte er dabei. „Sie stellen zwar kleine Kohlenpfannen in die Logen, aber es dauert ziemlich lange, bis sie sich erwärmen.“
    Da Julianna inzwischen bereits in ihr Schlafzimmer gegangen war, rief er ihr noch nach: „Hast du etwas gegessen? Wir könnten ja hinterher in einem Gasthof in der Nähe von Covent Gardenzur Nacht speisen.“
    Als keine Antwort kam, beschäftigte er sich damit, die Kaminuhr, eine kunstvolle flämische Handwerksarbeit, aufzuziehen, ließ sich dann achselzuckend in einen der Armstühle nieder und drehte missmutig die Daumen. Obwohl er die meisten Erfahrungen aus seiner ersten Ehe der Vergessenheit hatte anheimfallen lassen, erinnerte er sich doch noch sehr genau daran, wie viel Zeit Amelia immer gebraucht hatte, um sich zum Ausgehen zurechtzumachen, ohne dass das Ergebnis sie je befriedigt hätte.
    „Sir Edmund?“
    Bei diesen halblauten Worten fuhr er empor und erblickte Julianna im Türrahmen. Sie wandte ihm den Rücken mit dem nur halb geschlossenen tabakbraunen Gewand zu. „Könntet Ihr wohl so liebenswürdig sein und die letzten Haken schließen?“, fragte sie verlegen. „Trotz aller Verrenkungsversuche erreiche ich die beiden zwischen den Schulterblättern nicht.“
    „Das ist ja eine ganz neuartige Aufgabe für mich“, versetzte Sir Edmund mit einem etwas hilflosen Lächeln. „Aber ich denke schon, dass ich ihr gewachsen bin.“ Entschlossen machte er sich an die Arbeit und bemühte sich dabei krampfhaft, die reizenden goldroten Löckchen in Juliannas Nacken zu übersehen.
    Als er einen Herzschlag lang ihre seidenweiche Haut berührte, wurde er von der äußerst beunruhigenden Erinnerung an den Kuss überwältigt, den sie ihm in der Hochzeitsnacht dargebracht hatte – eine Vorstellung, die er seit Wochen rücksichtslos unterdrückte.
    „Nun, wie sieht es aus?“ Er trat einen Schritt zurück, um sein Werk zu betrachten. „Ich glaube, jetzt sind alle Haken und Ösen beieinander. Nimm einen Umhang, Mädchen, und lass uns aufbrechen, damit wir nicht den ersten Akt verpassen.“
    Vergnügt tänzelte Julianna wenig später an seiner Seite, als sie die Eingangshalle von Fitzhugh House durchquerten. Während der Fahrt plauderte sie wortreich über all die Theaterstücke, die sie gelesen hatte und gern auf der Bühne sehen würde. Zufrieden stellte Sir Edmund fest, dass von ihm kein größerer Anteil an der Konversation erwartet wurde, als hin und wieder ein beifälliges Nicken – konnte er doch nicht umhin, Juliannas Geschmack bei der Auswahl ihres Lesestoffes ebenso anzuerkennen wie ihre überzeugend zum Ausdruck gebrachte Meinung dazu.
    Als sie ihre Plätze in einer der vorderen Logen einnahmen, richteten sich viele Augen mit einer Mischung aus Respekt und Neid auf Sir Edmund. Kopfschüttelnd registrierte er, dass keine Demonstration seiner Wohlhabenheit je so viele begehrliche Blicke hervorgerufen hatte wie eine schöne junge Dame an seiner Seite. So bemühte er sich deshalb verärgert, ein lächerliches Gefühl von Stolz, das ihn plötzlich befallen hatte, hinter einer interessierten Miene zu verbergen, als sich der Vorhang hob.
    Den ganzen Abend ertappte er sich dabei, wie er immer wieder mit raschen Seitenblicken Juliannas Reaktion auf einen Scherz oder auf eine besonders gelungene Szene zu erhaschen versuchte. Selbstvergessen hatte sie die Ellenbogen auf die Brüstung gestützt, das Kinn in eine Hand gelegt, und schien für

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