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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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Fitzhugh House ein wenig umzusehen? Gedacht, getan. Sie ergriff ein Schultertuch und machte sich auf den Weg.
    Eine höchst unterhaltsame Stunde verbrachte sie zunächst in der dämmrigen Galerie mit der Besichtigung von Sir Edmunds Gemäldesammlung – eine auserlesene Mischung von Landschaften, Porträts und Stillleben. Doch dann wurde sie nach und nach der Leere und Stille im Hause ohne das ständige Kommen und Gehen der Dienerschaft gewahr. Ihre Schritte auf dem kunstvoll gemusterten Parkett hallten unheimlich in den langen Korridoren, und ein Schauer unbestimmter Bangigkeit lief ihr plötzlich über den Rücken. Ängstlich öffnete sie die erstbeste Tür und fand sich zu ihrer Überraschung in Sir Edmunds Gemächern wieder. Da er selbst nicht anwesend war, entschloss sie sich, ihre Neugier durch einen ausgiebigen Rundblick zu stillen.
    Das Schlafzimmer war viel größer als das ihre und wurde von einem riesigen, altmodischen Baldachinbett beherrscht. Außer einem Armstuhl und einem Sofa beschränkte sich die weitere Einrichtung auf eine recht mitgenommen aussehende Seekiste und ein Schreibkabinett mit offenen Fächern, das neben einer Sammlung exotischer Figuren und Lackarbeiten eine Reihe vonNavigationsinstrumenten aus glänzendem Messing enthielt. Gerahmte Land- und Seekarten schmückten die Wände. All das vermittelte den Eindruck, in der Kapitänskajüte einen großen Schiffes zu stehen, und Julianna hätte schwören können, sogar den Geruch von Tang und Salzwasser wahrzunehmen. Zum längeren Verweilen lud dieser spartanisch eingerichtete Raum jedoch nicht ein.
    Auf dem Rückweg zu ihren Räumen stieg Julianna plötzlich ein vertrauter Duft in die Nase, und ihr Herz tat einen freudigen Sprung, als sie ihn erkannte: Crispins Haarpuder! Dem Geruch nachgehend entdeckte sie auch sein Zimmer. Bis zum heutigen Tage war ihr nur halbherzig bewusst gewesen, dass sie jetzt in Crispins Heim lebte. Nun aber ergriff sie diese Erkenntnis wie nie zuvor. Das Schlafzimmer wirkte in seiner makellosen Ordnung etwas unpersönlich. Doch der kleine Ankleideraum daneben vermittelte den Eindruck, als habe ihn sein Benutzer nur eben für einen Augenblick verlassen.
    In der Bürste fanden sich noch ein paar von Crispins kastanienbraunen Haaren an, und an den Wandhaken entdeckte Julianna Leibröcke und Westen, die ihr vertraut waren wie alte Freunde. Sie nahm einen Umhang aus dunkelblauem Samt herab und legte ihn sich über die Schulter. Mit geschlossenen Augen schmiegte sie die Wange an den weichen Stoff, der Crispins Geruch bis heute bewahrt hatte. Wie im Traum kehrte sie dabei in die Gärten von Vauxhall zurück, zu jenem Sommerabend, da Kapitän Bayard ihr einen Heiratsantrag gemacht hatte …
    In den ersten Juniwochen schien der Park vor dem Hintergrund des frischgrünen Blattwerkes von Blüten förmlich überflutet zu sein. In Begleitung des ritterlichen Seemannes kostete Julianna zum ersten Male von den Vergnügungen, die ihr in Vauxhall geboten wurden. Fröhlich summte sie die volkstümlichen Weisen mit, die ein Streichquartett zum besten gab, besichtigte die Kupferstiche des berühmten Künstlers William Hogarth und nippte im Erfrischungspavillon von der Erdbeerbowle. Ihre Lieblingsbeschäftigung aber war und blieb, am Arm des Kapitäns über die gewundenen Pfade zu spazieren und sich von ihm den Hof machen zu lassen. Als sie schließlich eine versteckte Bank fanden, beschlossen sie, eine Ruhepause einzulegen. Doch ihr Begleiter wurde auf einmal ungewohnt still.
    „Ist Eure Stimme etwa ebenso ermüdet wie Eure Beine, Kapitän?“, erkundigte sich Julianna schließlich scherzend, war jedoch erneut betroffen von dem ernsten, nachdenklichen Ausdruck auf Crispins hübschem Gesicht. „Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“, fragte sie unsicher.
    „Miss Ramsay … Julianna …“ Von seinen Lippen klang ihr Name wie das poetischste Wort ihrer Sprache. „Es ist falsch, wenn ich jetzt spreche, aber ich kann nicht länger schweigen. Mit einem gewagten Unternehmen vor Augen ist es der denkbar ungeeignetste Augenblick dafür, das weiß ich … und es ist auch ungehörig, einer Dame ein Versprechen auf so lange Sicht … und ohne die Gewissheit meiner sicheren Rückkehr …“
    „Kapitän Bayard … Crispin …“ Sein Name prickelte wie Champagner auf Juliannas Zunge. „Seid Ihr vielleicht zu lange in der Sonne gewesen? Eure Worte enthalten auch nicht einem Funken Sinn und Verstand.“
    „Was Wunder, da ich doch vom ersten Tage

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