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Lockruf des Blutes

Lockruf des Blutes

Titel: Lockruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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ebenfalls?«
    Sie schnippt sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. »Na und? Eine Menge Leute kommen aus Boston. Ich bin da geboren. Meine Eltern auch. Was soll das?«
    Ihre Einstellung mir gegenüber macht mich allmählich wütend. Ich spiele mit dem Gedanken, ihr von meiner Unterhaltung mit Frey heute Vormittag zu erzählen – dass er behauptet hat, ihre angebliche Unterhaltung mit ihm hätte nie stattgefunden. Doch ich weiß noch nicht, wem ich in dieser Sache glauben soll. Besser, ich behalte das für mich. Obwohl Carolyn reinen Abscheu in mir weckt, muss ich dafür sorgen, dass sie weiterhin mit mir kommuniziert.
    Carolyn greift nach einer Schachtel Zigaretten. Das nehme ich als Signal zum Aufbruch. Die Atmosphäre hier drin ist widerlich genug, auch ohne Zigarettenrauch. Ich sehe auch keinen Sinn darin, mich heute Abend noch einmal mit Carolyn zu treffen. Sobald ich wieder in der Schule bin, werde ich meiner Mutter sagen, dass sie sie nicht anrufen soll.
    Ich frage mich, wie viel ich ihr über die Mutter ihrer einzigen Enkelin erzählen sollte.
    Wohl lieber nicht allzu viel.

Kapitel 11
    A uf der Rückfahrt zur Schule grüble ich über den Faktor nach, der immer wieder auftaucht – die Francos, Daniel Frey, und jetzt auch noch Carolyns Eltern – alle haben eine Verbindung zu Boston. Carolyn hat das als puren Zufall hingestellt. Damit könnte sie recht haben. Kalifornien zieht die Leute aus dem Osten an, verheißt warme Winter und sonnige Strände. Trotzdem werde ich David bitten, da noch ein bisschen tiefer zu graben.
    Es ist kurz nach zwölf, als ich die Schule erreiche. Mom hält auf der Treppe vor ihrem Büro eine Pressekonferenz ab. Polizeichef Williams steht neben ihr. Eine Menge Schüler drängen sich am Rand des Geschehens, einige weinen, andere unterhalten sich leise. Kamerateams schwärmen aus, um all das einzufangen.
    Ich fahre hinten herum und parke auf demselben Platz wie heute Morgen. Die meisten Lehrer sind wohl schon nach Hause gegangen, denn jetzt stehen hier viel weniger Autos. Doch als ich Daniel Freys Unterrichtsraum erreiche, ist er noch da, mit einem halben Dutzend Schüler. Er spürt meine Anwesenheit sofort. Er beendet das Gespräch, und die Schüler gehen langsam hinaus. Keiner von ihnen beachtet mich auch nur im Geringsten, obwohl sich die Schar teilen und um mich herumgehen muss, wie Wasser um den Bug eines Schiffes.
    Frey kommt mir zur Tür entgegen. »Ich brauche jemanden, der mich nach Hause fährt. Wie wäre es, wenn du das übernimmst.« Das klingt nicht wie eine Frage.
    Ich ziehe eine Augenbraue hoch. »Und warum sollte ich dich nach Hause fahren wollen?«
    Ein ungeduldiger Ausdruck zieht seine Mundwinkel herab. »Hör mal, wir wissen beide, dass du vorhast, mir zu folgen. Ich habe meinen Fahrer für heute nach Hause geschickt. Bringst du mich jetzt heim oder nicht?«
    »Also schön. Ich bringe dich nach Hause. Aber ich muss vorher noch im Büro vorbeischauen.«
    Frey trägt seinen Mantel über dem Arm. Mit der freien Hand zieht er die Tür zu seinem Klassenzimmer zu und schließt sie ab. »Ich muss noch an mein Fach. Gehen wir.«
    Ich stöbere in seinem Geist herum, suche nach irgendwelchen Hintergedanken, finde aber nichts. Ich spüre, dass er dasselbe bei mir macht, also schicke ich ihm eine mentale Botschaft: Entweder bist du ehrlich zu mir, was deine Unschuld angeht, oder du bist der beste Lügner, der mir je begegnet ist.
    Er lächelt, nicht gerade herzlich, und steckt den Schlüsselbund in die Manteltasche. Dasselbe könnte ich über dich sagen – ich meine den Teil mit der besten Lügnerin.
    Ich habe dich nicht belogen. Ich habe dir sogar viel mehr gesagt, als ich dir unter diesen Umständen hätte anvertrauen dürfen.
    Vielleicht dachtest du ja auch, dir bliebe nichts anderes übrig. Er lässt einen Finger an seiner Schläfe kreisen. Deswegen.
    Wir gehen auf den Bürotrakt zu, wo die Pressekonferenz fast beendet ist. Frey geht ins Sekretariat, um nach seinem Fach zu schauen, und ich warte auf Mom, in ihrem Büro. Williams ist bei ihr, als sie hereinkommt.
    Er schließt die Tür hinter sich. »Ich habe einen Anruf von der Gerichtsmedizin bekommen«, sagt er. »Barbara ist tatsächlich erwürgt worden. Der Täter hat einen Gürtel dafür benutzt, mit einer Metallschnalle, die einen deutlichen Abdruck hinterlassen hat. Eine ganz besondere Form. Wir haben auch Abdrücke davon an ihrem Körper gefunden, wo sie mit dem Gürtel geschlagen wurde. Hautfetzen unter

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