Lockruf Des Mondes
nickte stumm.
»Aber du möchtest immer noch den Wolf sehen?« Eine ihr unerklärliche Furcht vor Zurückweisung stand in seinen gold geränderten Augen.
»Ja.«
Und dann - so schnell, dass sie keine Ahnung hatte, wie es geschehen war - wurde aus dem Mann der Wolf.
Noch nie hatte Emily etwas so Fantastisches gesehen, nicht einmal in ihren kühnsten Träumen. Eine solche Fähigkeit nicht an seine Kinder zu vererben, wäre eine Tragödie. Sie erinnerte sich an ihr Staunen, als sie das erste Mal eine Sternschnuppe gesehen hatte, doch das hier war sogar noch wunderbarer. Wie unglaublich, dass in dieser Welt ein Volk existierte, das zu einer solchen Leistung fähig war!
Emily fühlte sich sehr privilegiert, dieses Wunder mit angesehen zu haben. Lachlan hatte ihr ein weiteres einzigartiges Geschenk gemacht, das sie nie vergessen würde.
Als Mann war er alles, was sich eine Frau nur wünschen konnte; als Wolf war er ein unvergleichlich schönes Tier. Sein Fell war glänzend schwarz. Sie hatte es vergangene Nacht schon so empfunden, aber bei Mondlicht sahen Farben oft nicht ganz so aus, wie sie tatsächlich waren. Und er war auch groß, fast so groß wie sie, doch auf allen vieren. Seine Augen waren braun wie immer, mit Gold um die Iris, sie sahen jetzt nur schärfer aus.
Sein Kopf war groß wie alles andere an ihm, und seine majestätische Haltung erinnerte Emily an die des Mannes. So wie er stets den Anschein erweckt hatte, mehr zu sein als nur ein Mann, schien er jetzt auch mehr zu sein als nur ein Tier. Es war menschliche Intelligenz, die in seinen Wolfsaugen glühte, und er beobachtete sie sehr eindringlich, als wartete er auf irgendetwas.
Zuerst konnte Emily sich nicht vorstellen, worauf, doch dann kam ihr der Gedanke, dass er vielleicht auf ein Zeichen von ihr wartete, dass sie ihn nicht fürchtete. Oder auf eine Aufforderung, sie zu berühren? Das musste es sein, beschloss sie und kniete sich vor ihn hin und streckte ihm einladend die Hand hin.
Langsam kam er näher, wieder mit diesem merkwürdigen Brummen, das sie vergangene Nacht schon gehört hatte, in seiner Brust. Nur wenige Zentimeter vor ihr blieb er stehen. Sie legte den Kopf zurück, und er hob seinen, damit sie sich in die Augen sehen konnten.
Die seinen übermittelten geheime Botschaften an ihr Herz, die sie als Liebe bezeichnete, und ein erstes Anzeichen von Freude verdrängte ein bisschen von dem Schmerz aus ihrem Herzen. Dann leckte er fast zärtlich ihre Wange, und erst da bemerkte sie, dass sie einer einzelnen Träne erlaubt hatte zu entkommen.
Das gleiche Gefühl der Verbundenheit wie in der Nacht zuvor entstand wieder zwischen ihnen, und auch das nannte Emily Liebe, als es noch mehr Schmerz aus ihrem Herz verdrängte.
Dann stieß das schöne Tier ganz sanft mit dem Kopf gegen ihre Schulter, als wollte es etwas von ihr. Sie nickte und strich ihm mit der Hand über seine Schnauze und den Kopf. Der Wolf stand ganz still da und ließ sich von ihr streicheln, bis sie mit einem kleinen Lächeln die Hand an seinen Nacken legte.
»Du magst es, angefasst zu werden, nicht wahr?«
Er nickte mit seinem großen Kopf und ließ sich dann in einer einzigen anmutigen Bewegung auf seinen Hinterbeinen nieder.
»Ich mag das auch«, gestand sie ihm. »Vorausgesetzt, dass du es bist, der mich berührt.«
Konnten Wölfe lächeln? Sie hatte das Gefühl, dass er lächelte, denn als er seine Zähne bleckte, fühlte sie sich nicht von ihm bedroht. Dann erlaubte er sich, was er schon vergangene Nacht hatte tun wollen, vergrub seine Schnauze in ihrem langen Haar und schnupperte daran. Das zufriedene Brummen in seiner Brust wurde lauter. Emily schob ihre Finger in sein Fell und ließ ihre Hand seinen Rücken hinunterwandern. Er gab ein kurzes, erfreutes Bellen von sich, das Emily zum Lächeln brachte.
Eine ganze Weile blieben sie so voreinander hocken, er mit der Schnauze in ihrem Haar und an ihrem Nacken, und sie streichelnd, kraulend und voller Bewunderung für seinen fabelhaften Körper. Sie sagte ihm, wie schön und wunderbar sie ihn fand, und das Brummen in seinem Brustkorb wurde lauter, bis es sogar durch ihren Körper vibrierte, als teilte er seine Wonne und Zufriedenheit mit ihr.
Sie war kein Wolf, doch sie fühlte sich, als wäre sie in ihm und er in ihr.
Ganz unvermittelt wechselte er wieder die Gestalt und kniete, die Arme um sie geschlungen, vor ihr und beschrieb mit seinen Lippen einen Pfad aus heißen Küssen von ihrer Schläfe zu ihrem Mund
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