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Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Titel: Lockruf der Toten / Magischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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ihrer Asche gewirkt wurde, noch immer auf ihre Energie zugreifen und sie allmählich auslaugen. Das war auch der Grund, warum Brendan zu verbleichen begann. Während seine Energie beim Formelwirken verbraucht wurde, verschwand er mehr und mehr.
    Selbst mit diesem Element aber waren die Erfolge auf einige wenige Formeln in einer Auswahl von Büchern beschränkt geblieben – einfache Magie aus echten Zauberbüchern, wie ich vermutete. Die Formel, die sie verwendet hatten, um mich niederzuschlagen, war eine verhältnismäßig neue Errungenschaft und die stärkste magische Waffe, die sie besaßen.
    Als ich mich nach den Kindern erkundigte, erzählte Murray, dass sie im Lauf der vergangenen drei Jahre sechs Kinder getötet und ihre Überreste in einem Garten ein paar Häuser weiter begraben hatten.
    »Aber ihre Geister sind nicht hier«, sagte ich. »Wurden sie hier getötet? In diesem Raum?«
    »Ein paar. Aber das war, bevor May dieses Abschirmritual durchgeführt hat.«
    »Ein Abschirmritual?«
    »Um diesen Raum zu schützen, vor …« – er wedelte mit den Händen – »… bösen Geistern. Neugierigen Nachbarn. Wer weiß. May ist allmählich paranoid geworden. Hat sich dauernd Sorgen gemacht, dass wir irgendeinen Dämon beschwören oder irgendwas Übles anzapfen würden.«
    »Ist irgendetwas in dieser Art je passiert?«
    »Uns jedenfalls nicht.«
    »Aber May?«
    Er sah sich um und senkte dann die Stimme, als sei es auch nur möglich, ihn zu belauschen. »May ist da anders. Bei ihr funktioniert die Magie immer am besten. Fliegt ihr eher zu. Ein paar von uns haben Mühe, die einfachsten Formeln zustande zu bringen. May ist immer die Erste und die Beste. Der eine oder andere von uns hat sich schon gefragt …« Er zuckte die Achseln. »Es hat eben Gerede gegeben. Zu was sie sonst noch in der Lage sein könnte. Was sie vielleicht vor uns geheim hält.«
    »Was auch das ›Abschirm‹ritual erklären würde. Sie wird versehentlich etwas getan haben, das ihr einen Schreck eingejagt hat. Wahrscheinlich ist es dann auch dieses Ritual, das Sie beide hier drinnen festhält.«
    Ich hatte eine Vorstellung, warum May die stärkste Formelwirkerin war. Ein Erbteil von wirklichem paranormalem Blut wahrscheinlich. Welche Spezies genau das gewesen sein mochte …
    »Diese Gerüchte«, sagte ich. »Über May Donovan …«
    »Sie kommen.«
    Beim heiseren Klang der Stimme stellten sich mir die Härchen im Nacken auf. Sie kam aus Hopes Richtung, klang aber nicht im Geringsten nach ihr.
    Als ich mich zu ihr umsah, hatte sie sich auf die Seite gedreht; das Haar fiel ihr übers Gesicht. In dem trüben Licht kam mir ihr Gesichtsausdruck zunächst vor wie Furcht, aber als ich mich über sie beugte, um sie zu beruhigen, sah ich, dass sie lächelte. Ihre goldbraunen Augen glitzerten, und ihre Lippen waren nach hinten gezogen und legten die weißen Zähne frei, die in der Dunkelheit schimmerten.
    »Hope?«
    Sie zwinkerte verwirrt, und das Lächeln wurde etwas wackelig, kehrte aber zurück, weniger gefährlich, eher … glückselig. Ihre Augen rollten nach oben, und ihre Lippen öffneten sich wieder; sie stieß einen zischenden Seufzer puren Vergnügens aus.
    Das Geräusch schien an meinem Rückgrat entlangzukratzen. Ich erkannte den Gesichtsausdruck, den Seufzer. Als ich seinerzeit meinen eigenen Pakt mit dem Dämon geschlossen hatte, hatte er für die Dauer der Beschwörung Menschengestalt angenommen. Während ich mich wand vor Widerwillen, als der Mörder seine Taten beschrieb, hatte ich genau diesen Ausdruck auf dem Gesicht des Dämons gesehen – er hatte das Chaos nur so aufgesogen.
    Aber Halbdämonen waren nicht dämonisch. Wie bei allen anderen Paranormalen war das Böse auch bei ihnen eine Entscheidung, kein ererbtes Schicksal. Hopes Worte fielen mir ein – »Andere Halbdämonen kriegen irgendeine ungewöhnliche Gabe, aber ohne die dämonische Verbundenheit mit dem Chaos.
Ich
kriege die Verbundenheit ohne die Gabe« –, und plötzlich glaubte ich zu verstehen. All diese Gelegenheiten, als sie verlegen und mit schlechtem Gewissen den Blick abgewandt hatte, wenn ich Mitgefühl äußerte für die entsetzlichen Dinge, die sie miterleben musste …
    Entsetzliche Dinge? Ja. Entsetzen? Nicht bei ihr.
    Und jetzt, als sie hörte, wie unser potenzieller Mörder sich näherte, empfand sie nicht Furcht, sondern …
    Ich wandte mich ab. Ich musste nachdenken.
    »Jaime?«
    Ich zwang mich, sie nicht anzusehen. Ich erinnerte mich an den

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