Lockruf des Blutes
Unterhaltung werden könnte. Ich verschränke die Arme und blicke auf sie herab. »Was wollen Sie?«
Bradley schlägt ein Bein über und lehnt sich zurück. »Ihr Freund hat anscheinend auch ein paar Tricks drauf. Er hat sich wohl unsichtbar gemacht. Ist weder bei seiner Wohnung noch in der Schule erschienen.« Er blickt sich in meinem Wohnzimmer um. »Er ist doch nicht hier bei Ihnen, oder?«
»Mein Freund?«
Er zieht eine Augenbraue hoch. »Daniel Frey.«
»Oh.«
Donovan greift das sofort auf. »Ist er denn nicht ihr Freund?«
»Nein.«
»Sollte ich also rein zufällig einen Blick in Ihr Schlafzimmer werfen, dann würde ich ihn nicht da drin vorfinden. Wollen Sie das damit sagen?«
»Ich sage Ihnen, was passieren würde, falls Sie einen Blick in mein Schlafzimmer werfen sollten. Ich würde offiziell Beschwerde einreichen, weil Sie widerrechtlich in meine Wohnung eingedrungen sind. Und dann würde ich Sie beide wegen Belästigung verklagen, dass Ihnen Hören und Sehen vergeht.«
Bradleys Haltung wird steif, er lässt die spielerische Maske fallen. »Sie tun sich damit keinen Gefallen, Ms. Strong.«
»Ich wüsste nicht, wann ich Sie um Rat gefragt hätte, Mr. Bradley.«
Die beiden wechseln denselben vielsagenden Blick wie vor ein paar Stunden in Williams’ Büro. Donovan schüttelt knapp den Kopf und wendet sich wieder mir zu.
»Haben Sie überhaupt eine Ahnung, in was der Kerl verwickelt ist?«
Als ich nichts erwidere, fährt er fort: »Wissen Sie, wie viele Kinder jedes Jahr zu Opfern sexueller Ausbeutung werden? Wie viele Kinder missbraucht, vergewaltigt, zur Prostitution gezwungen, geschlagen, erwürgt und erschossen werden? Wir finden ihre Leichen in Müllcontainern und in der Gosse, am Grund von Seen und Flüssen oder irgendwo in der Pampa. So wie bei Barbara Franco. Daniel Frey ist ein Monster. Und er hat jeden Tag Zugang zu Kindern. Wir müssen ihn aufhalten. Ihre Mutter ist Rektorin seiner Schule, Herrgott noch mal. Es ist mir unbegreiflich, warum Sie uns nicht dabei helfen wollen, ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen.«
Ich denke an das, was ich gerade auf Ryans Computer gesehen habe. Niemand ist so entschlossen, die Männer, die Trish das angetan haben, zu erwischen wie ich. Und falls sie auch für Barbaras Tod verantwortlich sein sollten, dann werden sie dafür ebenfalls bezahlen.
Aber Daniel Frey ist nicht das Monster. Ich blicke in Donovans Gesicht und erkenne, dass nichts, was ich sagen könnte, ihn oder seinen Partner davon überzeugen würde. Die einzige Möglichkeit, die mir bleibt, ist die Schuldigen selbst zu finden.
Das Schweigen zwischen uns zieht sich in die Länge, und Bradley bricht es schließlich, indem er aufsteht und sagt: »Wir haben Sie in keiner Weise beeindruckt, nicht wahr, Ms. Strong?«
Auch Donovan erhebt sich und bleibt kurz stehen, um eine letzte Bemerkung loszulassen. Sein barscher Tonfall trieft vor Verachtung. »Sollten Sie uns auch nur den geringsten Anhaltspunkt dafür vorenthalten, dass wir recht haben, was Frey angeht, und wir finden es heraus, dann werden wir Sie als seine Komplizin verhaften. Damit wir uns recht verstehen, das wären dann unterlassene Hilfeleistung, Behinderung unserer Ermittlungen, Beihilfe zur Entführung, zu schwerer Körperverletzung, Kindesmissbrauch, Zuhälterei mit Minderjährigen und Mord.« Er sieht seinen Partner zur Tür gehen.
»Denken Sie lieber mal darüber nach.« Er holt eine Visitenkarte aus der Jackentasche und lässt sie auf den Couchtisch vor dem Sofa fallen. »Bis Sie wieder aus dem Gefängnis kommen, sind Sie eine ziemlich alte Dame.«
Na ja …
Ich sehe zu, wie die beiden zu der Tür hinausspazieren, durch die sie sich vorhin hereingedrängt haben. Wenn ich auch nur eine Sekunde lang glauben könnte, dass ich Frey in ihren Augen entlasten würde, indem ich ihnen von Carolyn erzähle oder ihnen die Videos zeige, würde ich sie auf der Stelle zurückrufen. Aber die Videos beweisen leider gar nichts. Die beiden haben es sich in den Kopf gesetzt, dass Frey hinter diesem Kinderschänderring steckt, und das kann ich nur ändern, indem ich ihnen die wahren Schuldigen präsentiere.
Kapitel 35
I ch schließe die Tür, bevor ich Ryan aus dem Schlafzimmer rufe.
»Wer waren die?«, fragt er sofort. »Und warum haben sie solche Sachen über Mr. Frey gesagt?«
Er sieht verängstigt und ein bisschen verwirrt aus. »Sie sind FBI-Agenten. Sie glauben, Mr. Frey hätte etwas damit zu tun, was Trishs Mutter und
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