Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills
beobachtete. »Aber nicht solche. Ein Gewitter in der Stadt ist eine Unannehmlichkeit. Hier ist es ein echtes Drama, ein Abenteuer.«
»Versuch mal in Midtown während eines Gewitters ein Taxi zu bekommen. Das ist ein Abenteuer, sag ich dir!« Trotzdem lachte er und nahm ihre Hand. »Aber du hast schon recht. Das hier ist eine Spur aufregender.«
»Jetzt kommt der Regen.«
Er fegte heran wie ein dichter Vorhang. Sie sah zu, wie die Regenwand vorbeirauschte und die Welt ins Chaos stürzte. Ein einziges Hämmern, Tosen, Peitschen und wildes Aufheulen.
Sie drehte sich zu ihm, klammerte sich an ihn und küsste ihn mit der Urgewalt eines Unwetters. Regen prasselte auf sie herab, harte, fast körnige Tropfen, die der Wind unter das Verandadach fegte.
Es donnerte so laut, dass ihnen fast die Ohren klingelten. Die Windspiele und die Essensglocke bimmelten wie verrückt.
Sie löste sich von ihm, allerdings nicht ohne ihn spielerisch zu beißen.
»Jedes Mal, wenn du Donner hörst, wirst du dich an das hier erinnern.«
»Ich muss mit dir allein sein. Irgendwo. Egal wo.«
Sie sah sich um. Ihre Eltern und die Wilkses beobachteten ebenfalls den Himmel.
»Schnell, lauf!« Lachend zog sie ihn hinaus in den Platzregen. Sie waren sofort durchnässt und rannten auf die Scheune zu.
Blitze zuckten über den Himmel, ein elektrisches Zischen. Gemeinsam zerrten sie an der Tür und stolperten in die Scheune hinein, atemlos und patschnass. In den Ställen traten die Pferde unruhig von einem Bein aufs andere, während der Regen niederging und es donnerte.
Im Heu entledigten sie sich ihrer nassen Kleider und fielen gierig übereinander her.
Ihr letzter Tag war angebrochen. Danach würde er sich von Joe und Jenna und auch von Lil verabschieden.
Sie hatten sich schon oft voneinander verabschiedet, aber diesmal würde es ihm schwerer fallen, schwerer denn je, denn diesmal würden sie verschiedene Wege einschlagen.
Wie schon so oft ritten sie zu ihrem geheimen Fleck. Zum Bach am Rand der Kiefern, wo sich die Wildblumen hin und her wiegten.
»Lass uns weiterreiten. Wir werden zurückkommen«, sagte sie, »aber wenn wir Rast machen, wird es das letzte Mal sein. Also lass uns noch ein Stück weiterreiten.«
»Vielleicht kann ich an Thanksgiving herkommen. So lange ist das auch nicht mehr hin.«
»Nein, das stimmt.«
»Spätestens an Weihnachten.«
»Klar. Ich breche in acht Tagen auf.« Sie hatte noch nicht gepackt, damit wollte sie warten, bis Cooper weg
war. Denn solange er da war, sollte alles beim Alten, alles bekannt und vertraut bleiben.
»Schon nervös? Wegen dem College?«
»Nein, nervös nicht, eher neugierig. Einerseits kann ich es kaum erwarten, loszulegen, neu anzufangen. Andererseits will ich, dass die Zeit stehen bleibt. Aber heute möchte ich nicht darüber nachdenken. Lass uns einfach den Augenblick genießen.«
Sie nahm seine Hand. Schweigend ritten sie weiter, den Kopf voller Fragen, die keiner von ihnen beantworten konnte.
Sie kamen an einem kleinen Wasserfall vorbei, der sich vom Unwetter angestaut hatte, überquerten das sommerlich grüne Grasland. Fest entschlossen, nicht ins Grübeln zu verfallen, holte sie ihre Kamera hervor. »Hey!« Er grinste, als sie den Sucher auf ihn richtete. Kaum liefen ihre Pferde dicht nebeneinander her, beugte sie sich vor und hielt die Kamera weit von sich weg.
»Wahrscheinlich hast du unsere Köpfe abgeschnitten.«
»Wetten, dass nicht? Ich schick dir einen Abzug. Coop und Lil in der Wildnis. Mal sehen, was deine neuen Polizistenfreunde dazu sagen werden.«
»Sie werden einen Blick auf dich werfen und mich beneiden.«
Sie nahmen einen Nebenpfad, der sich um hohe Bäume und dicke Felsbrocken herumschlängelte und einen Ausblick auf die endlose Weite bot. Lil ritt voran. »Der Puma war hier. Der Regen hat die meisten Fährten weggespült, aber es gibt Kratzspuren an den Bäumen.«
»Dein Weibchen?«
»Vielleicht. Wir sind nicht weit von der Stelle entfernt, wo ich es damals entdeckt habe.« Zwei Monate war das
jetzt her, dachte sie. Inzwischen waren die Jungen bestimmt entwöhnt und groß genug, von ihrer Mutter mit auf Beutezug genommen zu werden.
»Du willst es aufspüren.«
»Ich will’s versuchen, aber große Hoffnungen mache ich mir nicht. Es hat in den letzten Tagen viel geregnet. Aber wenn es in seinem Revier geblieben ist, könnte es sich dort aufhalten, wo ich es das erste Mal gesehen habe. Das würde Glück bringen«, beschloss sie spontan. »Wenn wir
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