Lockruf der Toten / Magischer Thriller
immerhin weißt, was ein Eudämon ist?«, fragte er.
»O ja«, sagte ich eine Spur zu bereitwillig. »Es gibt zwei Typen von Dämonen. Kakodämonen sind diejenigen, die wir beschwören und mit denen wir Abmachungen treffen können. Die Chaosdämonen. Der Typus, der Halbdämonen wie Eve zeugen kann. Aber Eudämonen …«
Ich trommelte mit den Fingern auf dem Oberschenkel, als wäre ich wieder in der Schule und hätte mich stolz zu Wort gemeldet, nur um auf halber Strecke festzustellen, dass ich mehr nicht zu bieten hatte. »Ich kann nicht behaupten, dass ich viel über Eudämonen weiß. Außer dass sie keine Kakodämonen sind. Wir können sie in der Regel nicht beschwören. Sie zeugen keine Kinder …«
»Für die meisten sterblichen Paranormalen ist nur das wichtig. Es ist fast unmöglich, uns zu beschwören. Wir können euch nicht schaffen. Wir sind, wie man sagen könnte, neutral. Sogar gleichgültig. Sowohl euren Freuden als auch euren Leiden gegenüber. Ihr interessiert uns nicht … außer auf der rein akademischen Ebene.«
»Und das ist es, was du bist? Ein Eudämon.«
»Das ist es, was Aratron ist – etwas, das du mit einem Anruf bei Robert Vasic mühelos verifizieren kannst. Und ich behaupte, Aratron zu sein. Aber ob ich tatsächlich er bin, ist weniger leicht festzustellen. Tatsächlich möchte ich behaupten, man kann es überhaupt nicht mit Sicherheit feststellen. Du weißt anhand meiner Stimme, meiner Berührung, meiner Augen, dass ich kein niederrangiger Dämon bin. Das sind Dinge, die ich nicht vortäuschen kann, und selbst wer nicht in Dämonologie bewandert ist, kennt die Merkmale mächtiger Dämonen. Aber könnte ich nicht auch ein Kakodämon sein wie Baal oder Balam oder Luzifer? Wäre ich einer von ihnen, würde es sich nicht empfehlen, in Gestalt eines Eudämons wie Aratron zu erscheinen?«
»Ich nehm’s an …«
»Du siehst mich an, als wäre ich verrückt. Warum diese Möglichkeiten auch nur zur Sprache bringen? Weil du, Kind, es selbst tun würdest, wenn ich es nicht täte – gleich jetzt oder später, nachdem du Gelegenheit hattest, dir die Sache zu überlegen. Ich kann nicht beweisen, dass ich der bin, der zu sein ich behaupte. Du könntest dich an Kristof wenden, aber auch ihm brauchst du nicht zu trauen. Du vertraust Eve, aber sie ist praktischerweise nicht greifbar. Was du allerdings tun kannst – du kannst erwägen, ob Kristof so etwas wagen würde, nicht dir, sondern
ihr
gegenüber. Eve ist sehr darauf aus, ihre Freunde zu schützen. Angesichts der Beziehung dieser beiden – würde er eine Freundin von Eve einer Begegnung mit einem Kakodämon aussetzen?«
»Nein.«
»Dann wird dies in Anbetracht des Fehlens wirklicher Beweise vorerst reichen müssen. Eve kennt mich. Sie hat eine Art Arbeitsbeziehung zu mir aufgebaut, und ich habe sie gern … so gern man einen solchen Schatten haben kann. Ich würde meine Beziehung zu ihr nicht schädigen wollen, indem ich dich schädige.«
»Okay. Du bist also hier, um mir zu helfen, und du willst … nichts dafür haben?«
»Oh, natürlich will ich etwas, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass du mir vorenthalten wirst, was ich haben möchte.«
»Und das ist …?«
»Wissen. Ich besitze wenig
außer
Wissen, davon aber mehr, als du jemals ermessen könntest. Ich sammle Wissen, und manchmal teile ich es mit anderen. Im Austausch gegen neues Wissen natürlich. Und das, woran du gerade herumrätselst, passt in kein dir bekanntes Schema, richtig?«
Ich nickte.
»Und in keines, das euren Gelehrten bekannt ist, richtig?«
Wieder ein Nicken.
»Und, wie ich gestehen muss, auch in keines, von dem
ich
wüsste. Somit ist es neu. Das ist es, was mich fasziniert, und der Grund dafür, dass ich dich auf den richtigen Weg leiten möchte.«
»Und der wäre …?«
»Du weißt es bereits.« Er lächelte. »Ich bin ganz einfach hier, um dir zu sagen, dass du recht hast.«
Ich rutschte auf der Bank herum. »Ich bin nicht gut im Rätselraten.«
»Dann mach dies nicht zu einem Rätsel. Eure Gelehrten und Experten teilen dir mit, dass dies keiner bekannten Form der Magie entspricht. Sie haben dir außerdem mitgeteilt, dass es am ehesten etwas anderem entspricht.«
»Menschlicher Magie. Die nicht möglich ist.«
»Warum nicht möglich?«
Aratron lehnte sich zurück, sein winziges Lächeln auf den Lippen – nicht spöttisch, sondern ermutigend, wie ein geduldiger Lehrer, der wollte, dass ich in seiner Unterrichtsstunde Erfolg hatte.
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