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Lockruf des Blutes

Lockruf des Blutes

Titel: Lockruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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rüber.«
    Ich hasse diesen Tonfall. Vor allem von einem wichtigen, uralten Vampir, der mir zwar zweihundert Jahre voraushat, sich mir aber trotzdem geschlagen geben musste. Man sollte doch meinen, dass er mir mit etwas mehr Respekt begegnen könnte.
    Als ich nicht sofort antworte, schnaubt er gereizt in den Hörer. »Hast du mich gehört? Oder bist du stinkig, weil ich nicht bitte gesagt habe?«
    »Bitte wäre nett.«
    »Beiß mich doch, wenn es dir nicht passt. Komm sofort her. Diese Männer, die dich verfolgt haben – rate mal. Sie sind vom FBI.«

Kapitel 25
    D ie Blues Brothers sind FBI-Agenten? »Unmöglich«, sage ich zu Williams. »Das kann nicht sein.«
    »Ach ja? Das darfst du denen gleich selbst sagen. Sie sind schon auf dem Weg zu meinem Büro. Und sie wollen dich sehen. Ich habe ihnen gesagt, dass du hier sein wirst, also setz dich sofort in deinen heißen Schlitten und komm in die Stadt. Jetzt.«
    Er legt auf, und ich höre nur noch leere Luft. Das passt alles nicht zusammen. Wenn sie vom FBI sind, was haben sie dann bei Freys Wohnung gemacht? Und warum haben sie sich nicht ausgewiesen?
    Scheiße.
    Da ich noch gar keine Zeit hatte, meine Handtasche abzulegen oder die Jacke auszuziehen, mache ich einfach kehrt und gehe zurück zum Auto. Das Hauptquartier des SDPD liegt am Broadway zwischen der 13 th und 14 th Street. Dürfte nicht länger als eine Viertelstunde dauern. Dieses eine Mal hoffe ich sogar, dass der mittägliche Verkehr mich aufhalten wird. Ich brauche Zeit zum Nachdenken.
    Doch wie es der Zufall will, ist jede Ampel grün. Keine einzige Straßenbahn kommt mir in die Quere, und ich finde einen Parkplatz direkt vor dem großen Gebäude aus Granit und Stahl. Der Empfangsbereich wartet mit einfachen blauen Plastikbänken auf, bei denen keinerlei Wert auf Bequemlichkeit gelegt wurde. Hinter dem Empfangstresen sitzt ein Polizist, vor mir wartet eine Schlange von etwa zehn Leuten. Ungeduldig trete ich von einem Fuß auf den anderen und warte, bis ich drankomme. Williams hat Bescheid gegeben, dass ich erwartet werde, und der Sergeant am Empfang gibt mir einen Code, den ich am Aufzug eingeben soll. Das gehört hier zu den Sicherheitsmaßnahmen. Niemand betritt irgendetwas außer dem Empfang, ohne einen Code eingeben zu müssen.
    Der Aufzug saust hinauf ins oberste Stockwerk. Ein weiterer uniformierter Polizist in einem weiteren Empfangsbereich begrüßt mich. Williams hat Befehl gegeben, mich sofort zu ihm zu geleiten.
    Nun treffe ich Williams zum ersten Mal in seinem eigenen Revier. Er sitzt an einem großen Mahagonischreibtisch, eine aufgeschlagene Akte vor sich. Er blickt nicht auf, sondern nimmt mein Eintreten nur mit einem Wink zu einem der drei Stühle vor seinem Schreibtisch zur Kenntnis. Er benutzt keine Vampir-Wellen, um mir einen Gedanken oder ein Gefühl zu schicken. Sein Geist ist eine einzige verschlossene Leere. Ich sorge dafür, dass meiner genauso aussieht.
    Ich setze mich und blicke mich um. Sein Büro ist beeindruckend – groß, jede Menge Fenster, Aussicht auf die Coronado Bay Bridge. In Vitrinen sind Erinnerungsstücke aus Vergangenheit und Gegenwart versammelt. Eine Menge Polizeikram, alte Abzeichen, antike Waffen. Nur ein Vampir käme auf die Idee, zu überlegen, ob das Sachen aus seiner eigenen Vergangenheit sind, die er als Mann des Gesetzes über mehrere Generationen hinweg benutzt hat. Zum ersten Mal frage ich mich, ob Williams schon immer Polizist war.
    Ich richte den Blick wieder auf ihn. Hier hat er eine andere Ausstrahlung, er hält sich anders, wirkt kühler und professioneller. In Uniform ist er eine imposante Erscheinung. Er ist groß, über einsneunzig, schlank. Ich nehme an, er muss etwa in meinem Alter gewesen sein, als er zum Vampir wurde, denn seine Haut ist glatt, das Gesicht faltenfrei bis auf kleine Lachfältchen in den Augenwinkeln. Er hat mir einmal gesagt, dass er, um als fünfzig Jahre alter Mensch durchzugehen, sich von einem Profi graue Strähnchen ins Haar färben lässt.
    Vermutlich werde ich es bald genauso machen müssen.
    Bei dem Tempo, mit dem du andere Leute auf die Palme bringst, wirst du wohl nicht lange genug leben, als dass du dir darum Sorgen machen müsstest.
    Der Tonfall ist trocken. Er hat den Blick gehoben und späht unter halb gesenkten Lidern über den Schreibtisch. Du hast mir nicht die volle Wahrheit über deine Abenteuer von heute Vormittag erzählt, nicht wahr?
    Ah. Du redest mit mir. Gut. Ich dachte schon, du hättest mich

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