Lockruf des Verlangens (German Edition)
seiner Gefährtin getan und dabei die Hand des tödlich verletzten Leitwolfs gehalten, während der schon geschwächte Heiler versucht hatte, beide am Leben zu erhalten.
»War dein Vater der Einzige?«
»Nein.«
»Deine Mutter … hat ihren Gefährten verloren.«
Nie sprach er über seine lachende, so begabte Mutter und ihren Schmerz, den Gefährten verloren zu haben – mit niemandem. »Da kommt Lake«, sagte er stattdessen. »Lass uns jetzt zusammen jagen.« Hawke stieß einen schrillen Pfiff aus, und Lake hob die Hand zum Zeichen, dass er verstanden hatte.
Hawke stellte sich vor Sienna und sah, dass ihre Augen vollkommen schwarz waren. »Du kannst deine Geliebten gut auf Distanz halten, nicht wahr?«
Er legte die Hand an ihren Hals. »Dich halte ich nicht gerade auf Distanz.«
»Es gibt mehr als eine Art, das zu tun.« Mehr sagte sie nicht, holte nur ein schwarzes Haargummi aus der Tasche und band ihr Haar zu einem straffen Pferdeschwanz zusammen.
Mann und Wolf waren beide betroffen, aber er hatte sie nicht aufgesucht, um in der Vergangenheit zu graben. »Komm schon, Lake ist gleich hier.« Er rannte den Abhang hinunter und wartete dann auf sie. Sie liefen die Runde in gemäßigter Geschwindigkeit, um ja nichts zu übersehen und sicherzugehen, dass alles so war, wie es sein sollte. »Musstest du meinetwegen das kalte Feuer ableiten?«, fragte er, denn er wollte die Sache endlich vom Tisch haben.
»Nein«, antwortete sie prompt. »Ich wusste schon, dass es stärker wurde – hatte mich bloß verrechnet, was den kritischen Zeitpunkt anging.«
Hawke dachte daran, was ihm Judd eröffnet hatte, und wog es gegen Siennas Willenskraft ab. Er wusste genau, auf wen er setzen würde. »Bist du völlig wiederhergestellt?«
»Ja.«
»Gut.« Er würde die Sache heute Nacht nicht weiterverfolgen. »Wer ist dein liebster Partner auf der Wache?« Das fragte er nicht als Leitwolf, sondern als Mann. Er wollte einfach mit ihr in dieser wunderschönen Nacht zusammen sein, ihre Stimme im Schatten der Mammutbäume hören.
»Du wirst es nicht glauben, aber es ist Maria.« Sienna duckte sich unter einem Ast, ein rubinrotes Haar blieb zurück.
Es gefiel ihm, dass sie unwillkürlich ihr Revier markierte. »Da hast du recht, ich glaube dir wirklich nicht.«
Sie zog die Nase kraus. »Vor dem Kampf haben wir gut zusammengearbeitet. Und danach sind wir Freundinnen geworden.«
»Ja, das habe ich im Wild gemerkt.«
Sie ging nicht auf sein Knurren ein und zeigte auf einen flüchtenden Hasen. »Lake ist sehr ernst – so wie ich. Zusammen sind wir zu still.«
Hawke konnte das nachvollziehen. Sienna brauchte einen Wolf, der spielen wollte. Obwohl Wölfe natürlich nicht die einzigen Raubtiere in dieser Gegend waren. »Hast du den Leopardenlümmel kürzlich gesehen?«
»Falls du Kit meinst, den habe ich zum Lunch getroffen.«
Er spürte die Krallen von innen an seiner Haut – gerade hatten sie eine weitere Anhöhe erklommen, von der sie auf das Territorium hinunterschauen konnten. »So, so, zum Lunch.«
Die meisten Frauen hätten eine Gänsehaut bekommen oder wären zu Stein erstarrt bei seiner drohenden Haltung. Sienna zeigte ihm, wie schockierend gut sie ihn kannte, indem sie ihn unerwartet in die Unterlippe biss, als er sich zu ihr vorbeugte, um etwas mehr von ihr zu erfahren. Bevor er es ihr heimzahlen konnte, war sie schon auf und davon.
Sein Wolf reckte sich vor Vergnügen, denn er spielte sehr gern mit ihr und war sehr begeistert, dass sie diesmal angefangen hatte. Er lief hinter ihr her und stellte sie mit einem Blick, der Rache versprach. Die Antwort war ein kalter Medialenblick … hinter dem sich jedoch ein Lachen verbarg. Gerade wollte er sie an sich ziehen und dieses Lachen auf seinen Lippen schmecken, als er etwas vernahm, das seinen Wolf mitten in der Bewegung erstarren ließ.
Sobald sie Hawkes Regungslosigkeit bemerkte, wurde Sienna ernst. »Was hast du?«, fragte sie so leise, dass sie sich selbst kaum hörte.
Hawke gab keine Antwort, er legte den Kopf nach hinten.
SeinunglaublichschönesWolfsgeheulließihreinenSchauerüberdenRückenlaufen.UnmöglichkonnteesauseinermenschlichenKehlestammen,dochsiesahesjavorsich,sahdieAnspannunginHawkesHalsmuskeln.AlsdasletzteEchoderWarnungverklungenwar,kamenvonüberallherdieAntworten.SiekanntedieKlängederWölfegutgenug,umzuwissen,wassiebedeuteten.
»Los.« Hawke entfernte sich in für sie nicht zu fassender Schnelligkeit von der Grenze.
Etwa dreißig Sekunden später
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