Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver) (German Edition)
Zähne und ein paar der Jungen blafften ihn an, sie legten Wert auf ein reinliches »Zuhause«.
»Ihr seid alle mal neu hier gewesen«, sagte Mr. Pendanski, »und ihr wisst alle noch, wie ihr euch damals gefühlt habt. Ich verlass mich auf jeden Einzelnen von euch, dass ihr Stanley helft.«
Stanley schaute zu Boden.
Mr. Pendanski verließ das Zelt, und bald darauf folgten ihm die anderen Jungen, ihre Handtücher und die Ersatzkleidung unterm Arm. Stanley war froh, allein zu sein, aber er hatte solchen Durst, dass er das Gefühl hatte, er müsste sterben, wenn er nicht gleich was zu trinken bekäme.
»Hey – eh, Theodore«, sagte er und lief dem Jungen nach. »Weißt du, wo ich meine Flasche füllen kann?«
Theodore wirbelte herum und packte Stanley am Kragen. »Ich heiß nicht The-o-dore!«, sagte er. »Ich bin Deo.« Er warf Stanley zu Boden.
Erschrocken starrte Stanley ihn von unten an.
»An der Rückwand von den Duschen gibt’s einen Wasserhahn.«
»Danke – Deo«, sagte Stanley.
Während er zusah, wie der Junge sich umdrehte und weiterging, dachte er, dass es ihm absolut schleierhaft sei, wieso um alles in der Welt jemand Deo genannt werden wollte.
Jedenfalls half es Stanley irgendwie, sich damit abzufinden, dass er in einem Bett schlafen sollte, in dem vor ihm jemand geschlafen hatte, den sie Kotztüte nannten. Vielleicht war das ja ein Ehrentitel.
6
Stanley duschte sich – soweit man das so nennen konnte –, aß sein Abendessen – soweit man das so nennen konnte – und ging ins Bett – soweit man diese stinkende, kratzige Koje als Bett bezeichnen konnte.
Weil das Wasser so knapp war, durfte jeder Lagerbewohner nur vier Minuten lang duschen. Etwa so lang brauchte Stanley, um sich an das kalte Wasser zu gewöhnen. Einen Knopf für warmes Wasser gab es nicht. Immer wieder trat er unter den Wasserstrahl, um gleich im nächsten Moment wieder zurückzuspringen, und dann war die Zeit auch schon um. Er kam gar nicht dazu, sein Stück Seife zu benutzen, aber andererseits war das auch gut so, weil er gar nicht die Zeit gehabt hätte, den Schaum wieder abzuspülen.
Das Essen bestand aus gekochtem Fleisch mit Gemüse. Das Fleisch war braun und das Gemüse war einmal grün gewesen. Alles schmeckte ziemlich gleich. Stanley aß alles auf und wischte mit einem Stück Brot die Sauce auf. Stanley hatte noch nie zu denen gehört, die etwas auf dem Teller lassen, ganz egal, wie es schmeckte.
»Was hast du gemacht?«, fragte ihn einer der anderen.
Zuerst wusste Stanley gar nicht, was der Junge meinte. »Es hat doch einen Grund, dass sie dich hergeschickt haben!«
»Ach so«, sagte Stanley. Jetzt kapierte er. »Ich hab ein Paar Turnschuhe geklaut.«
Die anderen fanden das komisch. Stanley war sich nicht sicher, wieso eigentlich. Vielleicht hatten sie selbst ja viel Schlimmeres gemacht als Schuhe zu klauen.
»Aus einem Laden oder hast du sie einem von den Füßen geklaut?«
»Öh – weder noch«, antwortete Stanley. »Sie gehörten Clyde Livingston.«
Das nahm ihm keiner ab.
»Du meinst – Sweet Feet? « sagte X-Ray. »Das gibt’s doch nicht!«
»Ausgeschlossen!«, sagte Torpedo.
Als Stanley später auf seinem Bett lag, kam es ihm erst richtig komisch vor: Keiner hatte ihm geglaubt, als er sagte, dass er unschuldig sei. Aber als er sagte, er habe die Dinger wirklich geklaut, da glaubte ihm auch keiner.
Clyde »Sweet Feet« Livingston war ein berühmter Baseballspieler. Seit drei Jahren war er der Star der American League gewesen. Es war der einzige Spieler in der Geschichte des Baseball, der je in einem einzigen Spiel vier Homeruns geschafft hatte.
Stanley hatte ein Poster von Clyde Livingston in seinem Zimmer an der Wand hängen. Jedenfalls hatte er es mal gehabt. Wo es jetzt war, wusste er nicht. Die Polizei hatte es als Beweisstück mitgenommen und vor Gericht als Indiz für seine Schuld präsentiert.
Auch Clyde Livingston war im Gerichtssaal erschienen. Als Stanley hörte, dass Sweet Feet kommen würde, war er trotz allem ganz gespannt darauf, seinem Helden zu begegnen.
Clyde Livingston bezeugte, dass es sich bei den Turnschuhen tatsächlich um seine handelte und dass er sie einem Heim für Straßenkinder gespendet hatte. Er sagte, er könne nicht begreifen, wie ein Mensch so gemein sein könne, Kindern, die kein Zuhause hätten, etwas zu stehlen.
Das war das Schlimmste für Stanley. Sein Held hielt ihn für einen elenden, nichtsnutzigen Dieb.
Als Stanley versuchte, sich auf seinem
Weitere Kostenlose Bücher