Lockende Zaertlichkeit
konnte sich Marcus' Reaktion auf diesen Vorschlag lebhaft vorstellen!
"Sie kennen Ihren Patienten wirklich sehr gut", meinte Jason schmunzelnd.
"Als seine Krankenschwester muss ich ihn doch kennen", rechtfertigte Olivia sich. "Wie hat Marcus denn auf die Diagnose reagiert?"
Jason lächelte amüsiert. "Er hat gemeint, ich sei ein Narr."
"O nein!" stöhnte Olivia. "Das sieht ihm ähnlich!"
Jason lachte. "Sie gefallen mir, Miss King. Ich werde noch bis morgen in England bleiben. Wie wäre es denn mit einem gemeinsamen Abendessen?"
Olivia errötete leicht. Mit einer solchen Einladung hatte sie nicht gerechnet. Jason Fitzgerald war etwa Anfang vierzig und ein sehr attraktiver Mann, aber Olivia sah in ihrer Sorge um Marcus nur den Arzt in Jason. Sie schüttelte bedauernd den Kopf. "Ich fürchte, das wird nicht gehen. Ich muss mich um Marcus kümmern."
"Wissen Sie was, Olivia? Ich werde im Hilton übernachten.
Sollten Sie heute Abend doch Zeit für mich haben, rufen Sie mich einfach vor halb acht an, einverstanden? Haben Sie Mitleid mit einem einsamen Mann in einem fremden Land", fügte er mit einem gewinnenden Lächeln hinzu.
Da musste Olivia lachen. "Ich glaube kaum, dass ein Mann wie Sie jemals einsam sein musste. Was passiert, wenn ich vor halb acht nicht anrufe?"
"Wollen Sie das wirklich wissen?"
"Suchen Sie sich dann eine andere Begleitung, die Ihnen den Abend versüßt?"
"Erraten", gab Jason schalkhaft lächelnd zu. "Obwohl ich mit Ihnen, ehrlich gesagt, am liebsten ausgehen würde."
Olivia hatte das Gefühl, dass Jason mehr wollte als nur mit ihr essen gehen. Obwohl sie sich gern noch mit ihm unterhalten hätte, wollte sie weitere Komplikationen in ihrem Leben vermeiden. "Ich rufe Sie vor halb acht an und sage Bescheid", versprach sie lächelnd und stand auf. "Aber nun muss ich wirklich gehen."
Sally war gerade bei Marcus, als Olivia nach Hause kam, und so nutzte sie die Gelegenheit, um sich in ihrem Zimmer frisch zu machen. Nach ihrem Ohnmachtsanfall hatte sie sich noch etwas schwach gefühlt und war deshalb nach der Unterhaltung mit Jason Fitzgerald eine knappe Stunde im Park spazieren gegangen, um frische Luft zu schnappen.
Olivia hatte sich gerade umgezogen, als Sally an die Tür klopfte und gleich darauf ins Zimmer kam. "Daddy freut sich gar nicht über das Ergebnis, kannst du dir das vorstellen?"
machte sie ihrer Enttäuschung Luft.
"Das tut er ganz bestimmt", beruhigte Olivia das Mädchen.
"Wahrscheinlich kann er die gute Nachricht nur noch nicht richtig fassen."
"Ach Olivia, ich bin so froh", gestand Sally. "Simon hat mich angerufen, kurz nachdem ich nach Hause gekommen bin. Aber Daddy ..." Sie schüttelte den Kopf. "Irgendwie scheint er sich gar nicht zu freuen. Ich glaube, er traut Fitzgeralds Diagnose nicht."
Olivia zuckte die Schultern. "Ich weiß nicht, was dein Vater denkt. Ich habe ihn nach der Untersuchung noch nicht gesehen.
Aber ich werde jetzt gleich zu ihm gehen."
"Dann mach dich mal auf was gefasst." Sally verzog das Gesicht. "Daddy scheint alles andere als gut gelaunt zu sein."
Schlechte Laune war Olivia bei Marcus gewöhnt. Doch dass er richtig wütend war, als sie sein Zimmer betrat, damit hatte sie nicht gerechnet.
"Wo, zum Teufel, bist du gewesen?" fuhr er sie ungehalten an.
"Bei Dr. Fitzgerald", antwortete Olivia ruhig. Sie wollte sich nicht in einen Streit mit Marcus verwickeln lassen.
"Tatsächlich? Ihr habt volle zwei Stunden gebraucht, um über mich zu reden?"
Marcus' vorwurfsvoller Tonfall kränkte Olivia, doch sie ließ sich nichts anmerken. "Nein, das haben wir nicht. Ich bin nach dem Gespräch noch im Park spazieren gegangen."
"Ach ja? Mit Fitzgerald?"
"Nein. Ich war allein. Ich habe nur frische Luft gebraucht."
"Hat er dir gesagt, wie die Untersuchung ausgegangen ist?"
"Ja."
"Hysterische Erblindung!" wiederholte Marcus verächtlich.
"Der Mann ist ein Idiot!"
"Dass du das von ihm denkst, hat er mir auch gesagt", erwiderte Olivia trocken. Dann fasste sie sich ein Herz und fragte: "Marcus ... der Mann, den du vor deinem Unfall operiert hast... was ist mit ihm passiert?"
"Was soll die Frage?" erwiderte Marcus spöttisch. "Willst du dich jetzt auch noch als Psychologin versuchen?"
"Bitte Marcus, ich meine es ernst."
Während Olivia im Park spazieren gegangen war, war ihr eingefallen, dass Marcus ihr einmal erzählt hatte, auch Ärzte würden unter dem Schicksal ihrer Patienten leiden. Vielleicht war dieser Mann während der Operation gestorben, und
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