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Lockruf des Blutes

Lockruf des Blutes

Titel: Lockruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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täte.
    Sie erwidert in selbstgerechter Empörung: »Wir wohnen nun mal nicht alle in großen Villen auf dem Mount Helix. Oder in schicken Strandhäusern. Manche von uns müssen zusehen, wie sie über die Runden kommen.«
    Ich bleibe an dem Teil mit dem Strandhaus hängen. »Woher wissen Sie, wo ich wohne?«
    »Das haben Sie mir erzählt. Gestern Abend. Wissen Sie noch?« Sie äfft mich nach, die Hände in die Hüften gestemmt und den Kopf zur Seite geneigt.
    Davon lasse ich mich nicht ablenken – meine Abneigung gegen diese Frau wächst noch ein Stückchen. »Nein, das habe ich Ihnen gestern Abend nicht gesagt. Das weiß ich ganz genau. Also, ich frage Sie jetzt noch einmal. Woher wissen Sie, wo ich wohne?«
    »Was spielt das schon für eine Rolle?«, fährt sie mich an. »Sind Sie jetzt wegen Trish gekommen oder nicht?«
    Sie hat ja recht, aber sie scheint mehr über mich zu wissen, als mir lieb ist. Ich will dem nachgehen, aber ich habe diese Müllkippe tatsächlich aus wichtigeren Gründen aufgesucht. »Ja, ich bin wegen Trish hier. Aber nein, ich habe nichts Neues. Ich habe stattdessen ein paar Fragen. Wie zum Beispiel die, warum Sie uns gestern Abend nicht erzählt haben, dass Sie schon öfter mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind. Und dass Trish schon früher weggelaufen ist – zwei Mal. Das sind ziemlich wichtige Details, die Sie da ausgelassen haben.«
    Ihr Gesicht rötet sich. »Vielleicht habe ich Ihnen nichts davon gesagt, weil ich wusste, dass Sie mich sonst genauso hochnäsig und herablassend anschauen würden wie jetzt gerade.«
    Als ich nicht darauf eingehe, fährt sie mit genervtem Seufzen fort: »Ja. Trish ist schon zwei Mal weggelaufen. Ich war mit jemandem zusammen, mit dem sie sich nicht verstanden hat.«
    Sofort steht mir der Halslose vor Augen. »Der Kerl, der gerade gegangen ist?«
    »Nein, nicht der. Ich lebe jetzt allein. Ich meine, allein mit Trish. Deswegen mache ich mir ja solche Sorgen. Es muss irgendetwas Schlimmes passiert sein, dass sie einfach so abgehauen ist. Ich bin vielleicht nicht die beste Mutter der Welt, aber ich habe ihr immer ein Zuhause gegeben. Dafür gesorgt, dass sie Kleidung und Essen und ein Dach über dem Kopf hatte.«
    »Und sie mit Drogen versorgt?«
    Carolyn wirkt ehrlich entsetzt. »Warum, um Himmels willen, stellen Sie mir so eine Frage?«
    »Kommen Sie, Carolyn«, herrsche ich sie an. »Haben Sie wirklich geglaubt, ich würde nicht herausfinden, dass Sie schon mal wegen Drogenbesitz verhaftet wurden?«
    »Es wurde keine Anklage erhoben«, erwidert sie. »Und das waren nicht meine Drogen. Sie haben dem Kerl gehört, von dem ich Ihnen gerade erzählt habe. Der, den Trish nicht mochte. Sofort danach habe ich ihn rausgeworfen. Herrgott noch mal, ich wusste doch nicht, dass ich Drogen mit mir herumschleppe. Er hatte sie mir in die Handtasche geschmuggelt.«
    Mir entgeht nicht, dass sie ihre Geschichte abwandelt. Jetzt hat sie den Kerl rausgeworfen, weil er sie in Schwierigkeiten gebracht hat, und nicht wegen Trish. Doch ihre Antwort ist überzeugend genug. Widerstrebend gebe ich ihr recht, vor allem, weil David ebenfalls bestätigt hat, dass die Vorwürfe gegen sie fallengelassen wurden. »Was ist mit der Trunkenheit am Steuer?«
    Ich kann ihren Verstand förmlich ticken hören, während sie überlegt, ob sie das zugeben oder leugnen soll. Ich nehme ihr die Entscheidung ab.
    »Sagen Sie mir die Wahrheit. Auch wenn es nicht zur Gerichtsverhandlung kommt, hinterlässt ein solcher Fall immer eine Spur in irgendeiner Akte. Ich finde es so oder so heraus.«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Ich hatte mal ein Alkoholproblem.«
    »Sie hatten?«
    »Ich habe mir Hilfe gesucht. Über das Krankenhaus. Ich habe ein Rehabilitationsprogramm mitgemacht, und die Vorfälle wurden getilgt.« Sie wirft mir einen vorwurfsvollen Blick zu. »Haben sie jedenfalls behauptet.«
    »Wie haben Sie es geschafft, trotz alledem Ihren Job als Krankenschwester zu behalten?«
    Ihr Blick flackert zur Seite, dann wieder zu mir zurück. »Ich bin eine gute Krankenschwester«, sagt sie.
    Unwillkürlich schweift mein Blick noch einmal durch den Raum, und ich kriege eine Gänsehaut bei der Vorstellung, dass diese Frau kranke Menschen pflegt. Ich schüttele meinen Ekel ab und reiße mich zusammen. »Ich würde gern Trishs Zimmer sehen.«
    Ein argwöhnischer Ausdruck schleicht sich in ihre Augen. »Warum?«
    »Weil ich dort vielleicht einen Hinweis darauf finde, wohin sie verschwunden ist. Oder

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