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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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alles um sie blind und taub zu sein außer für die brillante Komödie.
    Jede Nuance des Stückes spiegelte sich in ihren klaren, ausdrucksvollen Gesichtszügen wider, und niemand klatschte so erfreut Beifall, wenn der ehrenwerte Held die Oberhand gewann, oder schloss sich den Ovationen bei Aktschluss so begeistert an. Unwillkürlich wurde Sir Edmund von ihrer lebhaften Anteilnahme angesteckt und lachte und applaudierte mehr als gewöhnlich. Er konnte sich nicht erinnern, schon einmal einen so amüsanten Theaterabend erlebt zu haben.
    Als er mit Julianna im Strom der gut gelaunten Zuschauer das Bühnenhaus verließ, stellten sie fest, dass die Luft milder geworden war, und so beschlossen sie, den Weg zum Gasthof zu Fuß zurückzulegen.
    Über das Kopfsteinpflaster der verkehrsreichen Bow Street ratterten fast ununterbrochen Wagen, sodass es eine Weile dauerte, bis sie die andere Straßenseite erreicht hatten. Endlich standen sie in einer Seitenstraße nahe Covent Garden vor einem Haus, dessen Wirtshausschild großsprecherisch verkündete, dass es sich bei ihm um „Eldriges Select Supper Club“ handelte. Während der Aufführung hatte Julianna überhaupt nicht ans Essen gedacht. Doch als ihr jetzt ein würziger Duft in die Nase stieg, merkte sie plötzlich, dass sie rechtschaffen hungrig war. Die Wärme in den Nischen mit den gedeckten Tischen erwies sich als wohltuend im Unterschied zu der zugigen Theaterloge, und ein Glas Portwein als Aperitif steigerte noch ihren Appetit.
    Zum Glück waren die rasch aufgetragenen Speisen delikat und zudem reichlich bemessen. Esgab eine klare Suppe, danach geräucherten Kaninchenrücken mit Zwiebelsoße, dazu Kräuterklöße, gedünsteten Sellerie und Karotten. Als schließlich noch Juliannas Leibspeise, Banbury Cake, eine Art warmen Gewürzkuchens, auf den Tisch kam, seufzte sie hingerissen und wünschte sich sehnlich, ihr Mieder öffnen zu können, damit die Fischbeinstäbe nicht so auf den Magen drückten. Sir Edmund hingegen hatte seiner Gewohnheit entsprechend nur wenig gegessen, dafür dem Wein mehr als üblich zugesprochen. Vielleicht war das der Grund für seine ungewohnte Gesprächigkeit, die so ganz und gar nicht zu seiner bisherigen wortkargen Natur zu passen schien.
    „Kann ich aus deiner lebhaften Anteilnahme schließen, dass dir die Aufführung gefallen hat?“, erkundigte er sich freundlich.
    „Es war himmlischer, als ich zu hoffen gewagt hatte“, erwiderte Julianna strahlend.
    „Fitzhugh! Alter Junge!“, ertönte plötzlich eine Stimme. „Hab ich mir doch gedacht, dass du es sein musst, als ich im Theater auf der anderen Seite ein bekanntes Gesicht entdeckte. Und dass du hier noch einen Bissen zu dir nehmen würdest, war mir ebenfalls klar. Ich habe dich ja seit Monaten nicht mehr in der Stadt gesehen. Da musste ich meiner Neugierde einfach nachgeben und herausfinden, wer deine reizende junge Begleiterin ist.“
    Der Fremde führte eine übertrieben höfliche Verbeugung in Juliannas Richtung aus – ein höchst gefährliches Unterfangen für einen so klein gewachsenen und zudem klapperdürren Menschen. Seine viel zu kleine Perücke thronte unsicher auf der Schädeldecke, und eines seiner Augen war rot unterlaufen.
    „Ich bin allerdings in letzter Zeit abends nicht mehr ausgegangen“, erwiderte Sir Edmund zurückhaltend. „Das …“, fügte er zögernd hinzu, während er auf Julianna wies, „ist übrigens meine Gemahlin.“ Mit einem entschuldigenden Lächeln und einer vagen Handbewegung erklärte er: „Darf ich dir Langston Carew vorstellen, meine Liebe? Carew, das ist Lady Julianna Fitzhugh. Ihr Vater war der kürzlich verstorbene Mr Alistair Ramsay.“
    „Es ist mir ein Vergnügen, Ma’am.“ Der kleine Mann strahlte. „Habe Euern Vater flüchtig gekannt. Nun, Fitzhugh, so hast du also das Junggesellenleben in letzter Minute doch noch aufgegeben, was? Sehr weise. Wenn ich doch auch noch so ein reizendes kleines Ding finden würde, um meine alten Knochen in den Winternächten zu wärmen! Dann würde ich mich auch keinen Schritt mehr von meinem heimischen Herd entfernen, ha, ha!“
    Sir Edmund zuckte sichtlich zusammen, und Julianna fragte sich, ob er wohl jetzt erwartete, dass sie sich einmischte. Aber dieser komische kleine Mann brachte soviel ehrliche Bewunderung zum Ausdruck und verbreitete eine so unwiderstehliche gute Laune, dass sie sich unwillkürlich zu ihm hingezogen fühlte und ihn trotz seiner etwas respektlosen Bemerkungen mit ihrem

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