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Lockende Zaertlichkeit

Lockende Zaertlichkeit

Titel: Lockende Zaertlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carole Mortimer
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um Marcus' Nähe zu entfliehen. Es war ein Fehler gewesen, hierher zu kommen, und sie war froh, als sie wieder bei ihrer Patientin war. Doch Olivias Ruhe währte nicht lange. Jeden Tag rief Sally an und bat sie inständig, Marcus noch einmal zu besuchen, aber Olivia lehnte jedes Mal ab. Je strikter sie sich jedoch weigerte, Marcus wieder zu sehen, umso mehr musste sie an ihn denken. Es tat ihr weh, sich vorzustellen, wie sehr er sich mit seiner Blindheit quälte. Marcus war der stolzeste und selbstbewussteste Mensch, den Olivia kannte, und gerade deshalb war es auch so schwer für ihn, seinen Zustand zu ertragen. Wenn er doch nur seinen Zorn effektiver hätte einsetzen können - nicht gegen sich selbst oder andere, sondern in die Kraft, gegen seine Verzweiflung anzukämpfen.
    Und dann kam das, was Olivia befürchtet hatte: Sally stand eines Tages vor der Tür und bat Olivia um Hilfe.
    "Ich weiß einfach nicht mehr weiter", klagte das Mädchen.
    "Ich brauche deine Hilfe."
    Olivia führte Sally ins Wohnzimmer, wo sie allein waren.
    Mrs. Jenkins hatte sich gerade zum Mittagsschlaf
    zurückgezogen, und so konnte Olivia in Ruhe mit Sally reden.
    "Aber wie soll ich deinem Vater helfen?" wandte Olivia ein.
    "Als ich ihn das letzte Mal besucht habe, wäre er fast auf mich losgegangen."
    "Genau das ist der Punkt, verstehst du das denn nicht?"
    erklärte Sally aufgeregt.
    Olivia runzelte die Stirn. "Wieso? Was willst du damit sagen?"
    "Nach eurem heftigen Streit im Krankenhaus hatte ich gehofft, es würde endlich aufwärts mit Daddy gehen. Aber nachdem du weg warst, ist er sofort wieder in diese schreckliche Teilnahmslosigkeit zurückgefallen. Er sitzt den ganzen Tag nur am Fenster und reagiert auf nichts und niemanden. Es ist, als hätte er an allem das Interesse verloren." Sally seufzte auf. "Nun ist er seit vier Tagen zu Hause, aber geändert hat sich leider nichts."
    "Du musst einfach mehr Geduld mit deinem Vater haben", versuchte Olivia das Mädchen zu beruhigen, obwohl sie sich selbst große Sorgen um Marcus machte. "So schnell verkraftet man so eine plötzliche Erblindung nicht."
    Doch Sally ließ sich nicht überzeugen. "Simon Brooks meint auch, Daddy würde sich mit jedem Tag mehr in sich
    zurückziehen. Es sei sogar zu befürchten, dass er in schwere Depressionen verfällt, wenn nicht bald etwas geschieht."
    "Du meinst, er brauchte psychologische Hilfe?"
    "Daddy will keinen Arzt zu sich nach Hause lassen, das ist ja das Problem."
    "Und was ist mit Simon Brooks?" fragte Olivia hoffnungsvoll. "Kann er denn nichts für deinen Vater tun?"
    "Er hat es versucht." Sallys Hand zitterte, als sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich, und erst jetzt fiel Olivia auf, wie blass und erschöpft das Mädchen war. "Simon ist ein guter Freund, aber er kann Daddy schließlich zu nichts zwingen. Aber du ..." Sie sah Olivia hoffnungsvoll an. "Du hast etwas gesagt, was mich auf eine Idee gebracht hat."
    "Was habe ich denn gesagt?"
    "Du bist Krankenschwester und hast Privatpatienten ..."
    "O nein, Sally, das kommt überhaupt nicht infrage", wehrte Olivia entschieden ab, da sie sofort wusste, worauf Sally hinauswollte. "Ich habe bereits eine Patientin zu versorgen.
    Außerdem braucht dein Vater keine Vollzeitbetreuung."
    "O doch, das braucht er", versicherte Sally. "Wir haben auch schon eine Krankenschwester."
    "Und wo liegt dann das Problem?"
    Sally seufzte erneut. "Daddy behandelt sie genauso gleichgültig wie alle anderen. Meistens beachtet er sie nicht einmal."
    Olivia sah Sally nachdenklich an. "Es wundert mich, dass er überhaupt eine Krankenschwester braucht. Du hast doch gesagt, er wäre körperlich wieder ganz genesen."
    "Er wird immer noch schnell müde, und außerdem bekommt er noch Medikamente, hauptsächlich Schlaftabletten." Sally atmete tief durch. "Mr. Brooks hält es für besser, wenn Daddy keinen Zugang zu diesen Tabletten hat."
    Olivia erschrak. "Du glaubst doch nicht etwa, er könnte ...?
    Nein, Sally, das traue ich Marcus wirklich nicht zu."
    "Früher hätte ich das auch nie von ihm gedacht. Aber er hat mir selbst gesagt, er wünschte, er wäre tot."
    "Aber Sally, das ist eine ganz normale Reaktion, wenn man..."
    "Nichts an Daddy ist im Moment normal!" unterbrach Sally Olivia aufgebracht. "Früher hat er andere für solche Schwächen verurteilt, aber die Tatsache, dass er nun selbst von Selbstmord spricht, zeigt doch, wie ernst er es meint!"
    "Aber was könnte ich denn für ihn tun?" fragte Olivia

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