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Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Titel: Lockruf der Toten / Magischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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war, zitterten mir die Hände, und der Kameramann zoomte sie und meine schweißnasse Stirn heran. Sogar Grady sah beeindruckt aus – wobei das daran liegen mochte, dass sein Blick wie gebannt an meinem wogenden Busen hing.
    »Oh, ich glaube …«, sagte ich schließlich, »ja, da … Kannst du mich hören, Tansy?« Ich machte eine Pause. »Gut. Ich wollte mich nur vergewissern. Wir hatten ein paar Probleme mit der Kontaktaufnahme.«
    Wieder eine Pause. Dann ein ernsthaftes Nicken. »Ich verstehe vollkommen.«
    Um mich herum war es still geworden. Selbst die Abgebrühtesten beugten sich vor und hofften. Das ist die Faszination, die Geister ausüben. Hoffnung. Dass wir auch nach dem Tod noch in einer bewussten Form weiterexistieren. Bei Geistern hätten selbst die standhaftesten Skeptiker nichts dagegen, eines Besseren belehrt zu werden.
    Ich nutzte dies mit dem Selbstbewusstsein, das nur ein Nekromant aufbringen kann – dem Wissen, dass der Geist von Tansy Lane
wirklich
irgendwo dort draußen war. Nur eben nicht hier. Nicht gerade jetzt. Ein kleineres Hindernis, das mit einem gewissen schauspielerischen Talent ohne weiteres zu überwinden war.
    »Ich habe hier jemanden, der gern mit dir reden würde, Tansy.« Ich trat zur Seite.
    Angelique sah sich um und trat dann langsam einen Schritt zurück. »Du hast sie hergeholt. Du solltest als Erste mit ihr reden.«
    Becky winkte den Kameramann nach vorn. »Nein, Jaime hat recht. Sie hat nur geholfen, jetzt bist du dran, Angelique.«
    Nach ein paar weiteren Protestversuchen gab Angelique nach und geriet fast augenblicklich ins Schwimmen. Jetzt konnte sie sich nicht mehr hinter der Behauptung verstecken, dass Tansy außer Reichweite war.
    Ich nahm meinen Platz auf der Bank wieder ein und wappnete mich gegen den Geist. Es war das Einzige, was ich tun konnte, wenn ich nicht behaupten wollte, es ginge mir nicht gut, und damit auf meinen Auftritt verzichten. Aber selbst wenn all dies nur auf der DVD erschien, es würde von Leuten gesehen werden, auf die es ankam. Mein Wissen um Tansys persönliche Umstände lieferte mir den nötigen Heimvorteil, um eine Anfängerin und einen Engländer zu übertreffen, von dem ich hoffte, dass er wenig über den Fall wusste. Und so blieb ich, wo ich war.
    Ein paar glückselige Minuten lang ließ der Geist mich in Frieden. Dann meldete er sich zurück. Keine Ohrfeigen dieses Mal, nur Geflüster und ein behutsames Streicheln meiner Hand, das mir merkwürdig entschuldigend vorkam.
    Ich würde mich um ihn kümmern müssen. Nicht gerade jetzt, aber heute Nacht noch, wenn alle anderen im Bett waren. Ich würde meine Ausrüstung holen und eine Beschwörung durchführen. So gern ich ihn auch ignoriert hätte, ich konnte nicht riskieren, dass dieser Geist mir später bei den Dreharbeiten in die Quere kam.
    Als eine junge Frau neben mir auf die Bank glitt, nah genug, um mit im Bild zu sein, wenn die Kamera zu mir herüberschwenken sollte, lächelte ich nur geistesabwesend in ihre Richtung und rutschte zur Seite, um ihr Platz zu machen. Daran bin ich gewöhnt – Leute, die sich ins Blickfeld der Kamera schieben.
    Das Mädchen rückte aber wieder näher an mich heran. »Du wolltest mit mir reden?«
    Ich gab ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, dass ich im Augenblick nicht sprechen konnte. Es war schlimm genug, dass ich Angelique bereits unterbrochen hatte. Ich konnte mich nicht noch dabei erwischen lassen, dass ich während ihres Auftritts mit Gästen schwatzte.
    »Mit wem redet sie?«, wollte die junge Frau wissen.
    Ich beugte mich vor. »Sie kontaktiert den Geist von …«
    Ich brach ab, als ein Sicherheitsmann sich umdrehte und mich anstarrte. Ich kannte den Blick, den er mir zuwarf, nur zu gut. Es fängt mit einem verwirrten Stirnrunzeln an, dann folgt ein Blick in die Runde, dann der wachsame Ausdruck, mit dem man Leute mustert, die Unterhaltungen mit der leeren Luft führen.
    Man sollte doch meinen, inzwischen wäre ich in der Lage, einen Geist zu erkennen, wenn ich einen sehe. Aber da saß eine scheinbar vollkommen anwesende junge Frau in einem Partykleid neben mir, das für den Anlass heute Abend absolut passend wirkte. Das einzige Anzeichen dafür, dass sie ein Geist war, war die Tatsache, dass niemand außer mir auf sie zu achten schien, obwohl sie jung und schön war.
    »Wer …?« Ich unterbrach mich, als mir ihre erste Frage wieder einfiel. »Tansy?«
    Sie grinste. »Wer sonst? Du hast Glück, dass ich die Nachricht gekriegt habe.

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