Loecher, noch und noecher
zäh dahinfließt, Weihnachten als Content – in die Schrottpresse damit! Er setzt sich doch morgen an Heilig Abend mit der Franzi Kubelik lieber in die mitgebrachte Konzernlimousine in der Garage draußen und dreht für ein paar Minuten die Nebelschlussleuchten auf und singt mit ihr eine halbe Strophe „Stille Nacht“, bevor er nochmal einen Weihnachtsbaum aufstellt und vielleicht Kerzen darauf anzündet, lieber verbrachte er Weihnachten während der letzten Jahrzehnte immer am Verteilerkreis irgendeiner Autobahn als im Kreis seiner so genannten Lieben.
Wo bleibt denn die Franzi, denkt er nun schon weniger analytisch und kühl.
Zwar hat auch er heute als kleines Zugeständnis an Weihnachten ein paar Tannenzweige aus dem finsteren Wald da draußen herein geholt, mit denen die Franzi ihn schlagen soll, bevor sie ihn mit dem Einlauf erlöst, und jetzt muss er schon sagen: Der Schnee rieselte leise, und unten im Tal ruhte still und starr der zugefrorene See und weihnachtlich glänzte der Wald und so weiter und so fort. Also da ging ihm ja beinahe wirklich das Herz auf, und kurz dachte er sogar, er spürt seine Seele wieder, die er während seiner gesamten erfolgreichen Manager-Karriere nicht mehr gespürt hat beziehungsweise nicht mehr spüren konnte, weil sich ein Manager keine Gefühle erlauben kann und er folgerichtig seine Seele überhaupt schon vor langer Zeit -
Nun, was genau hat er denn mit seiner Seele gemacht, fragt er sich gar nicht mehr kühl. Gerne würde er jetzt mit einem raffinierten Sprachbild ausdrücken können, was genau er vor langer Zeit mit seiner Seele angestellt hat, damit sie so völlig unempfindlich geworden ist, aber es fehlen ihm leider die Worte, sein Leben lang jonglierte er ausschließlich mit Zahlen. Dabei wäre er manchmal so gerne musisch begabt gewesen anstatt immer nur gefürchteter Schlächter. „Mein Seelchen entflog meinem schmalen Körperchen“, könnte er jetzt zu seinem Schaukelpferchen sagen, das neben ihm im Bettchen liegt, „und dann... und dann... – verdammte Scheiße, was tat denn mein Seelchen dann?!“, fragt er sich beinahe beleidigt, „wo genau flog es denn hin, um sich so kolossal zu härten?“. Flog es vielleicht in ein Stahlwerk und meldete sich zum Härten vermittels Elektrolyseverfahren an? Oder flog es eher in einen Backofen für Stahlgürtelreifen?
Das klingt doch alles nach nichts, das ist keine Poesie!, ärgert er sich, und plötzlich beneidet er all jene Tagediebe und Musenküsser, die Zeit und Ruhe haben, stundenlang in ihren Musentempeln herumzusitzen, sich sinnlos die Zeit zu vertrödeln und dabei vielleicht Sprachbilder erfinden (und all jene, die ordentlich scheißen können, beneidet er erst recht!).
Der Konzernlenker atmet sehnsuchtsvoll den Duft der Tannenzweige, mit denen ihm die Franzi Kubelik erst den Arsch versohlen soll, bevor sie ihm den Einlauf verpasst, Heilige Scheiße! Er hat es dann wirklich nötig, denkt er mit sorgenvollem Blick auf die Uhr. Die Tannenzweigchen riechen so gut, bevor es dann bald gar nicht mehr gut riechen wird, wenn sich die Stauung im Darm endlich löst und die Rakete zündet.
Der Konzernlenker wird das stets freundliche „Hinauf?“ der Franzi Kubelik im Puff der Discowirtin vermissen, wenn er erst für immer nach Rio verschwunden sein wird, und ihr glückliches Gesicht erst recht, wenn sie auf ihrem Schemel stand und den Knopf drückte und sich die Lifttür hinter ihr langsam schloss. Diese Zufriedenheit im Kleinen! Selten, dass den stahlharten Manager noch etwas berührte und er die eingefahrenen Bahnen der analytischen Denke verließ, aber diese Franzi Kubelik und ihr lächerlicher Traum, einmal im Leben Liftboy zu sein, gehörten gewiss dazu.
Anders verhielt sich die Sache mit seiner Frau Irm!
Seine Gedanken sind finster wie dunkle Scheiße, wenn er nur an seine Frau Irm denkt. Das mit seiner Frau Irm war keine Erfolgsstory, und mit allen anderen Frauen, für die er nicht bezahlen musste und die er alleine mit seinem Äußeren und seinem Charme gewinnen wollte, auch nicht! Stattdessen schwerer Sigmund-Freud-Alarm bei ihm, seit ihn Mutti auf seinem Pferdchen reitend in ihrem Unterwäschekasten überraschte.
„Möchtest du mich hier berühren?“ fragte sie.
„Mami, bitte nicht!“ hat er geflennt.
Du lieber Herr Gesangsverein! Mutti zog sich aus und drückte ihn ganz fest an sich, und zwar genau dorthin, wo bei einem Auto der Auspuff ist. Dann versank er in einem Meer von Fleisch und Fett und
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