Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lockruf des Blutes

Lockruf des Blutes

Titel: Lockruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
Vom Netzwerk:
ihren Fingernägeln. Sie hat sich gewehrt. Und Spermaspuren auf ihrer Kleidung. Von mehreren Personen. Wir haben DNS-Proben genommen und gleichen sie jetzt mit unseren Datenbanken ab. Falls wir keinen Treffer landen, haben wir trotzdem mehr als genug für einen Vergleich, wenn wir die Täter erwischen.«
    Williams Tonfall ist distanziert, professionell. Ich bin daran gewöhnt, aber ich merke, wie sehr es meiner Mutter zu schaffen macht. Sie denkt an Trish, und ihre Schultern sind steif vor Anspannung. Williams kann diese Anzeichen ebenfalls lesen, und er wird seine Schlüsse daraus ziehen, wenn ich ihn nicht ablenke. Seine scharfen Augen beobachten sie. Ich spreche ihn auf telepathischem Weg an. Barbara hat nicht kampflos aufgegeben.
    Nun richtet er den Blick auf mich. Ja, sie hat sich gewehrt. Aber wir müssen uns noch über andere Dinge unterhalten. Wir sollten uns unter vier Augen treffen.
    Er lässt nichts von diesen »anderen Dingen« in seine Gedanken dringen. Ich weiß, was du versuchst. Das wird nicht funktionieren. Barbara wurde von Menschen ermordet, nicht von Übernatürlichen. Du willst mit mir über Avery reden, nicht über Barbara. Das geht jetzt gerade nicht.
    In dem Augenblick, während wir diese Botschaften austauschen, drückt meine Mutter die Fingerspitzen an die Schläfen und holt tief Luft. »Was können wir noch tun, Chief Williams?«, fragt sie.
    Ohne zu zögern schaltet er geistig um. »Ich lasse heute Nachmittag und morgen einige Detectives hier auf dem Schulgelände. Aber falls Sie etwas erfahren, falls ein Schüler sich an einen der Berater oder einen Lehrer wendet, weil er lieber mit einer vertrauten Person sprechen möchte, dann informieren Sie uns bitte sofort. In solchen Fällen ist das, was wir in den ersten achtundvierzig Stunden herausfinden, meist entscheidend dafür, dass wir den Täter erwischen.«
    Mom nickt und streckt die Hand aus. »Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe«, sagt sie.
    Er schüttelt ihr die Hand, dann mir, und geht, ohne es noch einmal bei mir zu versuchen.
    Mehrere Lehrer und Eltern haben sich vor Moms Bürotür versammelt. Ich nehme mir noch eine Minute Zeit, um ihr zu erklären, dass wir uns heute Abend lieber nicht mit Carolyn treffen sollten, und verspreche, sie später anzurufen, wenn ich im Büro war. Sie fragt nicht, warum, ein deutlicher Hinweis darauf, wie sehr sie mit ihren Gedanken beschäftigt ist. Ich erzähle ihr nicht, dass ich jetzt Daniel Frey nach Hause fahren werde, aus demselben Grund, aus dem ich ihr nicht berichte, was ich heute Vormittag in Carolyns Wohnung gesehen habe. Mom hat im Moment schon genug Sorgen, da will ich sie nicht noch mehr aufregen.
    Frey wartet am Hinterausgang des Bürotrakts auf mich. Wir sind schon am Rand des Parkplatzes, als mir einfällt, dass David mir nur gesagt hat, Frey wohne in Mission Valley. Großes Tal, jede Menge Wohngebiete. Wo fahren wir denn hin?
    Er wirft mir einen Seitenblick zu. Du hast mich also schon durchgecheckt? Das sollte mich wohl nicht überraschen.
    Er dirigiert mich auf den Freeway und zur Abfahrt Friar’s Road. Während der zwanzigminütigen Fahrt dorthin wechseln wir kein Wort und auch keinen Gedanken. Ich weiß nicht, ob Frey in meinem Kopf herumspioniert, deshalb halte ich meine Gedanken ganz neutral. Als wir vor seinem Apartmentkomplex halten, reicht er mir eine Magnetkarte, die ich in ein Lesegerät stecke. Die Zufahrt zu der gesicherten Wohnanlage öffnet sich.
    Die Wohnanlage ist sehr schick. Sie liegt über dem Qualcomm Stadium, mit Blick über die Einkaufszentren von Mission Valley und Fashion Valley und die Stadt. Er dirigiert mich mit knappen Worten, jetzt rechts, links abbiegen, hier parken. »Hier« ist ein numerierter Parkplatz, vermutlich sein persönlicher. Leer, natürlich, denn er hat ja keinen Führerschein.
    Das weißt du also auch, hm? Du warst ja fleißig. Der Blick, den er mir zuwirft, drückt eine Mischung aus Ärger, Verachtung und Abneigung aus. Doch diese abweisende Schwingung, die er ausstrahlt, hat einen seltsamen Beigeschmack. Enttäuschung. Als hätte ich ihn auf irgendeine subtile Art und Weise verletzt.
    Ich schüttele den Kopf und lächle ihn an. Du hast es schon viel zu lange mit Teenagern zu tun. Diese »Ich bin enttäuscht von dir«-Nummer zieht bei mir nicht. Ich habe vor, so viel über dich herauszufinden, wie ich nur kann. Also, wenn du nichts zu verbergen hast, wie du ständig betonst, warum bittest du mich nicht herein? Dann kannst du mir ein paar

Weitere Kostenlose Bücher