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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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an, da ich Euch traf, meinen Verstand verloren habe. Immer wieder habe ich mir gesagt, dass es Wahnsinn ist, wenn ich keine ehrbare Zukunft bieten kann. Aber Eure Schönheit und der liebreizende Klang Eurer Stimme sind zu süß, um ihnen widerstehen zu können.“
    Statt einer Antwort zog Julianna langsam den Handschuh aus und wagte es endlich, die widerspenstige Locke aus seiner Stirn zu streichen, wie sie es sich seit dem ersten Tag ihrer Bekanntschaft gewünscht hatte. Dann ließ sie die Hand wieder sinken und streichelte dabei sacht sein Wange. Nun brauchte Crispin keine weitere Ermutigung für den ersten Kuss.
    „Crispin, sollte das eben ein Heiratsantrag sein?“, fragte Julianna immer noch atemlos, als sie ihren Mund wieder zum Sprechen benutzen konnte.
    „Könntest du ihn denn in Betracht ziehen? Zwei Jahre Trennung liegen wie eine Ewigkeit vor mir …“
    „Du hast doch meine Antwort schon erhalten“, erwiderte Julianna mit einem schelmischen Lächeln.
    Bei diesen Worten wandelte sich Crispins ängstliche Miene in einen Ausdruck grenzenloser Glückseligkeit. „Ach, ich glaube, ich bin nicht nur verrückt, sondern auch vergesslich“, sagte er neckend. „Gib sie mir noch einmal, damit ich mich immer wieder daran erinnern kann.“

    Mit einem freudigen Lachen gehorchte Julianna und schmiegte dann ihre Wange an Crispins samtweichen Umhang …
    Als Julianna nach einer Weile die Augen wieder öffnete, bemerkte sie, dass die frühe Winterdämmerung Crispins Ankleidezimmer verdüstert hatte. Da ihr der Sinn nicht danach stand, im Dunkeln die geisterhaft widerhallenden Galerien von Fitzhugh House erneut zu durchqueren, verabschiedete sie sich von Crispins Zimmer mit einem sehnsüchtigen Kuss und machte sich auf den Rückweg. Nach einigen erfolglosen Versuchen in dem nunmehr völlig lichtlosen Korridor fand sie endlich die richtige Tür …
    Sir Edmund legte das Rasiermesser beiseite und spülte einen kräftigen Schluck Branntwein hinunter. Nur ein bisschen Öl, um die Zunge geschmeidig zu machen, sagte er sich, während er seinem Spiegelbild eine Grimasse schnitt. Nicht, dass es allzu viel zu sagen gäbe, wenn das kleine Gänschen nicht bald wieder auftauchte. Wo mochte Julianna nur hingegangen sein? Nach einem prüfenden Blick in ihre Suite hatte er nichts Augenfälliges vermisst. Demnach konnte sie sich nicht aus dem Staube gemacht haben – leider.
    Mit einer geübten Bewegung fuhr er mit dem Messer vom Ohr bis zum Kinn. Es war schon ziemlich rücksichtslos von dem jungen Ding, Gott weiß wohin zu verschwinden, nachdem es ihn soviel Mühe gekostet hatte, für heute Abend noch eine Loge im Drury Lane Theater zu ergattern. Irgendwie merkwürdig kam es ihm schon vor, dass sie ausgerechnet jetzt ihrer Wege ging, da sich ihre Laune doch ganz offensichtlich gebessert hatte, seitdem sie ihr Bleiben über die Weihnachtsfeiertage durchzusetzen gewusst hatte. Schließlich war es ihm ja auch gelungen, eine gelassene Miene zu bewahren, als er hörte, wie die kleine Kratzbürste dem ehrenwerten Mr Brock einen Seitenhieb versetzte. Bei der Erinnerung daran grinste Sir Edmund vergnügt in den Spiegel. Es wurde wahrhaftig Zeit, dass irgendjemand Brock einmal eine Lektion erteilte.
    Mit nach hinten gebeugtem Kopf wollte Sir Edmund gerade das Messer unter dem Kinn ansetzen, als nebenan die Tür zu seinem Schlafzimmer aufgerissen wurde. „Wer ist da?“, brüllte er aufgebracht. Es war ein wahres Wunder, dass er sich nicht die Kehle aufgeschlitzt hatte.
    „Ich bin’s nur, Sir Edmund“, ertönte ein erschrockenes Piepsen. „Ich habe mich in den dunklen Korridoren verlaufen und versehentlich Eure Tür geöffnet. Bitte, entschuldigt mein Eindringen.“ Mit diesen Worten wurde die Tür leise wieder geschlossen.
    Ärgerlich knurrend legte Sir Edmund das Messer zur Seite, spritzte sich etwas Wasser ins Gesicht und eilte Julianna nach.
    „Du musstest doch nicht gleich Hals über Kopf davonlaufen“, schalt er, als er sie endlich eingeholt hatte. „Ich wollte dir schließlich nicht den Kopf abreißen. Mich hat nur das unerwartete Geräusch erschreckt. Es konnte ja niemand anderes sein als du, denn in einem relativ neuen Haus gehen höchst selten Geister um.“
    Julianna jedoch sah ihn immer noch verängstigt an, und er lächelte gequält. Habe ich der Kleinen wirklich Grund gegeben, mich für ein Ungeheuer zu halten, fragte sich Sir Edmund ärgerlich und räumte dann verdrießlich eine derartige Möglichkeit zumindest vor sich

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