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Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills

Titel: Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Sie
stammte aus Oregon. Eine Studentin, eine Tochter, eine Schwester. Sie hatte einmal Ranger werden wollen.
    Ihre Eltern hatten sie an jenem Tag vermisst gemeldet. Als sie gefunden wurde, hatte sie sich schon seit zwei Tagen nicht mehr gemeldet.
    Bevor der Puma über sie hergefallen war, hatte ihr jemand den Schädel zertrümmert und dann so heftig auf sie eingestochen, dass ihre Rippen Kerben aufwiesen. Ihr Rucksack, die Uhr, der Kompass, den ihr Vater ihr geschenkt hatte, der ihn wiederum von seinem Vater bekommen hatte, wurden nicht gefunden.
    Weil Lil ihn darum gebeten hatte, fuhr Coop im Morgengrauen mit dem Motorrad zum Anfang des Feldwegs zur Chance-Farm. Der Mord an Melinda Barrett hatte seinen Aufbruch um zwei Tage verzögert, länger konnte er ihn nicht hinausschieben.
    Er sah, wie sie im Morgenlicht vor ihm stand, während die Hunde um sie herumsprangen, hinter ihr die Berge. Er wollte sich dieses Bild ganz fest einprägen und Lil so in Erinnerung behalten, bis er sie das nächste Mal wiedersah.
    Als er anhielt, um vom Motorrad zu steigen, sausten die Hunde los und sprangen ihn an. Lil warf sich wortlos in seine Arme.
    »Rufst du mich an, wenn du in New York angekommen bist?«
    »Ja. Geht’s dir gut?«
    »Es ist alles ein bisschen viel. Ich dachte, wir würden mehr Zeit für uns haben. Nur für uns. Dann haben wir sie gefunden. Sie haben keine Ahnung, wer es getan hat, oder wenn, verraten sie es nicht. Sie war nur dort wandern, und irgendjemand hat sie umgebracht. Wegen ihres Rucksacks?
Ihrer Uhr? Einfach so? Das geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Und wir haben keine Zeit mehr für uns gehabt.« Sie hob ihr Gesicht und küsste ihn. »Aber es ist ja nicht für ewig.«
    »Nein.«
    »Ich weiß, dass du losmusst, aber … hast du schon etwas gegessen? Brauchst du irgendwas?« Sie versuchte zu lächeln, während Tränen ihr die Kehle zuschnürten. Aber ich halte dich bloß auf.«
    »Ich habe Flapjacks gegessen, Großmutter weiß, dass ich eine Schwäche für sie habe. Sie haben mir fünftausend Dollar gegeben, Lil. Sie haben darauf bestanden.«
    »Gut.« Sie küsste ihn erneut. »Dann muss ich mir wenigstens keine Sorgen machen, dass du in irgendeinem Loch verhungerst. Ich werde dich vermissen. Meine Güte, ich vermisse dich doch jetzt schon. Fahr. Du musst fahren.«
    »Ich ruf dich an. Ich vermiss dich.«
    »Gib alles auf der Polizeischule, Coop.«
    Er stieg auf sein Motorrad und nahm noch einmal alles in sich auf. »Ich komme zurück.«
    »Zu mir«, murmelte sie, als er den Motor anließ. »Du kommst zurück zu mir.«
    Sie sah ihm nach, bis er verschwunden und wirklich nichts mehr von ihm zu sehen war. Im fahlen Morgenlicht setzte sie sich auf den Boden, rief die Hunde zu sich und weinte sich die Seele aus dem Leib.

6
    South Dakota
    FEBRUAR 2009
     
     
    D ie kleine Cessna wackelte und bockte mehrfach, während sie über Berge, Ebenen und Täler brummte. Lil rutschte unruhig auf ihrem Sitz hin und her. Nicht, weil sie nervös gewesen wäre - sie hatte schon schlechteres Flugwetter erlebt, und bisher war immer alles gutgegangen. Sie rutschte auf ihrem Sitz hin und her, weil sie versuchte, einen besseren Blick auf die Black Hills zu erhaschen. Im Februar waren sie weiß verschneit und wirkten wie eine Schneekugel mit Hängen, Gebirgskämmen und Ebenen, die von Eisbächen durchzogen und mit rauschenden Kiefern bespickt waren.
    Wahrscheinlich war der Wind in Bodennähe ähnlich rau und schneidend wie hier oben, und es herrschte eine klirrende Kälte.
    Sie hätte nicht glücklicher sein können.
    Sie war so gut wie zu Hause.
    Das letzte halbe Jahr war eine unglaubliche und unvergessliche Erfahrung gewesen. Sie war nass bis auf die Knochen geworden und schier umgekommen vor Hitze und Kälte. Sie war gebissen und gestochen worden - und das alles, während sie in den Anden Pumas beobachtet hatte.

    Sie war jeden Cent ihres Forschungsstipendiums wert gewesen und hoffte, mit den bereits geschriebenen und noch anstehenden Artikeln weitere Gelder bewilligt zu bekommen.
    Aber vom Geld mal ganz abgesehen - auch wenn sie sich diesen Luxus eigentlich nicht leisten konnte -, hatte sich jeder erwanderte Kilometer, jeder blaue Fleck, jeder Muskelkater gelohnt, wenn sie anschließend einen goldenen Puma zu Gesicht bekommen hatte, der im Regenwald auf Beutefang gegangen oder sich wie ein Götzenbild auf einer Klippe geduckt hatte.
    Doch jetzt konnte sie es kaum erwarten, nach Hause zu kommen, in ihren eigenen Lebensraum

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