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Loecher, noch und noecher

Loecher, noch und noecher

Titel: Loecher, noch und noecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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schreit der Jackpot Charlie in seiner fiebrigen Angst, „bitte nicht die Venen!“
    Als der Jackpot Charlie endlich in die lange Gerade im Silbertannenwald einbiegt, tanzen die Schneeflocken im Scheinwerferlicht mit jedem Wimpernschlag immer noch verrückter um seinen Wagen herum wie höhnisch lachende Hexen auf ihren Besen, und der Schnee liegt mit jedem Meter, den er immer langsamer zurücklegt, immer noch höher auf und entlang der Straße, sodass er sich schon besorgt fragt, was denn heute mit dem Lindbichler los ist, „als Waisenkind ist man halt immer besorgt, Anni.“
    Bilder des Schreckens drängen sich jedes Mal in sein Oberstübchen, wenn er den Schleichweg befährt, Bilder vom Biermösel, wie er regelmäßig im Herbst zu Schulbeginn dem Waisenhaus einen Besuch abgestattet hat. Seine Rede zur kriminellen Lage der Nation samt seine Vorschläge zur Prävention waren gefürchtet wie die hochgezogenen Augenbrauen vom Breschnew während seiner Maiparaden.
    „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“, hat er zunächst immer ein bisschen weiter ausgeholt, bevor er dann vielleicht eine Spur zu philosophisch geworden ist:
    „Manchmal genügt ein Tropfen und bringt den heißen Stein zum Überlaufen. Manchmal genügt ein Schmetterlingsdings und löst einen Bums aus, sprich: Kriminell seid ihr schneller, als ihr denken könnte. Wenn ihr dann aber hektisch werdet, weil ihr was angestellt habt, wenn ihr dann vielleicht sogar auf der Flucht seid durch die lange Gerade im Silbertannenwald, weil euch die ein willkommener Schleichweg zu sein scheint, dann schreibt euch Folgendes hinter die Ohrwascherl: Ich werde euch nicht jagen. Ich werde vielmehr ruhig wie der Fliegenfischer unter einem Baum im Schatten an der Abzweigung nach Goisern sitzen und dort auf euch warten, bis das Schicksal euch vor meine Bergschuhe spült, ich bin nämlich der Herrscher über die Zeit, wenn ich was habe, dann habe ich Zeit, Prostmahlzeit.“
    Du meine Güte, fröstelt es den Jackpot Charlie, wie er sich an diese Predigten erinnert und ihm auch jetzt wieder der Angstschweiß kalt den Rücken hinunter läuft, manchmal war der Biermösel selbst für einen Ausseer Gendarmen ganz außerordentlich besoffen.
    Damals haben sie ihm natürlich nicht geglaubt und ihn mit Brennesseln beworfen und ausgelacht, und er selbst war es, der jedes Jahr wieder die gleiche scheinheilige Frage gestellt hat, sobald er ins Klassenzimmer eingetreten ist:
    „Was ist denn das, Herr Inspektor, was da so riecht?“
    Nur um selbst und der Klasse dann immer die Antwort zu geben:
    „Ist das vielleicht ,Fuß’, der neue Duft von Impulse?“
    Und endlich hat dann mal die ganze Klasse gelacht, wenn auch er auch mal lustig sein wollte.
    Aber was, fragt er sich jetzt besorgt, wenn alles doch genau so kommt, wie es die rechte und die linke Faust des Teufels prophezeit haben? Da wünschte der JC inständigst, dass er sich nicht immer mit diesen billigen Kalauern in die Unterrichtseinheit eingebracht hätte!
    Schon am Nachmittag hat sich Jackpot Charlie an der Punschhütte gut abgefüllt. Mit ein paar schnellen Stehachterln im Tagescafe von der gachblonden Discowirtin spült keiner die Demütigung hinunter, die ihm heute früh auf den Schreibtisch geflattert ist: „Halbes Gehalt oder Arschtritt! Für die Luft, die du in unserer Filiale atmest, wirst du in Zukunft auch bezahlen müssen.“
    Das war im Wesentlichen der Inhalt von der mit formlosem Schreiben zugestellten Änderungskündigung von den Vorständen der Ackerbau- und Viehzuchtbank, und das nach zwanzig Jahren freudloser Zugehörigkeit zum Unternehmen, (in dem er aber wenigstens vor drei Wochen dann noch die Anni hat kennen lernen dürfen, nach der ebenso freudlosen Weihnachtsfeier auf dem mehr als freudlosen Betriebsklo, wo er seinen Rausch hat ausschlafen wollen, „Anni, ich hab wirklich nicht gewusst, dass eine Putzfrau noch beschissener dran ist als unsereins und schon um 2 aufstehen und um 3 zum Scheißhaus Putzen anfangen muss!“)
    Früher haben sie bei der Discowirtin drüben in Goisern gefeiert, bis der Christbaum gebrannt hat. Er hat Knopferlharmonika und die ganzen Schlager vom Shubidu Jack rauf und runter gespielt, und alle Weiber haben sich früher oder später von ihm auf die Tutteln greifen lassen, das war wirklich einmalig. Aber heuer haben die Heuschrecken lieber im Osten dazu gekauft und in der Heimat gespart, also war für sie nicht mehr drinnen als eine fade Weihnachtsfeier in der Filiale mit

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