Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills
es beide an deinem letzten Tag sehen würden, so wie ich an deinem ersten.«
Er hatte ein Gewehr dabei, für alle Fälle, erwähnte aber nichts dergleichen. Lil wäre alles andere als einverstanden. »Gehen wir.«
Sie ritt voran und suchte nach Spuren, während sich die Pferde vorsichtig ihren Weg bahnten. »Ich wünschte, ich wäre besser im Fährtenlesen.«
»Du bist inzwischen genauso gut wie dein Vater. Vielleicht sogar besser.«
»Ich weiß nicht recht. Eigentlich wollte ich diesen Sommer viel mehr üben.« Sie schenkte ihm ein Lächeln. »Aber ich wurde abgelenkt. Das Unterholz, die Felsen. Dort müsste es sich verbergen, wenn es auf der Jagd ist. Aber ich bin mir nicht sicher …«
Sie blieb stehen und lenkte ihr Pferd nach rechts. »Kot. Von einem Puma.«
»Jemand, der einen Haufen vom anderen unterscheiden kann, ist wirklich gut im Fährtenlesen.«
»Fährte 101. Richtig frisch ist der Kot nicht. Von gestern oder vorgestern. Aber wir befinden uns in seinem Revier. Wenn nicht in seinem, dann in dem eines anderen Weibchens. Die Reviere können sich überschneiden.«
»Warum nicht in dem eines Männchens?«
»Die halten sich überwiegend von Weibchen fern, bis die Paarungszeit beginnt. Dann heißt es nur noch, he, Schätzchen, du willst es doch auch! Natürlich liebe ich dich und werde dich auch noch am Morgen danach respektieren. Und wenn alles vorbei ist - nichts wie weg.«
Als sie grinste, zog er die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Du hast keinen Respekt vor unserer Spezies.«
»Ach, ich weiß nicht, ein paar Exemplare sind schwer in Ordnung. Außerdem liebst du mich.« Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, richtete sie sich steif im Sattel auf. Sie konnte es nicht mehr rückgängig machen, also drehte sie sich um, um ihm in die Augen zu sehen. »Oder etwa nicht?«
»Ich habe noch nie so viel für jemanden empfunden.« Er lächelte sie freundlich an. »Und ich werde dich auch am Morgen danach stets respektieren.«
Etwas nagte an ihr, so als wäre das nicht genug. Sie wollte die bewussten Worte hören, die Macht dieser Worte spüren. Aber sie würde einen Teufel tun und ihn bitten, sie auszusprechen.
Sie ritt weiter, aufs hohe Gras zu, wo sie gesehen hatte, wie die Wildkatze das Kalb riss. Sie fand weitere Spuren und noch mehr Kot von einem Puma und einem Bock. Unterholz, das von einer Herde Maultierhirsche niedergetrampelt worden war.
Doch als sie das Gras erreichten, war dort kein Tier zu sehen.
»Ein hübsches Fleckchen«, bemerkte Coop. »Ist das immer noch euer Land?«
»Ja, gerade noch«, erwiderte sie und sah in die Ferne.
Sie ritt auf die Bäume zu, in deren Schutz der Puma
einst seine Beute geschleift hatte. »Meine Mutter hat mir erzählt, dass es hier früher einmal Bären gab. Aber sie wurden ausgerottet und vertrieben. Wenn wir … Da ist Blut.«
»Wo?«
»An dem Baum. Und auch auf dem Boden. Es sieht aus wie getrocknetes Blut.«
Sie schwang ihr Bein über den Sattel.
»Warte. Wenn das Pumaweibchen hier zugeschlagen hat, könnte es noch in der Nähe sein. Und wenn es Junge hat, wird es nicht sehr erfreut sein, dir zu begegnen.«
»Warum an dem Baum? Und warum so weit oben?« Lil zückte die Kamera und trat noch näher heran. »Vielleicht hat es einen Elch oder einen Hirsch erbeutet, und es kam zum Kampf. Dabei ist das Beutetier gegen den Baum geprallt. Aber danach sieht es eigentlich nicht aus.«
»Und du weißt, wie so etwas aussehen würde?«
»In meiner Vorstellung schon.« Sie sah sich um und entdeckte das Gewehr in seiner Hand. »Ich will nicht, dass du es erschießt.«
»Das habe ich auch gar nicht vor.« Bisher hatte er nur auf Zielscheiben geschossen. Er wollte nicht auf ein lebendes Ziel schießen, und schon gar nicht auf ihre Wildkatze.
Stirnrunzelnd wandte sich Lil dem Baum zu, musterte zuerst ihn und dann den Boden. »Sieht ganz so aus, als hätte sie die Beute in diese Richtung geschleift. Sieh nur, das Unterholz. Da ist noch mehr Blut.« Sie ging in die Hocke und berührte den Boden. »Ich dachte, sie hätte das Büffelkalb dorthin geschleift, mehr nach Osten. Aber vielleicht musste sie ihren Unterschlupf verlegen. Oder aber es handelt sich um eine neue Wildkatze. Red weiter
und halt die Augen offen. Solange wir sie nicht überraschen und sie und ihre Jungen nicht bedrohen, wird sie sich nicht für uns interessieren.«
Langsam ging sie Schritt für Schritt weiter und versuchte, der Spur zu folgen. Der Weg hier war sehr uneben, steil und felsig.
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