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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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weibliches Hauspersonal jedweder Bestimmung. Sir Edmund schritt mit seiner jungen Gemahlin die Reihe ab wie ein General, der seine Truppen inspiziert, während Mr Brock den Namen jedes einzelnen nannte. Aber Julianna hörte kaum hin. Nur der Ausdruck der Gesichter beeindruckte sie. Unverhüllte Neugier und Geringschätzung lag darin. Die offene Antipathie der Leute bedrückte sie, zumal sie zu den Bediensteten in ihrem Vaterhaus ein durchaus freundliches Verhältnis gepflegt hatte. Wenn sie den Leuten doch verständlich machen könnte, wie wenig es sie danach verlangte, in diesem Hause zu sein! Offensichtlich ebenso wenig, wie diese ihre Anwesenheit wünschten.
    Als die allgemeine Vorstellung beendet war, flüsterte Mr Brock Sir Edmund ein paar Worte zu, der sich darauf sofort an Julianna wandte. „Würdest dich mich wohl bitte für einen Augenblick entschuldigen? Eine wichtige Angelegenheit erwartet mich.“ Dann winkte er Francis herbei. „Ich bitte Euch, mich für kurze Zeit zu vertreten, Underhill, und meine Gemahlin in das Speisezimmer zu geleiten.“
    „Es ist mir eine Ehre und ein Vergnügen, Sir Edmund“, erwiderte Francis strahlend und reichte Julianna mit einem ermunternden Lächeln den Arm.
    Doch deren walisisches Temperament begann sofort zu kochen. Wie konnte dieser Narr es wagen, so überaus selbstzufrieden auszusehen? Er war doch angeblich Crispins bester Freund. Nannte er das vielleicht Freundschaft – die heimliche Braut seines Jugendgefährten einem völlig Fremden auszuliefern? Unter dem Schutz ihrer weiten Röcke versetzte sie Francis einen so heftigen Stoß gegen das Schienbein, dass er erschrocken zusammenzuckte und seine ohnehin sanften Augen den Ausdruck eines todwunden Rehes annahmen, während Juliannas Blick keinen Zweifel über ihren Zorn zuließ.
    Als zwei Lakaien die Flügeltür zu dem Speisezimmer öffneten, kam ein bewundernder Laut über die Lippen des Kuraten. Im sanften Schein zahlloser Kerzen wirkte die mit Silber, Kristall und vergoldetem Porzellan reich gedeckte Tafel wie eine geöffnete Schatztruhe.
    „Sir Edmund ist ein sehr großzügiger Gastgeber“, murmelte der Geistliche tief beeindruckt.
    „Wenn nicht sogar ein außergewöhnlich freundlicher“, setzte Jerome halblaut hinzu, während er zu der Anrichte hinüberschlenderte und die dort aufgereihten Weinflaschen einer genauen Inspektion unterzog.
    Trotz ihrer unliebenswürdigen Attacke schob Francis höflich einen Stuhl für Julianna zurecht. „Das ist ein Festmahl, wie ich es mir gewünscht habe. Dein Vater hat zwar auch immer eine gute Tafel gehalten, meine Liebe, aber das hier übertrifft selbst sein bestes Galadiner.“
    Mit einem verächtlichen Schniefen unterbrach Jerome seine Besichtigung. „Vater vergeudete sein Vermögen, indem er jeden Tunichtgut von London bewirtete. Er hätte seine Aufmerksamkeit lieber auf das Geschäft anstatt auf seinen Salon richten sollen. Dann hätte er nicht derart ungeordnete Verhältnisse hinterlassen.“
    „De mortuis nil nisi bonum“, mahnte der Geistliche im frommen Tone. „Sprecht nur Gutes von einem Toten.“
    „Gutes sprechen? Ich habe Gutes getan , indem ich meiner Schwester in so kurzer Zeit einen Bräutigam verschafft habe, und das auch noch ohne jede Mitgift.“ Jerome nahm eine der Flaschen und füllte sich ein Glas.
    Bei diesen Worten hätte Julianna ihm an liebsten einen der rotbackigen Äpfel aus der großen Obstschale an den Kopf geworfen. Doch zum Glück betrat in diesem Augenblick Sir Edmund das Speisezimmer.
    „Ah, wie ich sehe, habt Ihr mich zur rechten Zeit erwartet, Skeldon“, sagte er und befahl einem der Lakaien, auch den anderen Gästen Wein einzuschenken. Dann ging er zu seinem Platz am Kopfende der Tafel und erhob den kostbaren Kristallkelch. „Lasst uns das Hochzeitsmahl mit einem Toast auf die Braut beginnen.“ Unter der betonten Herzlichkeit dieser Worte glaubteJulianna allerdings eine verborgene Feindseligkeit erkennen zu können.
    „Wenn Ihr gestattet, Sir Edmund.“ Die Worten kamen Jerome bereits nicht mehr ganz sicher über die Lippen. „Ich glaube, als Juliannas um zehn Jahre älterer Bruder und bis vor Kurzem ihr Vormund, bin ich wohl am besten geeignet, Eurer jungen Gemahlin einen Gruß zu entbieten.“
    Julianna erbleichte. Genau diese Worte hatte Jerome gestern Abend benutzt, als sie sich in ihr Schlafzimmer zurückziehen wollte und er ihr den Weg versperrte. Glaubst du, ich lasse dich in der Hochzeitsnacht zu Bett gehen ohne

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