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Loecher, noch und noecher

Loecher, noch und noecher

Titel: Loecher, noch und noecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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heuer ihre Weihnachtsfeier bei ihnen abhalten wollen, das schließt der Biermösel nach einer ersten Ad-hoc-Einschätzung der gefährlichen Lage eher aus. Im Auerhahn gibt es nämlich keine Weihnachtsfeiern, das weiß auch ein jeder, der sich ein bisserl mit Weihnachtensfeiern in der Gegend beschäftigt. Gott sei Dank waren er und die Roswitha nämlich so gescheit und haben sich den Wahnsinn mit den verlässlich aus dem Ruder laufenden Weihnachtsfeiern und den damit einhergehenden Verwüstungen und ruinierten Ehegemeinschaften erst gar nie angefangen. Versicherungsmakler, Bankkaufleute vom Format eines Jackpot Charlie, Orthopäden, Architekten, Geistliche und politische Versager, alle haben sie schon bei ihnen angefragt, ob sie das Schweinsbraterl in seiner weihnachtlichen Reinheit im Rahmen einer Feier bei ihnen verschlingen dürfen. Aber der Biermösel hat es immer abgelehnt, dass sich die Roswitha zum Erfüllungsgehilfen dieser Unart namens Weihnachtsfeier macht, weil er es im Grunde immer komplett abgelehnt hat, dass er das Schweinsbraterl mit anderen teilen muss. („Aber wehe!“, hat er die Roswitha dann einmal angeschrien, „wehe wehe, wenn einmal der Schlachthof oben in Wels, Unterabteilung Schwein, anruft und seine Weihnachtsfeier bei uns veranstalten will, dann machst du gefälligst eine Ausnahme, verstanden, weil mit denen könnte ich mich auch einmal gut unterhalten, mir dir weiß ich ja oft genug überhaupt nicht mehr, was ich reden soll!“)
    Halleluja, denkt sich der Biermösel und kratzt sich verschämt hinterm Ohrwascherl, manchmal hat sich die Roswitha schon was anhören können!
    Jetzt sitzen also Jäger dort, wo noch nie Jäger gesessen sind, muss sich der Biermösel mit der neuen Situation abfinden, obwohl diese fehlgeleitete Bagage normalerweise das Schwein meidet und den Tempel vom Schwein erst recht. Drei besoffene Jäger also anstatt dreier Besoffenener Kapuziner, auf die er sich schon so gefreut hat. Geduckt sitzen sie dort drüben unter ihren Gamsbarthüten, hinterfotzig paffen sie an ihren gebogenen Pfeifen, das Schießgewehr immer in Griffweite. Still wie in einem Gemälde sitzen sie da und schauen ihn aus ihren toten Augen heraus an, sodass es dem Biermösel auf einmal einen kalten Schauder über den Rücken jagt, wie er ihn nicht mehr gekannt hat, seit ihn der Ausbildner in der Gendarmerieschule oben in Linz im Winter bei offenem Fenster und minus 30 Grad Außentemperatur kalt duschen geschickt hat, er und der Grasmuck waren nämlich die einzigen zwei Aufrechten inmitten von 120 anderen Schweinderln im Schlafsaal, die ein Nachthemd getragen haben anstatt einen Pyjama, der Mensch kommt im Nachthemd einfach schneller aufs Klo, um den selbsternannten Ästheten im Ausbildner haben sie sich mit ihren ganzen Problemen unten herum wirklich nicht kümmern können! Und auch um das Gekichere und Gelächter der Kameraden nicht, das genauso höhnisch war wie das, welches er jetzt von den drei Jägern herüber hört.
    „Lacht‘s nicht so deppert!“, schreit der Biermösel sie an.
    Die lachen aber trotzdem deppert, und sie zeigen sogar mit ihren verdorrten Fingern auf ihn.
    „Ein Nachthemdträger!“, hört er sie lachen.
    „Na und!“, schreit der Biermösel sie an und öffnet langsam das Halfter von seiner Glock, jetzt wird es nämlich persönlich. Er hält vorsichtig die Hand drauf und zieht mit der anderen die Doppelläufige langsam zu sich her. Dann riskiert er einen kurzen Blick durch die Schwingtür hinein in die Küche, wo normalerweise die Roswitha hinter dem Herd steht, aus dem wiederum normalerweise der heiße Saharawind herausströmt und ihm den Duft vom Schweinsbraterl in die Nase weht, sodass ihm jedes Mal wieder das Wasser im Mund zusammen läuft, wenn er nur daran denkt.
    Aber heute ist alles anders, muss er feststellen. Heute lodert im Herd nicht einmal das Feuer, was die letzten 35 Jahre noch nie vorgekommen ist, und jetzt muss er endgültig ein bisserl lauter werden:
    „Roswitha, du Trampel! Wo bleibt denn heute das Schweinsbraterl?“
    Aber auch dieser verzweifelte Schrei wird von der Roswitha nicht erwidert. Nicht einmal ihr lautes Schnarchen hört er, das ihm sonst oft den Schlaf raubt und das in seinem Beschwerdekatalog ganz oben steht. Wie es ausschaut, ist der Biermösel mit den drei Jägern ganz alleine da herinnen in der Wirtsstube, und schön langsam scheißt er sich ein bisserl in die Hosen, wenn er sich die Situation vor Augen führt. Wie die NATO und der

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