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Lockruf des Verlangens (German Edition)

Lockruf des Verlangens (German Edition)

Titel: Lockruf des Verlangens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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Rücken. Und so tanzten sie zum Klang ihres klopfenden Herzens und seiner heißen Atemzüge.
    Etwa um drei Uhr morgens erreichte Judd endlich das Gespenst, und der mediale Rebell erklärte sich bereit, ihn eine Stunde später in den düsteren Mauern eines heruntergekommenen Gebäudes zu treffen. Schwarze Plastikplanen flatterten im Nachtwind, das massive Stahlskelett des Rohbaus erzeugte die Illusion von Dauerhaftigkeit. »Sie sind in letzter Zeit schwer zu fassen«, sagte Judd zu dem Mann, der dem Medialnet so nahestand, dass Judd befürchtete, dessen Wahnsinn könnte auch das Gespenst infizieren.
    Das Gespenst lehnte an einem der Stahlträger, sein Gesicht war im Dunkeln verborgen. »Sie haben mich einmal gefragt, warum ich das alles tue.«
    »Das alles« waren ihre gemeinsamen Anstrengungen, den Rat zu stürzen … Silentium stand allerdings nicht mehr auf ihrer Liste. Denn die Sache war viel komplizierter. Wie die zweite Dissonanzebene in Siennas Geist bewies, brauchten manche Mediale Silentium, oder zumindest einen Teil davon. »Möchten Sie es mir jetzt sagen?«
    Bislang hatte das Gespenst nur zugegeben, dass es zumindest eine Person im Medialnet gab, die ihm etwas bedeutete, deren Tod er nicht wollte. Nur das hielt ihn davon ab, den gesamten Rat auszulöschen und damit eine geistige Schockwelle auszulösen, die das Medialnet destabilisieren und auf diese Weise Millionen von Medialen töten würde.
    »Nein«, antwortete der Rebell. »Aber Sie sollen wissen, dass es einen Grund gibt.«
    Judd begriff auch ohne weitere Ausführungen, dass dieses Ungenannte auch der Grund dafür war, dass das Gespenst beinahe vom Erdboden verschwunden gewesen war. »Ich muss wissen, ob ich aufgeflogen bin.«
    »Nein. Sie und Ihre ganze Familie gelten als tot.«
    »Irgendwelche Gerüchte?«
    »Man munkelt etwas von einem oder einer X-Medialen, aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass so etwas unmöglich ist.«
    Judd fragte sich, wie viel das Gespenst wirklich wusste und wie belastbar ihre Allianz war. Doch ihm war auch klar, dass Sienna bislang ihre Kräfte nur mit sturem Willen unter Kontrolle gehalten hatte und dass es irgendwann so weit kommen musste, dass die X-Anlage mehr forderte, als Sienna überhaupt geben konnte. Er musste sich auf die Loyalität des Gespensts verlassen, die Würfel mussten rollen. Denn falls er es nicht tat und Siennas Kräfte außer Kontrolle gerieten … »Haben Sie schon einmal von Alice Eldridges zweitem Manuskript gehört?«
    »Die Dissertation über die X-Kategorie?« Das Gespenst merkte auf. »Ja. Eines der bestgehüteten und doch immer wieder aufflackernden Gerüchte im Medialnet.«
    »Gibt es Hinweise, dass etwas Wahres daran sein könnte?«
    Es war eine ganze Zeit lang still. »Ich werde Nachforschungen anstellen.«
    »Dafür bin ich Ihnen einen Gefallen schuldig.«
    »Nein, Judd. Das sollten Sie nicht sagen – ich könnte den Gefallen einfordern.« In dieser Feststellung lag etwas so Düsteres, als würde Judd die Erfüllung dieser Pflicht bestimmt nicht behagen.
    »Dann nehme ich es wieder zurück.« Ein plötzlicher Windstoß ließ die schwarzen Planen knattern. Judd betrachtete den Schatten vor sich, dessen Identität er mit fast hundertprozentiger Sicherheit zu kennen glaubte. »Haben Sie je daran gedacht, eine Revolution in Gang zu bringen?«
    »Die könnte im Augenblick nur scheitern. Erst müssen die Grundlagen dafür geschaffen werden, damit die Welle groß genug ist.«
    Judd dachte an alles, was sie miteinander getan hatten, was sie erreicht hatten und was es gekostet hatte. »Wie steht es mit Ihrem Geist?« Noch nie hatte er so direkt danach gefragt, aber die Zeiten hatten sich geändert.
    »Ich bin gesund.« Kurz und knapp. »Obwohl man natürlich darüber streiten könnte, wie man Gesundheit definiert.«

18
    Zwischen Zufriedenheit und Frustration hin- und hergerissen bei dem Gedanken daran, wie er Sienna im Arm gehalten hatte, trank Hawke gerade seinen ersten Kaffee, als ihn Kenji anrief, der Offizier, der nahe der San Gabriel Berge stationiert war. Mit den hohen Wangenknochen, den leuchtend grünen Augen und dem magentaroten Haar sah er aus, als wäre er gerade einem Wüsten-Rave entsprungen – oder einer avantgardistischen Modenschau.
    »Was zum Teufel hast du mit deinen Haaren gemacht?«, fragte Hawke, der sich fast an seinem Kaffee verschluckt hätte. Denn obwohl er vielleicht der Wiedergänger eines japanischen Rockstars war, war Kenji ungefähr so avantgardistisch wie ein

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