Lockruf Der Nacht
und trinkt Champagner. In einem engen schwarzen Kleid, hohen Schuhen und ihrer blonden Mähne sieht sie mal wieder wie ein Hollywoodstar aus. Als sie mich sieht, winkt sie mich zu sich und stellt mich der illustren Runde aus ein paar Künstlern und einem mir unbekannten Schauspieler vor. Mit einem Blick erfasse ich, dass nicht einer davon mein Interesse weckt, deshalb merke ich mir die Namen auch erst gar nicht. Gott, bin ich oberflächlich. Wenn ich das endlich mal ablege, finde ich vielleicht auch den richtigen Mann.
Lilith stellt sich in Pose und wie immer drücke ich gleich mehrfach auf den Auslöser, damit sie sich später das beste Foto von sich herauspicken kann.
»Leia!«
Ich drehe mich um und suche nach dem Schreihals, der meinen Namen durch den halben Raum ruft.
Zu meinem großen Entsetzen ist es einer der Idioten, die Daniel heißen, und die einen schwarzen Fleck auf meiner Liebeslinie hinterlassen haben.
»Hm, Daniel Lloyd. Hattest du nicht mal was mit ihm?«, flüstert Lilith mir netterweise ins Ohr.
»Ja, und er ist mir unvergesslich in Erinnerung geblieben«, zische ich durch die Zähne.
Daniel ist sehr attraktiv, ein typischer Womanizer. Von außen hui und innen pfui. Er wird von einer Frau in einem hellgrünen Kleid aufgehalten und redet ein paar Worte mit ihr, dabei legt er sein charmantestes Lächeln auf. Das Lächeln, auf das ich auch reingefallen bin.
»Was war noch mit ihm?«
Lilith muss immer über alles und jeden auf dem Laufenden sein.
»Als er fertig mit mir war, fragte ich ihn, wann wir uns wiedersehen.«
»Und?«
»` Gar nicht mehr ´, war seine Antwort.«
»Nein.«
»Doch!«
»Schwein.« Lilith geht direkt auf Daniel Lloyd und die Dame in Grün zu, flüstert ihr etwas ins Ohr und verschwindet mit einem Augenzwinkern zu mir zwischen den Gästen. Ich verstecke mein breites Grinsen hinter der vorgehaltenen Kamera und mache ein paar Fotos von Daniel Lloyds dummen Gesichtsausdruck, als die Frau sich von ihm abwendet und ihn wie einen Vollidioten stehen lässt.
Eine Lehre habe ich jedenfalls daraus gezogen. Ich frage nicht mehr, ob es ein nächstes Date gibt und ich gebe auch meine Telefonnummer nicht mehr raus, damit ich nicht enttäuscht sein kann, wenn derjenige nicht anruft.
Die kleine Gruppe uninteressanter Männer steht immer noch hinter mir. Ich halte ein bisschen Small Talk, verteile meine Visitenkarten und sehe mich dabei um. Mit großen Erwartungen auf solche Events zu gehen, hat sich in der Vergangenheit immer als großer Fehler herausgestellt, da die interessanten Männer meist in Begleitung unterwegs sind. Ich weiß also nicht, warum ich immer wieder hoffe.
Summende Blitzlichter kommen aus der anderen Ecke der Halle. Die Pressefotografen scheinen einen Promi ausgemacht zu haben und ich habe auch etwas entdeckt. Der Mann, der mir heute das ´Leben` gerettet hat, steht keine drei Meter von mir entfernt.
Wie viele Millionen Einwohner hat New York? Acht. Und er ist hier auf der Vernissage. Das kann kein Zufall sein.
Ich schieße ein paar Fotos und steuere zielstrebig auf ihn zu, als neben ihm eine hübsche, zierliche Blondine auftaucht. Sie sieht ihn verliebt an und er zieht sie an sich und küsst sie auf die Stirn. Geschickt ändere ich meinen Kurs, lege eine Kurve ein, manövriere gerade noch an ihm vorbei und mache mich wieder unsichtbar. Muss ja nicht sein, dass er mich mit der Blondine an seiner Seite auf diese peinliche Situation von heute Mittag anspricht.
Am späteren Abend lerne ich noch den Künstler persönlich kennen und mache von ihm und seinen Bildern weitere Fotos. Er kann sein Glück gar nicht fassen, denn tatsächlich sind einige seiner Bilder heute verkauft worden. Ich könnte ihm da nur zustimmen, was ich natürlich nicht mache, sondern so tue, als wäre ich ganz angetan von seinen Strichmännchenbildern. Ich gönne ihm seinen Erfolg.
Der Mann aus meinen Träumen ist nicht aufgetaucht, wie ich gehofft habe, aber ich weiß, er ist irgendwo da draußen. Woher ich diese Gewissheit nehme, ist mir selbst unklar. Ich spüre nur, dass seine Existenz mit einer absoluten ruhigen Klarheit in mir wohnt.
Gegen Mitternacht liege ich allein in meinem Bett und betrachte durch mein Fenster im Dach den sternenklaren Himmel. Mir will nicht ganz in den Kopf gehen, dass die Sterne, die man sieht, nicht mehr existieren sollen. Ziemlich unlogisch. Gibt es noch andere Dinge, die wir sehen und die es eigentlich nicht gibt?
Ich fahre auf einer unbelebten
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