Lodernde Träume
ausgedrückt als dieser Mann hier, dem es offenbar eine diebische Freude bereitete, das Wort »Deckhengst« besonders zu betonen, es sich genüsslich auf der Zunge zergehen zu lassen, was vor den Damen eine absolute Unverschämtheit war. Auch Tyler schien sich an diesem »verbotenen« Wort zu stoßen, obwohl es ihm ja selber gerade eben erst herausgerutscht war.
Der Blick des Mannes ruhte immer noch auf Megan und stürzte sie in maßlose Verwirrung. Jetzt, wo sie ihn angesprochen hatte, ließ er sie mit seinen türkisblauen Augen nicht mehr los und musterte sie genauso ausgiebig von oben bis unten, wie sie es gerade mit ihm getan hatte. Er machte das mit Absicht, das wusste sie. Er zahlte ihr mit gleicher Münze heim. Und sie hatte keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren, denn wenn sie sich seine schamlosen Blicke verbeten hätte, hätte er womöglich süffisant geantwortet, dass er ihr ja nur die gleichen Komplimente mache wie sie ihm - und das musste sie auf jeden Fall verhindern. Doch was er da tat, war alles andere als ein Kompliment. Es war die schlimmste Beleidigung, die man jemandem antun konnte, eine Beleidigung, zu der sich kein Gentleman hinreißen lassen würde, auch wenn er noch so provoziert worden wäre. Doch dieses ungehobelte Benehmen bewies ja gerade, dass er eben kein Gentleman war. Es sei denn, er tat es in der Annahme, es würde ihr gefallen. Großer Gott, nach dem, was sie gemacht hatte, musste er das ja von ihr denken!
»Dann liefern Sie also nur den Hengst ab und gehen dann wieder, oder?« platzte sie heraus.
Dass sie nichts sehnlicher wünschte als das, war unüberhörbar. Tiffany schaute sie überrascht an. Auch dem Mann, der unter ihr auf der Straße stand, war der Unterton nicht entgangen. Doch nur einen ganz kurzen Moment wirkte er verblüfft, dann grinste er. Es war ein breites, unverschämtes Grinsen, das Megan erstarren ließ.
»Ich bin Pferdezüchter, Fräulein, und ich kann diesen Hengst nicht im Stich lassen, denn ich bin der einzige, der mit ihm fertig wird. Sie glauben doch wohl nicht, dass der ehemalige Eigentümer ein Pferd wie dieses hier einfach so aus der Hand gibt, ohne dafür zu sorgen, dass es die richtige Pflege erhält? Das wäre ja wohl sehr eigenartig. Aber ich richte auch Pferde ab, und auch sonst kann ich noch einiges. Ich bin ein Kerl, der zu einigem zu gebrauchen ist. Sehen Sie, ich habe ein Händchen für Pferde - ich behandle sie wie die Frauen. Meistens mit zarter Hand, hin und wieder auch mit festem Griff, wenn sie es brauchen, und wenn sie zu übermütig werden, gibt es einen anständigen Klaps auf das Hinterteil.«
Warum zum Teufel hatte er das nur gesagt, ärgerte sich Devlin. Nur um zu sehen, wie ihre Wangen genauso rot würden wie ihr Haar? Schamröte stand Rothaarigen eigentlich nicht besonders. Doch verdammt, dieses kleine Biest sah auch mit hochrotem Kopf einfach hinreißend aus.
Tyler war empört, wollte aufspringen, um ihn zur Rede zu stellen, er war schließlich ein Gentleman. Devlin hätte sich auch gewundert, wenn er anders reagiert hätte. Doch er entwaffnete den blonden Mann, indem er ihn mit dem unschuldigsten Lächeln fragend anblickte. Und als Antwort erhielt er einen Blick, der sagte: Was kann man von einem Pferdezüchter schon anderes erwarten als die Manieren eines Stallknechtes?
Doch auch für Megan war das zuviel gewesen. Wutschnaubend befahl sie: »Fahren Sie los, Tyler. Ich habe ihn schon entlassen, bevor er überhaupt um Anstellung ersucht hat, das schwöre ich Ihnen!«
Die Zügel knallten, und die Kutsche brauste davon, doch Devlin hörte den jungen Mann noch sagen: »Ich bin sicher, er hat es nicht so gemeint, wie es geklungen hat, zumindest wollte er Sie nicht beleidigen.«
»Natürlich wollte er das!«
»Recht hat sie«, meinte Mortimer, als er neben Devlin trat und wie er der Kutsche hinterherschaute.
»Haben Sie Ihre Sprache wiedergefunden?«
Mortimer schoss das Blut in die Wangen. »Ja, ich gebe zu, es hat mir die Sprache verschlagen. Ich habe tatsächlich noch nie ein so schönes Mädchen gesehen. Doch was haben Sie als Entschuldigung vorzubringen? Sie haben nicht Ihre Sprache, sondern schlicht den Verstand verloren! Das war die Tochter genau des Gutsbesitzers, der weder weiß, dass wir uns in seinem Stall einquartieren werden, noch dass er diesen außergewöhnlichen Hengst erworben hat. Was ist, wenn sie sich jetzt auf der Stelle heimfahren läßt und ihrem Vater alles erzählt?«
Devlin runzelte die Stirn.
Weitere Kostenlose Bücher