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Lockruf der Vergangenheit

Lockruf der Vergangenheit

Titel: Lockruf der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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Colin.«
    »Gut.« Er ließ meine Hände los und umfaßte fest meine Schultern. »Ich bitte dich, noch einmal zu versuchen, dich an das zu erinnern, was vor zwanzig Jahren im Wäldchen geschah.«
    »Was?« sagte ich verblüfft.
    »Bitte, Leyla, auch wenn es vielleicht sehr schmerzhaft für dich ist, versuche, dich zu erinnern, was damals war.«
    »Aber ich verstehe nicht. Warum denn?«
    »Weil ich glaube, daß dein Vater ermordet wurde, und ich muß wissen, von wem.«
    »Colin!«
    »Ich weiß, was du denkst! Daß es sinnlos ist – «
    »Nein, warte –!«
    »Laß mich zu Ende sprechen, Leyla.« Seine Augen waren plötzlich sehr lebendig. »Ich habe nie geglaubt, daß dein Vater Hand an sich gelegt hat, aber ich konnte nichts beweisen. Und ich konnte nicht darüber sprechen, weil die ganze Familie mich haßt. Ich weiß, wie unglaubwürdig das für dich klingen muß, nachdem ich die ganze Zeit das Spiel der Familie mitgemacht habe und so getan habe, als wäre ich mit den anderen einig. Als du nach zwanzig Jahren plötzlich hier vor der Tür standest, war das für mich wie ein Geschenk des Himmels. Und als du sagtest, du wolltest dir deine Vergangenheit zurückerobern, schöpfte ich Hoffnung. Ich war von Anfang an auf deiner Seite, ich wartete sehnlichst darauf, daß du dich erinnern würdest. Aber als du dann plötzlich aufgabst, einfach die Waffen strecktest, weil du das Buch gelesen hattest, war ich verzweifelt.« Er sah mich flehend an, als er sagte: »Ich weiß, daß du kein Verlangen mehr hast, dich der Ereignisse zu erinnern, die du als Kind miterlebt hast, aber ich bitte dich, Leyla, versuche es noch einmal – mir zuliebe.«
    »Colin, ich bin ganz verwirrt. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Du weißt jetzt, daß es die Erbkrankheit gibt, und du glaubst daran, daß dein Vater Selbstmord beging, nachdem er deinen Bruder getötet hatte. Warte, laß mich ausreden. Ich möchte, daß du wieder die wirst, die du warst, bevor du das Buch gelesen hattest; daß du noch einmal versuchst, dich zu erinnern. Ich glaube, daß dein Vater unschuldig war.«
    »Und du hast das den anderen nicht gesagt?«
    »Ich kann nicht, Leyla. Sie hören nicht auf mich. Sie – «
    »Warum hassen sie dich, Colin?« fragte ich leise. Er starrte mich einen Moment an, dann ließ er plötzlich meine Schultern los, und seine Arme sanken herab. »Aus einem Grund, den ich dir schon längst hätte sagen sollen.«
    »Was ist das für ein Grund?«
    »Ich bin kein Pemberton, Leyla, jedenfalls nicht von Geburt. Mein leiblicher Vater war ein Mann namens Haverson, ein Schiffskapitän, der auf See ums Leben kam, als ich gerade geboren war. Etwa anderthalb Jahre später heiratete meine Mutter Richard Pemberton und brachte mich hierher.«
    »Aber warum hassen sie dich dafür?«
    »Weil ich den Tumor nicht zu fürchten brauche.«
    »Ach, Colin – das kommt alles so plötzlich…«
    »Sir John faßte damals, als ich ins Haus kam, eine ungewöhnliche Zuneigung zu mir. Er änderte sein Testament und setzte mich zum Alleinerben ein unter der Voraussetzung, daß Onkel Henry kein Testament machen sollte. Aber ich wußte nicht, daß er tatsächlich keines gemacht hatte, Leyla, das schwöre ich dir.«
    »Ich glaube dir.«
    Er sah mich an, als sähe er mich zum erstenmal. »Du glaubst mir?«
    »Aber ja«, antwortete ich. »Wie merkwürdig, daß du mir gerade jetzt all diese Dinge erzählst.«
    »Willst du dann noch einmal versuchen, dich zu erinnern? Ich weiß, wie verwirrend es für dich sein muß – «
    »Ach, das ist es nicht, Colin«, unterbrach ich ihn aufgeregt. Am liebsten hätte ich gelacht. »Das ist es nicht. Im Gegenteil, du kannst dir nicht vorstellen, wie erleichtert ich bin. Endlich kann ich dir alles sagen.«
    »Was denn?«
    »Alles, was ich herausgefunden habe und was ich bis jetzt für mich behalten mußte. Endlich kann ich mit dir darüber sprechen.«
    »Dann hast du dich erinnert?«
    »Nein, nein. Noch nicht. Ich will es aber, und nicht nur, weil du mich darum gebeten hast. Du weißt nicht, Colin, wie schrecklich es für mich war, alles mit mir allein herumtragen zu müssen.«
    »Worum geht es denn? Was hast du herausgefunden?« Ich erzählte ihm alles. Ich berichtete ihm von meinem ersten Besuch bei Dr. Young, von der gefälschten Seite in Cadwalladers Buch, von meinen Gefühlen, meinem Zorn und meiner Erbitterung und von Dr. Youngs Überlegungen. Als ich von der tödlichen Dosis Digitalis berichtete, die Dr. Young in Henrys Blut

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