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Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt?

Titel: Lockenkopf 1 - Warum weint man, wenn einem etwas gefällt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Essling
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gefällig? Angehimmelt wird er aber von keiner Frau, auch von meiner Mutter nicht. Nur die wabbelige Frau Lorenz gurrt um ihn rum. Die ist aber verheiratet und hat einen Sohn, den ich nicht leiden kann. Mein Vater mag Frau Lorenz auch nicht. Und wenn er sie sieht, verschwindet er immer, falls ihm das noch möglich ist. Wenn sie was von ihm repariert haben will, was meistens gar nicht kaputt ist, nimmt er mich immer mit. Den Gefallen tu ich ihm, aber sonst gehe ich nirgends mehr mit ihm wohin. Mama lacht sich kaputt und zieht Papa gerne mit Frau Lorenz auf.
     
     

Blut und Spucke
    Inge hat sich die Haare gewaschen und mit dem Shampoo Hörner aus den Haaren gedreht. Sie sieht aus wie ein Teufelchen. Ich sitze am Küchentisch und mache Aufgaben. Das heißt, ich mühe mich mit Rechenaufgaben ab, die ich nicht kapiere. Plötzlich spuckt Inge Blut in die Waschschüssel. Ich bin furchtbar erschrocken. Das kann doch nur eines bedeuten: Sie hat Tuberkulose! Und wenn sie Tuberkulose hat, muss sie sterben oder wird in ein Krankenhaus eingesperrt, weil das so ansteckend ist.
    Wenn Inge stirbt, gucken mir alle Leute nach und sprechen über mich und meine Familie, wie sie das jetzt mit Edith Bauer tun. Die hatte einen Bruder, der oft mit uns Murmeln gespielt hat. Jetzt ist Volker gestorben, dabei war er vor ein paar Wochen noch ganz lebendig. Er hatte Gehirnhautentzündung.
    Frau Mühlbauer hat auf ihre spuckende Art zu Mama gesagt: „Bauers können noch froh sein, dass der Junge gestorben ist. Das ist jedenfalls besser, als wenn er blöd geworden wäre.“ Da hat Mama ganz leise geantwortet: „Er hätte ja auch gesund werden können“, hat sich umgedreht und ist fortgegangen.
    Ich kann immer noch nicht glauben, dass Volker nun nie mehr in unseren Hof kommt.
    Nein! Ich will nicht interessant werden. Inge muss für immer bei uns bleiben. Ich könnte es nicht ertragen, dass sie nicht mehr bei uns ist. Wir würden nie mehr miteinander streiten, uns aber auch nie wieder gut sein. Deshalb habe ich meine Schwester gefragt, warum sie Blut spuckt. Da sagt sie ganz ruhig, indem sie die Hörner noch mal zwirbelt: „Ich glaube, mein letzter Milchzahn geht endlich raus.“ Da habe ich meine Rechenaufgaben noch einmal angeguckt und habe sie auf einmal begriffen.
     

Dramatischer Abgang mit Beifall
    Ich bin furchtbar aufgeregt, bald ist es nämlich soweit. Wir, das heißt die ganze Schule, spielen Theater. Kurz vor den Weihnachtsferien wollen wir das Stück aufführen. Es heißt „Scrooges Weihnachten“ und ist ein Märchen von Charles Dickens.
    Herr Lorbach, der die siebte und achte Klasse unterrichtet, hat es als Theaterstück umgeschrieben. Es ist herrlich, weil es ganz gruselig ist und nur so von Geistern wimmelt. Ich bin auch einer. Ich trage eine Krone und ein weißes Gewand. Das Gewand ist aus einem Bettuch gemacht. Die Krone aus Karton und Goldpapier. Ich gefalle mir sehr als der Geist von Scrooges Frau. Meine Erscheinung ist leider nur kurz, dafür aber sehr dramatisch. Zum Schluss, wenn ich mich entferne, muss ich dreimal rufen: „Scrooge bessere Dich!“ Das habe ich so lange vor dem Spiegel geübt, bis es unheimlich geklungen hat. Ich habe Herrn Lorbach auch gefragt, warum ich eine Krone tragen soll, ich bin doch keine Königin. Da hat er gesagt, die Krone sei ein Sinnbild. Als ich, das Gespenst, noch gelebt habe, hätte ich sehr gelitten unter dem Geiz und der Hartherzigkeit meines Mannes. Dafür verdiente ich die Krone. Ob er das den Zuschauern auch erklärt, falls sie das nicht wissen?
    Wolfgang Brandt aus der zweiten Klasse spielt auch einen Geist. Seine Rolle ist etwa so groß wie meine. Auch er hat unter Scrooge gelitten und einen frühen Tod gefunden. Deshalb trägt er einen Zylinder aus Pappe.
    Frau Kaiser, seine Lehrerin, hat zu Herrn Lorbach gesagt, dass Wolfgang sich nicht für die Rolle eignet, weil er nichts auswendig lernen kann. Aber Herr Lorbach wollte unbedingt, dass er spielt. Egal wie, weil Wolfgang mit seinen blonden Locken und seinem ungläubigen Gesichtsausdruck aussehe wie ein Engel. Das ist nun mal ein Fall von reinster Täuschung. Das mit dem Aussehen. Tausend Teufeleien hat Wolfgang im Kopf. Ja, er guckt unschuldig und drückt mir Kletten ins Haar. Mit demselben Gesichtsausdruck stellt er Rainer Martin ein Bein, dass der die Treppe runter fliegt, und lauter solche Sachen. Und alles nur so.
    Jetzt möchte ich bloß mal wissen, wie ein Teufel aussieht.
    Wolfgang kann sich seinen Text wirklich

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