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Lockruf der Vergangenheit

Lockruf der Vergangenheit

Titel: Lockruf der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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ließ mich auf mein Sofa niederfallen und schlug die Hände vor mein Gesicht. »Das kann nicht sein«, murmelte ich vor mich hin. »Das kann nicht sein. Oh, mein Gott… Erinnere dich, Leyla. Denk zurück!« Aber es war eindeutig. Die Kopfschmerzen waren zum erstenmal aufgetreten, nachdem ich das Restchen meines Briefes an Edward im Kamin in der Bibliothek gefunden hatte. Von da an hatten sie mich jeden Tag geplagt. Jedesmal, daran erinnerte ich mich genau, hatten sie angefangen, nachdem ich etwas getrunken hatte. Den Tee beim Frühstück, der schon in meiner Tasse gewartet hatte, als ich gekommen war. Den Wein beim Essen, den mir jemand anders eingegossen hatte. Die heiße Milch vor dem Schlafengehen, die man mir auf mein Zimmer brachte. Es konnte keinen Zweifel mehr daran geben, daß man mir das gleiche antat, was man Henry angetan hatte, und ich war überzeugt davon, daß Dr. Young, wenn ich ihm eine Probe meines Frühstückstees brachte, darin Extrakt des Fingerhuts feststellen würde.
    Zu meinem Zorn und meiner Entschlossenheit von zuvor gesellte sich jetzt Furcht; eine Furcht, die mich zu lähmen drohte. Wer ist es? fragte ich mich wieder. Wer will mich töten? Und warum?
    Ich schlief sehr schlecht in dieser Nacht. Alpträume und schreckliche Beklemmungen quälten mich. Und da ich kein Laudanum mehr nehmen wollte, mußte ich die ganze Nacht die unangenehmen Auswirkungen des Digitalis ertragen – rasende Kopfschmerzen, Übelkeit und schließlich auch noch Leibschmerzen.
    Als ein Mädchen mir das Frühstück aufs Zimmer brachte, wartete ich, bis sie gegangen war, dann goß ich etwas von dem Tee in das kleine Flaschen, in dem vorher das Laudanum gewesen war und das ich gründlich ausgespült hatte. Den Rest des Tees schüttete ich ins Feuer. Ich wartete bis Mittag, ehe ich aus dem Haus ging, da ich wußte, daß sich inzwischen alle an meine nachmittäglichen Spaziergänge gewöhnt hatten und nichts Merkwürdiges mehr daran fanden. Anna war in ihrem Zimmer, sie fühlte sich nicht wohl; Theo und Martha saßen im Salon, Theo las und Martha stickte, und Colin war nicht im Haus, vermutlich ausgeritten.
    Das kleine Fläschchen in der Tasche meines Umhangs, machte ich mich auf den Weg zu Dr. Young.
     
     
    Er war ernst, als er wieder in den gemütlichen kleinen Salon trat, und ich sah meinen Verdacht bestätigt, als er sagte: »Sie hatten recht, Miss Pemberton. Dieser Tee enthält genug Digitalis, um Sie sehr krank zu machen.«
    »So ist das also.« Ich drehte meine Handschuhe in den Händen. »Dann hat vermutlich jemand aus der Familie damit gerechnet, daß ich heute krank in meinem Bett bleiben und mir wegen des Tumors die Augen ausweinen würde«, sagte ich bitter.
    »Es war gut, daß Sie mir den Tee gebracht haben. Jetzt können wir zur Polizei gehen.«
    »Nein!«
    »Miss Pemberton, wir haben unwiderlegbare Beweise – «
    »Bitte, Doktor, ich will keine Polizei. Das wäre nur gefährlich für mich.«
    »Und ist es jetzt vielleicht nicht gefährlich für Sie?«
    »Nun, vorläufig wenigstens kann ich so tun, als fühle ich mich nicht wohl. Ich muß versuchen, mich zu erinnern, Dr. Young.« Ich hatte ihm erklärt, warum mir das so wichtig war. »Und wenn ich mich erinnere, können wir zur Polizei gehen.«
    »Aber vielleicht ist es dann zu spät.«
    »Diese Gefahr muß ich auf mich nehmen.«
    »Sie sind eine mutige Frau, Miss Pemberton.«
    Ich lachte. »Jemand anders würde es leichtsinnig nennen. Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe, Dr. Young, und auch für den Tee und die Kekse. Ich werde von jetzt an wohl sehr vorsichtig sein mit dem Essen…«
    »Dann bleiben Sie doch zum Abendessen, Miss Pemberton. Es ist manchmal recht einsam hier, obwohl ich meine Arbeit und meine Bücher habe.«
    »Nein, Doktor«, antwortete ich, »Sie wissen, daß ich gehen muß. Aber ich komme wieder. Und das nächstemal hoffentlich, um Sie zu bitten, mich zur Polizei nach East Wimsley zu begleiten.« Da der Nachmittag noch jung war und ich gern mit meinen Gedanken allein sein wollte, schlug ich Dr. Youngs Angebot, mich nach Pemberton Hurst zu bringen, dankend aus. Widerstrebend ließ er mich gehen, nachdem ich ihm hatte versprechen müssen, sofort zu ihm zu kommen, wenn Gefahr im Verzug sein sollte.
    Jemand auf Pemberton Hurst wollte meinen Tod, wollte nun auch mich ermorden. Aber warum? Warum hatte man mich mit dem gefälschten Brief aus London hierher gelockt? Nur um mich zu töten? Henry gehörte jetzt nicht mehr zu den Verdächtigen. Konnte

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