Lockruf des Verlangens (German Edition)
sich auf ein Fensterbrett in der Nähe. »Was ist passiert?« Männer, die gewohnt waren, alles für sich zu behalten, musste man anstupsen. »Hat es etwas mit Sienna zu tun?«
»Wie kommst du darauf?«
»Nur sie löst solche Reaktionen bei dir aus.«
Hawke starrte zu Lucas hinüber. »Sie will nicht mehr mit mir reden.«
»Und das schockiert dich.« Nein, das war es nicht. »Es erstaunt dich, dass sie dagegenhalten kann.«
Hawke blickte finster. »Hört sich an, als wäre ich ein Esel.«
»Kein Esel – nur ein Mann, dem sich selten jemand entgegenstellt.« Sie spürte, dass das Kind nach ihr suchte, und schickte ihm beruhigende Wellen zu, wie tausendmal jeden Tag. »Erzähl mir, warum sie nicht mit dir redet.«
Nachdem Hawke ihr alles erzählt hatte, sagte Sascha: »Verstehe.«
Blassblaue Augen hielten sie fest, sie spürte seine Dominanz bei jedem Atemzug. Wenn sie nicht daran gewöhnt gewesen wäre, mit Lucas zusammen zu sein, hätte sie sich vielleicht geduckt, so aber berührte sie seine Wange und hielt ihm stand. »Lass das.«
Der Wolf strich noch immer hinter dem eisigen Blick herum, doch Hawke sah zur Seite.
»Ich will dich mal was fragen«, sagte sie, nicht sicher, ob sie zu ihm durchdringen würde, denn er war noch früher als Lucas zum Alphatier geworden. »Wenn Judd dich gebeten hätte, Abstand zu halten, was hättest du dann getan?«
Er spannte die Arme an, die Muskeln sprengten fast die Ärmel des T-Shirts. »Das kann man nicht vergleichen.«
»Sie ist eine Kardinalmediale.« Ganz sanft sagte Sascha das, doch sie war ebenfalls eine Kardinalmediale, hinter deren Worten sich große Macht verbarg. »Wenn du eine Beziehung mit ihr haben möchtest, musst du akzeptieren, was sie ist – wenn du eine Entscheidung ignorierst, die sie ihrer Kräfte wegen trifft, ist das überhaupt nicht akzeptabel.«
Hawkes Wolf strich unruhig herum, wollte mit den Pranken nach den Worten schlagen. »Ich muss zurück.« Er hatte noch Hunderte von Dingen zu erledigen, aber das Wichtigste musste sorgfältig geplant werden. Man würde ihm keine Tür mehr vor der Nase zuschlagen – da waren sich Mann und Wolf einig.
ANTWORT DER ESTES PARK POLICE AUF EINE ANFRAGE VON GEORGE KIM IM AUFTRAG DER PROFESSOREN MAE UND ELLISON ELDRIDGE: 8. JANUAR 1975
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Zu unserem Bedauern müssen wir Ihnen mitteilen, dass Alice Eldridge auf ihrer letzten Klettertour einen tödlichen Unfall erlitten hat. Die Rettungseinheiten haben versucht, die Leiche zu bergen, aber sie liegt so tief in einer Felsspalte, dass weitere Bemühungen zu gefährlich wären. Telekinetische Hilfe wurde nicht bewilligt.
35
Ein Rudelgefährte hatte Walker gesagt, Lara sei zum Wasserfall gegangen, aber er konnte sie nirgends entdecken. Schließlich verriet sie ihr leuchtend roter Wollmantel – sie saß am Waldrand und blickte in das tosende Wasser.
Larahatteihnbestimmtschongerochen.Deshalbsetzteersicheinfachnebensie,nahegenug,dasssichihreSchulternberührten.»DuhastSchattenunterdenAugen.«Diehätteergernefortgewischt,obwohlerwusste,dassesnichtmöglichwar.Sieantwortetenicht.»Sprichmitmir,Lara.«Erwaresnichtgewohnt,dassdieFrauschwieg,dieseineengsteFreundingewordenwar.
»Heute Morgen hat mich der Notruf einer Frau erreicht, die im dritten Monat schwanger war.«
Walker merkte auf. »Was ist passiert?«
»Sie hatte eine Fehlgeburt.« Lara fiel das Atmen schwer. »Ohne Vorwarnung, nichts hatte auf irgendwelche Schwierigkeiten hingewiesen. Ich achte immer besonders auf die Schwangeren, aber das ist mir entgangen – « Ihre Stimme klang tränenerstickt. »Ich konnte das Kind nicht halten.«
Er streichelte sacht ihre wilden Locken. »Manche Schwangerschaften enden ohne ersichtlichen Grund. Das weißt du doch.«
»Intellektuell ist mir das klar. Aber … sie leidet so.«
Er strich ihr über den steifen Rücken, ließ die Hand auf ihrer Hüfte ruhen. »Hawke stand mit einem jungen Paar auf der Krankenstation zusammen, als ich nach dir gesucht habe.«
Lara nickte. »Ich habe ihn gerufen. Er wird ihrer Wölfin helfen können und auch ihrem Gefährten.« Sie schlang die Arme um die Knie. »Sie ist stark und gesund, sie wird heilen. Aber ich finde es schrecklich, dass sie solchen Schmerz erleiden muss. Ich kann es selbst kaum aushalten.«
Walker war ein Mann, er würde nie ein Kind austragen, aber er war auch Vater. »Yelene«, sagte er zu seiner eigenen Überraschung, denn darüber hatte er bislang beharrlich Stillschweigen bewahrt, »war schwanger, als wir den
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