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Loecher, noch und noecher

Loecher, noch und noecher

Titel: Loecher, noch und noecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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Bethlehem vor sich wird der Landeanflug auf den Auerhahn jetzt aber kein Kinderspiel, weiß er aus einer gewissen leidvollen Erfahrung heraus, hinter welcher immensen Schneeverwehung könnte er sich denn heute ungefähr verstecken, lautet die alles entscheidende Frage.
    Wie der Jumbojet-Pilot im dichten Nebel beim Anflug auf die Antarktis kommt er sich vor, „Biermösel, Biermösel an Roswitha, erbitte Landerlaubnis. Biermösel, Biermösel an Roswitha, wo bist du denn, häng doch bitte endlich die Laterne heraus!“, funkt er gegen den pfeifenden Nordwind an. Aber natürlich, wenn man sie einmal brauchen könnte, hört man nichts von den Weibern. Zeit wird es, denkt er sich, dass er endlich ein Zeichen setzt und beim Auerhahn eine 100 Meter hohe Rotbuche als Christbaum aufstellt und sie mit 1000 Blaulichtern behängt, das ganze Jahr über, als Rache für den Silbertannenbaumwahnsinn der Katholischen Kirche einerseits, als Orientierungshilfe für ihn andererseits. Aber für heute muss er den Weg noch ohne finden, also reißt er sich – wieder einmal ganz auf sich allein gestellt –, die Schibrille herunter und hängt sich seitlich auf die Fips wie der Indianer auf sein Halbblut. Er hält den Riechkolben in den Wind und stellt die Lauscher auf Empfang, aber da ist nichts. Der furchtbare Lärm aus der Gaststube, der sonst seine entzundenen Ohren quält; der liebliche Schweinsbratenduft: aus dem Bratrohr, der ihn normalerweise die Witterung aufnehmen lässt; der Rauch aus der Selch, der ihm für gewöhnlich von weitem in den Augen brennt – die ganzen verlässlichen Koordinaten, mit denen er sich an normalen Tagen orientiert, sind verschwunden, Kruzifixnocheinmal, was ist denn heute los?
    Auf einmal merkt der Biermösel mit einem gewaltigen Schnalzer, dass er gar nicht mehr so weit vom Zielflughafen weg gewesen ist, wie er geglaubt hat. Unverhofft staucht es ihn so gewaltig zusammen, heute aber nicht deshalb, weil er willentlich und wissentlich die Schleife um den Buchenscheiter-Nordturm auf seinem Schießstand hinter dem Auerhahn gezogen hätte und dann dagegen gekracht wäre, sondern weil er überraschend in der kompletten Orientierungslosigkeit gegen die schweren Eingangstür vom Auerhahn gekracht ist und sich schon wieder so unglaublich den Schädel angehaut hat, dass ihm bald auch die gelben Tabletten vom Doktor Krisper nicht mehr helfen werden.
    Der rotweißrote Windschutz hat natürlich auch nichts von der gewaltigen Energie abfedern können. Und wie der Biermösel dann endlich in seiner Schreckensstarre in Kombination mit der Kältestarre wie ein Fischstäbchen seitlich von seiner Fips hinunter fällt, da fragt er sich schon, warum sein Leben ausgerechnet vor Weihnachten immer zum Kreuzweg wird. Aber pass auf, Biermösel, falsches Fest! Du tanzt die ganze Zeit am komplett falschen Fest!

Versuchung
    Wie der Biermösel dann knapp vor Mitternacht im dichtesten Schneetreiben und steifsten Nordwind über eine Viertelstunde lang halb verhungert und fast ganz erfroren von draußen gegen die Holztür poltert, wie er dabei immer wieder mit der Schulter und mit der Faust und mit dem breiten Kreuz dagegen rennt wie der Esel gegen den Zaun, da ist es einzig und alleine die immense Vorfreude auf das späte Abendmahl, die ihn noch die Kraft dafür finden lässt, weil: Wie der Jesus drinnen in seinem Grab auf seine Auferstehung, so freut der Biermösel sich jeden Tag auf sein Nachtmahl, das natürlich auch heute wieder ein Schweinsbraterl sein wird, genauso wie am Heiligen Abend die Weihnachtsgans und am Ostersonntag das Osterlamm ein Schweinsbraterl sein wird, was gut ist, soll eben gut bleiben!
    Und wie der Biermösel dann endlich doch noch die Tür zur Gaststube im Auerhahn mit seinem gewaltigen Dickschädel aufstöst wie der Ritter im Mittelalter mit dem Rammbock das Burgtor, wie er dann halbtot hereinstolpert in die Wirtsstube und die eisigen Stürme ihn herumwerfen wie die weggeworfene Zeitung im Windfang, da ist es wiederum nur der Gedanke an den Besoffenen Kapuziner, der ihn sich der Selbstaufgabe widersetzen lässt, weil die Roswitha das Gottesgeschenk hoffentlich wieder im Most geradezu ertränkt und im Schlagobers praktisch erstickt hat, bevor sie es ihm verspätet, aber doch gleich servieren wird.
    Und wie er sich jetzt mit der allerletzten verbliebenen Kraft doch noch von innen gegen die Tür stemmen und sie zudrücken kann, bevor der Nordwind den ganzen Schnee von der Frau Holle meterhoch herein bläst und

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