Lodernde Träume
Töchtern. Dann öffnet sich die Tür, und ich steige majestätisch heraus, und der schönste Mann der Welt hält mir galant seinen Arm hin. Ich werde natürlich großmütig sein und die Gräfin mit meinem charmantesten Lächeln begrüßen und ihr meinen Mann vorstellen, den Herzog. Und ich werde natürlich ebenso charmant darüber hinwegsehen, dass ihr der Mund vor Verblüffung sperrangelweit offensteht.«
»Worauf du Gift nehmen kannst«, kicherte Tiffany, die für einen Moment von dieser wunderbaren Phantasie genauso gefangen war wie Meg. »Ja, das wäre die gerechte Strafe.« Dann seufzte sie schwer. »Wenn dieser Traum doch bloß in Erfüllung gehen könnte!«
»Er wird in Erfüllung gehen, ich schwöre es dir«, antwortete Megan seelenruhig.
Tiffany erschrak, als sie sah, dass wieder dieser typische Eigensinn von Megan Besitz ergriffen hatte. »Hör zu, laß uns wieder ein wenig auf den Boden kommen. Wenn du einen Mann mit Titel heiraten willst, dann werden wir schon irgendeinen netten Vicomte für dich finden, vielleicht bringst du es sogar bis zum Grafen. Genau, ein Graf, dann bist du Lady O ebenbürtig! Was schüttelst du denn bloß den Kopf, Megan?«
»Wenn ich mich schon dazu hergebe, einen Mann um seines Titels willen zu heiraten, dann gebe ich mich nicht mit kleinen Fischen ab.«
»Aber es zwingt dich doch niemand dazu. Heirate doch aus Liebe und nicht aus Titelsucht!«
»Ich habe mich bereits entschlossen, aus Titelsucht zu heiraten, wenn du es so nennen willst. Und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr gefällt mir die Idee, Herzogin zu sein.«
Tiffany stöhnte. » Muss ich es dir denn erst mit dem Holzhammer beibringen? Also gut, dann schau doch einfach einmal den Tatsachen ins Gesicht: Du magst ja vielleicht irgendwo in deinem Stammbaum auch einen Grafen haben...«
»Vor vier Generationen, plus einen Baron oder zwei.«
»Na schön. Aber trotz allem bist du immer noch die Tochter eines einfachen Gutsbesitzers. Herzöge können Mitglieder des Königshauses heiraten, wenn sie wollen. Sie heiraten keine Gutsbesitzerstöchter.«
»Wrothston wird aber nichts anderes übrigbleiben, und was spricht auch dagegen?« Megan blieb eisern. »Er ist jetzt schon unermeßlich reich, er hat Macht und Einfluss , soviel er will. Er braucht keinen Titel mehr, er kann es sich leisten, aus Liebe zu heiraten. Ein Herzog kann machen, was er will, und braucht sich um niemanden zu kümmern. Mein Stammbaum garantiert immerhin, dass ich nicht völlig unannehmbar bin. Natürlich kann er eine bessere Partie als eine Gutsbesitzerstochter machen, aber er wird gar keine Zeit haben, sich darüber Gedanken zu machen, denn er wird sich in mich verlieben, und zwar hoffnungslos, verstehst du? Und zwar wegen meines verwünschten Gesichts. Es hat mir bisher nichts als Kummer gebracht, aber jetzt wird es das alles wiedergutmachen und mir einen Herzog einbringen.«
In den letzten Worten von Megan klang soviel Bitterkeit und Verletztheit mit, dass Tiffany ihre nächste Frage nur sehr vorsichtig andeutete: »Und was ist mit dir?«
»Was heißt >mit mir«
»Was ist, wenn du ihn nicht liebst?«
»Natürlich werde ich ihn lieben.«
»Und was ist, wenn du ihn einfach nicht lieben kannst? Wenn er widerlich und gemein und einfach überhaupt nicht liebenswert ist?«
»Er kann gar nicht widerlich sein. Er ist schließlich ein Herzog.«
Tiffany musste fast lachen über soviel kindliche Naivität. »Aber was ist, wenn du ihn siehst und sofort ganz tief drinnen weißt, dass er einfach nicht der Richtige ist, dass er dich nur unglücklich machen wird, würdest du ihn dann immer noch heiraten wollen?«
Megan schwieg eine Weile. Dann sagte sie leise: »Nein.«
Tiffany stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Gott sei Dank! dachte sie. Jetzt wurde sie wieder mutiger. »Er könnte auch hässlich sein, weißt du?«
»Kannst du dich nicht an das Stubenmädchen erinnern, das uns gleich zuflüsterte, wie toll er aussieht?«
»Sie wollte doch nur vor uns angeben.«
»Wir waren an dem Tag schon so voller Bewunderung, da bestand gar kein Grund, uns noch zusätzlich beeindrucken zu wollen.«
»Aber du kannst mir doch nicht erzählen, dass du an so einem Ort leben möchtest!«
»Soll das ein Scherz sein?« Megan schnappte nach Luft. »Sherring Cross ist das wunderbarste Schoss , das ich je gesehen habe!«
»Das ist kein Schoss , das ist ein riesiges Mausoleum, das sich über fast drei Hektar Land hinzieht. Der Stall allein ist
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