Lockruf des Verlangens (German Edition)
Essen.« Judd war wieder im Wald verschwunden, ehe sie sich umgedreht hatte.
»Es tut weh, Lara.« Fast entschuldigend klang das.
Sie drängte das Durcheinander aus Verlangen, Ärger und Verletzung beiseite, das sie fast erstickte, und kniete sich vor ihn. »Lass mal sehen, Schätzchen«, sagte sie und untersuchte erst Brace und dann Joshua. »Haltet doch still.« Mit der Druckpistole verabreichte sie beiden eine Dosis Schmerzmittel.
Nur zu deutlich spürte sie, dass Walker neben ihr in die Hocke ging, spürte die Nähe des großen Mannes, roch seine Witterung, die genauso kühl und zurückgenommen wie der ganze Kerl war. Sie versorgte die beiden Jungen, und er sprach in der Zeit mit ihnen. Was immer sie angestellt hatten, seine Fürsorge beruhigte sie. Doch Lara wünschte sich, dass ihre Wölfin nicht so sensibel auf seine Gegenwart reagierte, ihr Fell stellte sich unter der Haut auf – sie war vorsichtig geworden und hielt Abstand. Beide Hälften von ihr hatten die Lektion nicht vergessen, die ihr Walker Lauren erteilt hatte.
»So«, sagte sie, als die Jungen später Braces Spezialgips aus durchsichtigem Kunststoff genauer begutachteten. »Bei Schmerzen oder Unwohlsein kommt ihr sofort zu mir, verstanden?«
»Danke, Lara.« Ein freundliches Lächeln von Joshua, dann küssten die beiden sie auf die Wange – einer rechts, einer links – erhoben sich und rannten davon, als wären nicht kurz zuvor beinahe Tränen geflossen.
Amüsiert schüttelten Wölfin und Heilerin den Kopf, dann packte Lara alles zusammen; Walker hob den Rucksack ohne größere Anstrengung auf. Ihre Kehle war wie ausgedörrt, und sie musste mehrere Anläufe nehmen, ehe sie etwas Verständliches herausbrachte, aber sie würde sich von Walker nicht aus der Ruhe bringen lassen. »Danke.«
Er nickte schweigend.
Als sie zur Höhle zurückgingen, wehrte sich Laras Verstand gegen die einmal getroffene Entscheidung und überflutete sie mit den Erinnerungen an den Kuss in der Nacht, als sie Riaz’ Rückkehr gefeiert hatten. Die älteren Rudelgefährten hatten spontan eine Begrüßungsparty für den Offizier organisiert. Die Korken knallten und Lara, die normalerweise keinen Alkohol zu sich nahm, trank ein wenig zu viel Champagner. Deshalb fand sie überhaupt den Mut, nicht nur einen Streit mit dem großen Medialen anzufangen, der sie faszinierte, seit er den ersten Schritt in die Höhle getan hatte, sondern ihn auch in eine Ecke zu ziehen, sich auf die Zehenspitzen zu stellen und ihre Lippen auf seinen Mund zu drücken.
Er erwiderte ihren Kuss, lange und intensiv, erst noch zurückhaltend, dann kräftig. Die starken Halsmuskeln waren unter ihren Fingern deutlich spürbar, und sein Kinn kratzte.
Er war so groß, dass sie sich vollkommen ausgeliefert, sinnlich überwältig fühlte, seine breiten Schultern schlossen die restliche Welt förmlich aus. Obwohl sie beschwipst war, würde sie nie einen einzigen Augenblick davon vergessen. Frau und Wölfin waren gleichermaßen erstaunt über diesen Erfolg … über die fünf Sekunden, die ihr vergönnt waren.
Dann hob Walker den Kopf und drängte sie zurück zu den anderen Gästen. Damals hatte sie gedacht, er wolle als Gentleman ihren beschwipsten Zustand nicht ausnützen, würde sich ihr aber, sobald sie nüchtern war, sicher wieder nähern wie alle dominanten Männer, die eine Frau haben wollten. Am nächsten Morgen jedoch meldete er sich nicht, was ihre Stimmung deutlich dämpfte. Erst am Nachmittag rief er an.
Sie gingen spazieren, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Denn sie glaubte, es würde nun richtig anfangen. Bis Walker an einem steilen Abhang stehen blieb, der schroff ins Tal abfiel. Ein Windstoß wirbelte sein Haar durcheinander, als er ihr eröffnete: »Was letzte Nacht geschehen ist, war ein Fehler.« Seine Stimme klang ganz sanft, was alles irgendwie noch schlimmer machte. »Es tut mir leid.«
Ihr Blut war zu Eis erstarrt, aber sie wollte jedes Missverständnis ausschließen und fragte: »Weil ich zu viel getrunken hatte?«
Die Antwort war klar und deutlich: »Nein.«
Sie hätte vielleicht eine witzige Bemerkung machen sollen, bevor sie sich allein auf den Rückweg begeben hatte, aber sie erinnerte sich nur an erdrückend dunkle Gefühle. Er hatte sie dermaßen verletzt. Sie hätte ihm noch vergeben können, wenn es sich einfach um unerwiderte Gefühle gehandelt hätte – man hatte es nicht in der Hand, in wen man sich verliebte, das wusste sie nur zu genau.
Doch am meisten
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