Loecher, noch und noecher
aber ist sein Blick plötzlich auf den Haufen Geld gefallen, der in einem Schwarzgeldkoffer neben dem Schaukelpferdchen gelegen ist, samt einem Ticket erster Klasse nach Rio de Janeiro. Und der Jackpot Charlie hat sich erinnert, wie ihn die Anni am Eislaufplatz unschuldig angelacht hat, nachdem er sie eigentlich hat umbringen wollen. Anstatt dass sie auf dünnem Eis eingebrochen und abgesoffen wäre, wie es sein hinterhältiger Plan für sie war, hat sie sich einfach niedergebückt und ein verlorenes 2-Cent-Stück aufgehoben, und leicht wie eine Feder ist sie damit zu ihm zurückgefahren, mit ein paar eleganten Skaterschritten. Sie ist vor ihm abgeschwungen und hat ihm tief in die Augen geschaut, und dann hat sie ihm die Münze in die Hand gedrückt und ganz leise gesagt: „Gib es nicht aus, Charlie, behalt es immer bei dir, dann wird es dir Glück bringen.“
Frage: So eine Frau soll man nicht lieben?
Der Jackpot Charlie hat das Geld an sich genommen und sofort gedacht, dass er der Anni alles doppelt und dreifach auf ihr Konto zurück überweisen und sein Glück mit ihr teilen will. Aber je näher er auf seiner Flucht der langen Gerade im Silbertannenwald gekommen ist, desto klarer ist ihm geworden, dass er sie nicht mehr treffen wird können, auch wenn es jetzt im Silbertannenwald immer fürchterlicher stürmt und noch dichter schneit und er nichts lieber täte als zur Anni ins warme Bett zu kriechen, die Anni hat einfach so ein Talent für Wärme.
Aber es gibt ja Telefonzellen in Rio de Janeiro, und von dort aus wird er sie anrufen und sich ihr erklären. Und wenn er sich erst das kleine Wettbüro eingerichtet und die dazugehörige Lizenz vom Gangsterboss gekauft hat, und wenn ihm dann die ganzen braungebrannten, hartärschigen brasiliansichen Chicas mit ihren wippenden Brüstchen beim Hals heraus hängen werden, wer weiß, fragt sich der Jackpot Charlie, ob er der Anni nicht nächstes Jahr zu Weihnachten die geschriebene Wahrheit und ein 1st-class Flugticket in ein Kuvert stecken und ihr per Luftpost zukommen lassen wird, „Danke Anni“, wird er ihr schreiben, „danke und immer wieder danke. Du warst die erste Frau, bei der ich Wärme gespürt habe“. Aber bitte jetzt nicht mir böse sein, Anni, in Brasilien ist es auch sehr warm.
Gleich hat er es geschafft. Wenn er es jetzt noch durch den stetig stärker werdenden Schneefall hinüber zur Abzweigung nach Goisern schafft, dann ist er praktisch durch. Der Jackpot Charlie freut sich darauf. Er nimmt das Geld büschelweise vom Beifahrersitz und wirft es großzügig beim Fenster hinaus.
„Das ist für euch, Tiere des Waldes!“, ruft er gut gelaunt. Ein Waisenkind wünscht sich ja immer, dass es den anderen auch gut geht, wenn man selbst gerade Glück gehabt und doch noch den Premium-Number-One-Super-Jackpot gewonnen hat, und er hat ja auch gehört, dass die kleinen Bambis im Wald jetzt allesamt Waisen sind, seit der Biermösel ihren Papa, den 18-Ender umgenietet hat.
Aber da springt ihm die Hirschkuh Bernadette mit dem Arsch voran in die Windschutzscheibe, und wenn man sein Leben lang kein Glück hat, dann kommt halt auch noch Pech hinzu: Sie tut es auf der Fahrerseite, womit sein endgültiges Ende nur noch eine Frage von Millisekunden ist: Gleich wird er tot sein, weiß jetzt auch der Kaltenböck Karli alias Jackpot Charlie, und den Traum vom großen Jackpot wird er doch mit ins Grab nehmen müssen. Mit beschwingtem Shubidu-Walk wird er hinübertänzeln ins Jenseits, auf das er sich plötzlich freut, denn: Denn trotz allem fühlt er sich endlich glücklich und befreit wie ein Spinnrad-Treter im 19. Jahrhundert, der gerade einem Manchester-Kapitalisten das Licht ausgeblasen hat.
Dann sieht der Jackpot Charlie noch einmal das Licht in der Ferne, das aus dem See hinauf in den Himmel scheint, und er seufzt wehmütig:
„Das Licht Anni, schau, das Licht!“
Happy Birthday to you!
„Also gut, lieber Herr Jesus“, gibt der Biermösel ja gerne zu, wie er in seine Kirche hineinstolpert, „hin und wieder muss ich ja auch selber schmunzeln, wenn ich an dein Wiegenfest denke und an all die Fälle, wo zum Beispiel bei der lieben verarmten Familie der ganze selbst gebastelte Adventkalender auseinanderfällt, bevor das goldgelockte Kleinkind mit seiner Rotzglocke das alles entscheidende 24. Fensterl aufreißen kann. Und dann weinen die armen Kinderlein, und die überforderten Eltern weinen gleich mit dazu, und so was ist dann schon auch immer wieder sehr
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