Loecher, noch und noecher
einfach furchtbar.
„Weihnachtsbeleuchtung, Weihnachtsbeleuchtung!“, flucht der Biermösel jetzt innerlich mit schwacher Stimme, „gibt es denn bei den depperten Leuten und auf ihren furchtbaren Architekturjuwelen überhaupt nichts anderes mehr als immer nur noch mehr Weihnachtsbeleuchtung?“
An, vor, auf, und über den grauslichen Häusern von den ganzen grauslichen Leuten sieht der Biermösel neuerdings fliegende Rentiere, leuchtende Christbäume, blinkende Autos und kreisende Fußbälle, es hängen Schleifen und Girlanden um das ganze Haus, es stehen Schneemänner davor und Kutschen hinten im Garten und was weiß der Teufel noch alles, was sich der Vati unbedingt für einen Jahreslohn aufs Einfamilienhaus draufmontieren hat müssen, nicht selten mit einem glatten Genickbruch extra bezahlt, wenn ihn die Dachlawine vom Dach herunter geholt hat, noch bevor er den Schalter überhaupt umlegen und sich sein Weltwunder hat anschauen können. Milliarden und Abermilliarden von Sternen stehen oben am Himmelszelt, und herunten in Aussee stechen Milliarden und Abermilliarden von Glühbirnen wie kleine Nadeln ins Auge vom Betrachter, und immer muss es das ganze Programm von A-Z sein, sonst gilt es nicht.
„Gibt es denn so was?“, fragt sich der Biermösel verzweifelt und haut sich gegen den Schädel. „Gibt es denn so was?“ Schon überlegt er wegen der schmerzenden Augen, ob er sich nicht von der Roswitha zu Weihnachten eine Schweißerbrille vom Werkzeugmacher Eckert schenken lassen soll anstatt einer weiteren Pudelhaube, das wird er tun müssen, wenn er auch den nächsten und den übernächsten Winter den Wahnsinn mit der immer weiter um sich greifenden Weihnachtsbeleuchtung halbwegs unbeschadet an der Netzhaut überstehen will.
Schnell weg von hier, wimmert er, weg, weg, weg von den ganzen Einfamilienhäusern und ihren putzigen Kleinfamilien!
Aber der Biermösel kommt überhaupt nicht mehr richtig vom Fleck, so schwer fällt ihm alles, so schwer. Zusätzlich zu den dicken Schneeflocken auf seinem Wetterfleck hat sich der späte Liebeskummer um seine alte und ungeschützte Seele gelegt wie die Dornenkrone um die Rockerfrisur vom Gekreuzigten. Am liebsten täte der Biermösel heute drüben im Auerhahn seine Seele herausnehmen und über Nacht in die Selchkammer hineinhängen, damit er sie morgen in der Früh gut eingeselcht und also unempfindlich für die Verletzungen der Weihnachtszeit wieder herausnehmen und zurückstecken kann in seine Seelchenkammer. Aber das geht natürlich nicht, wie auch ein jeder weiß, der sich wie er ein bisserl mit der gut abgehangenen, harten, geselchten Schweinswurst beschäftigt, Herrgottnocheinmal, er hat schon so einen Hunger beisammen!
Er hat schon so einen Hunger beisammen, dass ihm während der Fahrt das Wasser aus den Mundwinkeln heraus läuft und auf die Straße unter ihm tropft, wo es augenblicklich gefriert. Er hat so einen Hunger, dass die Wassermassen richtig herauslaufen und eine Eisbahn unter seiner Fips bilden, leerer Magen fährt nicht gerne! Also darf sich der Biermösel gar nicht wundern, dass ihm auf einmal das Hinterrad wegrutscht, wie er die Kurve beim Fleischermeister Brunner mit leichtem Engagement nehmen will, damit er nicht hineingeht und den Sauschädel stiehlt, der da in der Auslage liegt, und – Hoppala! – jetzt geht es los: Der Biermösel fällt zum ersten Mal unter die Fips.
Noch ist es nicht wirklich dramatisch, versucht er sich selbst zu beruhigen, weil er die Fips noch nicht im hohen Gang dahingejagt hat wie das gesunde Volksempfinden den Depp durch das Dorf. Aber im Prinzip ist natürlich jeder weitere Sturz auf die rechte Hüfte und den rechten Ellenbogen mit anschließender Abfederung vom ganzen übrigen Körper durch die ungeschützte und sowieso schon weitgehend ruinierte rechte Schädelhälfte einer zu viel. Poing-poing-poing schlittert er Schädel voran noch ein paar Meter dahin, bevor er an der Auslage vom Fleischermeister mit dem Sauschädel drinnen beinahe zerschellt – großes, schmerzhaftes Poing!
Kurz glaubt der Biermösel, dass er im Paradies gelandet ist und endlich für den ganzen Blödsinn entschädigt wird, der ihm die ganze Zeit widerfährt. Was nämlich dem Muselmanen die Jungfrau, das ist dem Biermösel das Schwein, auf das er sich freut und von dem er jetzt inständig hofft, dass es ihn dereinst auch im Paradies erwarten wird wie seit 35 Jahren jeden Abend im Auerhahn, also „bitte lieber Gott“ fleht der Biermösel,
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