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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Fragen, sondern trat nur ein Stück von der offenen Tür zurück. Den Blick auf den Flur gerichtet, zog er die oberste Schublade der Kommode neben der Tür auf und kramte mit der gesunden Hand darin herum. Ich atmete auf. Dem Himmel sei Dank! Ob er nun eine Salzbombe oder eine Büchse Griechisches Feuer hervorholte – Hauptsache, eine Waffe.
    Er zog ein zerknäultes Gebilde aus Nylonschnur, Holz und Blech hervor. Die Blechstücke stellten Tiere und Vögel dar. Lockwood hatte einen Holzstab am unteren Ende gepackt und fing an, die Schnüre zu entwirren.
    Ich traute meinen Augen nicht. »Hast du nichts anderes da?«
    »Mein Degen ist unten.«
    »Und was soll das hier sein?«
    »Ein Mobile. Als ich klein war, hing es über meinem Bett. Wenn man es so hält, hängen die Tiere an diesem sich drehenden Rad. Dabei spielt eine hübsche Melodie. Die Giraffe mochte ich immer am liebsten.«
    Ich warf einen ängstlichen Blick auf die Tür. »Sehr schön, aber …«
    »Die Tiere sind aus Eisenblech gestanzt. Also, was ist passiert? Deine Knie bluten.«
    »Eine Erscheinung. Zuerst mit dunkler Aura, sondert jetzt aber Anderlicht ab. Nebenwirkungen: Geisterstarre, Nebeldunst und Eishauch. Sie ist mir die Treppe hinuntergefolgt.«
    Lockwood hatte das Mobile entwirrt. Als er es hochhielt und leicht schüttelte, drehte sich der kleine Kreis aus Tieren und klimperte leise. »Machst du bitte die Nachttischlampe aus?«
    Ich tat es. Nun standen wir im Dunkeln. Auf dem Flur ließ sich keine leuchtende Gestalt blicken.
    »Der Geist ist aber da, glaub’s mir«, sagte ich.
    »Wir gehen raus. Nimm einen von meinen Schuhen mit, wenn du am Bett vorbeikommst.«
    Wir schlichen zur Tür, das Mobile vor uns hertragend, und linsten vorsichtig hinaus. Keine Erscheinung, weder auf der Treppe noch im Flur.
    »Hast du den Schuh?«
    »Ja.«
    »Schmeiß ihn gegen Georges Tür.«
    Ich holte weit aus und warf den Schuh quer über den Flur. Er traf die Tür gegenüber mit einem dramatischen Knall. Wir warteten ab und beobachteten die Dunkelheit.
    »Er ist hinter mir die Treppe runtergekommen«, sagte ich.
    »Ich weiß. Sagtest du. Steh schon auf, George …«
    »Bei diesem Krach müsste er doch aufgewacht sein.«
    »Er ist eine Schlafmütze – in mehr als einer Beziehung. Na endlich!«
    George kam aus der Tür gestolpert, blinzelnd und kurzsichtig wie ein Maulwurf. Er trug eine riesige sackartige Pyjamakombination, mindestens drei Größen zu groß für ihn und bedruckt mit grellbunten Raumschiffen und Flugzeugen, die einer kranken Fantasie entsprungen sein mussten.
    »Du, George – Lucy sagt, sie habe einen Besucher im Haus gesehen.«
    »Ich habe ihn gesehen!«
    »Hast du irgendwas Eisernes zur Hand?«, fragte Lockwood. »Wir müssen das überprüfen.«
    George rieb sich die Augen. Er fummelte am Band seiner Schlafanzughose herum, in einem halbherzigen Versuch, sie vorm Runterrutschen zu bewahren. »Weiß nicht. Vielleicht. Wartet.«
    Er drehte sich um und trottete ins Zimmer zurück. Man hörte ihn herumwühlen. Als er zurückkam, hatte er sich wie ein Cowboy einen Schultergürtel umgehängt, der über und über mit Leuchtbomben, Salzbomben und Eisenspan-Dosen bestückt war. Ein leeres Silberglas-Behältnis hing auch noch daran. Zusätzlich trug er eine aufgerollte Eisenkette, einen langen Degen mit reich verziertem Griff und im Bund seiner Schlafanzughose steckte eine Taschenlampe. Seine Füße steckten in riesigen Stiefeln. Lockwood und ich gafften ihn an.
    »Was ist?«, fragte George. »Ich hab immer ein paar Sachen auf dem Nachttisch liegen. Für den Notfall. Wenn du willst, borg ich dir ’ne Salzbombe, Lockwood.«
    Lockwood schwenkte resigniert sein klimperndes Mobile. »Nicht nötig. Ich hab ja das hier.«
    »Wie du meinst. Und wo ist die Erscheinung jetzt?«
    Ich fasste kurz zusammen, was ich erlebt hatte. Dann stiegen wir unter Lockwoods Kommando die Treppe wieder hoch.
    Überraschenderweise hatten wir freie Bahn. Alle paar Stufen blieben wir stehen, schauten und horchten, aber ergebnislos. Die unnatürliche Kälte hatte sich verzogen, der Geisternebel ebenso und auch mit meiner Gabe nahm ich keine Geräusche wahr. George und Lockwood ging es ebenso. Die einzige erkennbare Gefahr bestand darin, dass Georges Schlafanzughose unter dem Gewicht seiner Ausrüstung endgültig herunterzurutschen drohte.
    Im Dachgeschoss angekommen, holte George die Taschenlampe aus dem Hosenbund und leuchtete in meinem Zimmer umher. Alles war dunkel und still. Meine

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