Lockruf der Toten / Magischer Thriller
davon halten nur ein, zwei Generationen lang.« Ein kleines Lächeln. »Die Evolution oder ein Schöpfer beim Experimentieren? Es kommt nicht wirklich drauf an, oder?«
»Wahrscheinlich nicht.«
»Einige dieser Mutationen halten sich jahrhundertelang, nur um auszusterben, wenn das, was sie einzigartig gemacht hat, nicht mehr gebraucht wird … oder nicht mehr einzigartig ist. Stell dir vor, diese Wissenschaftler da drin« – eine Handbewegung zum Haus hinüber – »fänden eine Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass jeder Mensch mit den Toten sprechen kann. Was würde mit deiner Spezies geschehen?«
»Wir würden … aussterben?«
»So drastisch wäre es nicht. Ihr würdet ganz einfach wieder mit dem Genpool verschmelzen. Nekromanten als eine einzigartige Spezies würden verschwinden. Es ist auch anderen schon passiert. Dryaden, Elfen, Nymphen, all diese Naturwesen – in der modernen Welt hat es einfach keinen Platz mehr für sie gegeben. Ihre Zeit ist vorbei. Es ist nicht wichtig. Andere werden kommen.«
»Genetische Querschläger, aus denen sich Spezies entwickeln. Aber das muss doch viele Generationen dauern.«
»Ja, aber manchmal ist es auch mehr als ein zufälliger genetischer ›Querschläger‹, der eine Veränderung bewirkt.«
Er hob die Rose an die Nase und bot sie dann mir an.
»Riechst du etwas?«, fragte er.
Ich schnupperte. »Sehr schwach.«
»Eine Mutation. Nicht durch die Natur, sondern durch den Menschen bewirkt. Eine robustere Rose, eine resistentere Rose, eine länger blühende Rose. Entschieden eine Verbesserung wilden Rosen gegenüber, aber nichtsdestoweniger …« Er schnupperte und seufzte. »Es gibt auch Nachteile.«
Er sah mich an. »Du sagst, menschliche Magie ist unmöglich, weil sie nie existiert hat. Aber was, wenn …« – er ließ mir die Rose in den Schoß fallen – »… es irgendwo ›klick‹ gemacht hätte? Ein Zusammentreffen von Natur und Wissenschaft?«
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14 Lernkurve
Z wei Stunden später saß ich Jeremy gegenüber, an einem Tisch in einer Ecke eines halb leeren Restaurants. Wir achteten darauf, es leise zu halten, als ich ihm von Aratrons Besuch erzählte. Ich weiß nicht, warum wir uns überhaupt die Mühe machten – jeder Mensch, der uns über die Evolution der paranormalen Spezies und das mögliche Auftauchen einer neuen Macht hätte reden hören, hätte uns für Produzenten oder Drehbuchautoren gehalten, die auf der Fantasy-Welle ritten. Und der Besuch, den mir ein Dämon im Garten gemacht hatte? Dies war Hollywood. Der Pakt mit dem Teufel gehörte hier zum Lebensstil.
Es war ein winziges Restaurant, mit besserem Essen, als das Ambiente vermuten ließ. Kaum waren meine Meeresfrüchte-Linguine da, schob ich einen Teil davon auf Jeremys Teller hinüber. Er protestierte nicht, nahm sie nur mit einem gemurmelten Danke an, wie er es immer tat. Die erhöhte Stoffwechseltätigkeit eines Werwolfs kann das Essen im Restaurant zu einer etwas unbefriedigenden Erfahrung machen, und es war ja nicht so, als ob
ich
die Nahrung gebraucht hätte. Mein Stilberater beschwerte sich jetzt schon wegen der drei Pfund, die ich im Lauf des vergangenen Jahres zugelegt hatte. Ich versuchte ihn zu ignorieren, aber nach all den Jahren, in denen ich in Panik geraten war, wenn die Nadel an der Waage auch nur zu zittern begann, war das so einfach nicht.
»Also«, sagte ich, während ich auf meinem Teller herumstocherte, »es läuft darauf hinaus, dass Aratron glaubt, jemand – irgendeine Gruppe von Leuten – hätte die Barriere durchbrochen, entweder durch wirklich solides wissenschaftliches Experimentieren oder ganz banal durch Glück.«
»Du meinst damit, sie haben eine Form menschlicher Magie entdeckt, die funktioniert.«
Ich nickte. Er stellte das Weinglas ab und starrte zu der leeren Wand hinter mir. Seine dunklen Augen waren ebenso leer – als habe er die Läden geschlossen, während er nachdachte.
Nach ein paar Sekunden sagte er: »Ich bin nicht der Geeignetste, um dieser Sache nachzugehen. Menschenmordende Werwölfe, das verstehe ich. Aber Menschen, die mit Hilfe von Magie töten? Ich weiß nicht mal, wo ich anfangen soll.«
In meiner Magengrube machte sich ein kaltes Gefühl breit. »Du würdest mir hier lieber nicht helfen.«
»Natürlich will ich helfen.« Sein Knie streifte mein Bein. »Was ich damit sage, ist einfach – ich bin hier überfordert.« Ein schiefes kleines Lächeln. »Und das ist eine Situation, an die ich nicht gewöhnt bin. Ich bin
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