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Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)

Titel: Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Sachar
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Feldbett umzudrehen, befürchtete er, es könnte unter seinem Gewicht zusammenbrechen. Er passte kaum hinein. Als er es endlich geschafft hatte, sich auf den Bauch zu legen, war der Gestank so ekelhaft, dass er sich wieder umdrehen und versuchen musste, auf dem. Rücken zu schlafen. Die Matratze stank wie saure Milch.
    Obwohl es Nacht war, war die Luft noch immer warm. Zwei Betten weiter schnarchte Deo.
    In seiner Schule hatte es einen Jungen gegeben, Derrick Dunne, der ihn ständig fertig gemacht hatte. Die Lehrer hatten Stanleys Beschwerden nie ernst genommen, weil Derrick so viel kleiner war als Stanley. Manche Lehrer schienen es sogar witzig zu finden, dass ein kleiner Junge wie Derrick es ausgerechnet auf ein Riesenbaby wie Stanley abgesehen hatte.
    An dem Tag, als Stanley festgenommen wurde, hatte Derrick Stanley das Hausaufgabenheft weggeschnappt, ihm damit vor der Nase herumgewedelt und gesagt: »Komm, hol’s dir doch!« Schließlich hatte er es ins Jungenklo geschmissen. Bis Stanley es sich endlich zurückgeholt hatte, war sein Bus weg und er musste nach Hause laufen.
    Auf diesem Nachhauseweg mit dem nassen Heft und der Aussicht darauf, die ruinierten Seiten noch mal abschreiben zu dürfen, waren die Turnschuhe vom Himmel gefallen.
    »Ich bin nach Hause gelaufen und da fielen die Turnschuhe vom Himmel«, hatte er dem Richter erzählt. »Einer ist mir direkt auf den Kopf gefallen.«
    Es hatte richtig wehgetan.
    Genau genommen waren sie natürlich nicht vom Himmel gefallen: Er ging gerade unter einer Überführung hindurch, als ihm der Schuh auf den Kopf fiel.
    Für Stanley war es so etwas wie ein Omen gewesen. Sein Vater war schon seit einiger Zeit daran, ein Recyclingverfahren für alte Turnschuhe zu entwickeln, und nun fiel Stanley plötzlich ein Paar Turnschuhe auf den Kopf, scheinbar aus dem Nichts, wie ein Geschenk des Himmels.
    Selbstverständlich konnte Stanley nicht wissen, dass die Schuhe »Sweet Feet« Livingston gehörten. Süß war an diesen Schuhen wirklich nichts. Wer immer sie getragen hatte, musste Fußschweiß der übelsten Sorte gehabt haben.
    Der Gedanke, dass es mit diesen Schuhen etwas Besonderes auf sich haben musste, dass sie irgendwie der Schlüssel zur Erfindung seines Vaters sein würden, hatte sich Stanley förmlich aufgedrängt. Er konnte nicht an einen Zufall glauben, dafür kamen einfach zu viele Dinge zusammen. Stanley kam es so vor, als hielte er mit diesen Turnschuhen das Schicksal in der Hand.
    Er rannte los. Wenn er jetzt daran zurückdachte, war er sich nicht mehr so sicher, warum er eigentlich gerannt war. Vielleicht hatte er es eilig gehabt, seinem Vater die Schuhe zu bringen, vielleicht wollte er auch bloß vor dem ganzen Elend und den Demütigungen davonrennen, die er an diesem Tag in der Schule erlebt hatte.
    Dann hatte ein Polizeiwagen neben ihm angehalten. Ein Polizist hatte ihn gefragt, wieso er so rannte. Dann hatte er ihm die Schuhe abgenommen und über Funk eine Nachfrage gestartet. Kurz darauf war Stanley festgenommen worden.
    Es hatte sich herausgestellt, dass die Turnschuhe aus dem Heim für Straßenkinder gestohlen worden waren, wo man sie in einer Vitrine ausgestellt hatte. Am Abend desselben Tages wurden in diesem Heim reiche Leute erwartet, die für das gleiche Essen, das die Armen dort Tag für Tag umsonst bekamen, hundert Dollar bezahlen würden. Clyde Livingston, der früher einmal selbst in diesem Heim gelebt hatte, sollte dort sprechen und Autogramme geben. Seine Schuhe sollten versteigert werden, und es wurde damit gerechnet, dass sie mehr als fünftausend Dollar einbringen würden. Das ganze Geld sollte für die Straßenkinder ausgegeben werden.
    Wegen der Spieltermine der Baseball-Liga wurde Stanleys Prozess immer wieder verschoben. Seine Eltern konnten sich keinen Anwalt leisten. »Du brauchst keinen Anwalt«, hatte seine Mutter gesagt. »Erzähl ihnen einfach die Wahrheit!«
    Stanley hatte die Wahrheit gesagt, aber vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er ein bisschen gelogen hätte. Er hätte sagen können, er hätte die Schuhe auf der Straße gefunden. Dass sie vom Himmel gefallen waren, hatte ihm niemand geglaubt.
    Es war gar nicht Schicksal gewesen, wurde ihm jetzt bewusst. Sein Ururgroßvater war schuld, dieser elende Tunichtgut und Schweinedieb!
    Der Richter hatte Stanleys Tat als schändlich bezeichnet. »Der Wert der Schuhe war mit über fünftausend Dollar angesetzt. Dieses Geld sollte dazu dienen, den Straßenkindern Essen und ein

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