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Lösegeld am Henkersberg

Lösegeld am Henkersberg

Titel: Lösegeld am Henkersberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Zeit.“
    Verblüfft blickte Sauerlich ihnen nach.
    Georg, hinterm Lenkrad, lachte leise
und ließ dann den Motor an.

24. Unterredung im Fahrradschuppen
     
    In diesem Teil der Fliegentöter
Landstraße brannte keine Laterne. Dunkelheit umhüllte die beiden Freunde. Sie
stützten sich auf ihre Drahtesel und blickten über den fauligen Bretterzaun.
    „In dem flachen Gebäude ist Licht“,
sagte Tim. „Ziemlich gammliges Anwesen. Ich wette, das Tor quietscht, wenn man’s
aufschiebt. Besser ist, ich steige über den Zaun.“
    „Laß dich nicht erwischen“, meinte
Klößchen. „Vielleicht sind beide hier. Und noch der Pilot aus dem Hubschrauber,
also drei insgesamt.“
    Tim übergab ihm sein Rad, schwang sich
über den Zaun und lief auf den Hof.
    Ein Mercedes parkte vor dem flachen
Gebäude. Daß alle Fenster ebenerdig waren, erleichterte das Kundschaften.
Leider waren die Vorhänge geschlossen.
    Aber als Tim sich aufrichtete — vor dem
ersten der beiden erleuchteten Fenster — , sah er einen fingerbreiten Spalt
zwischen den geblümten Stoffteilen. Ein Wohnraum. So gemütlich wie ein
Schweinekoben, aber nur halb so ordentlich.
    Am Tisch saß ein großer, massiger Kerl.
Auf dem runden Schädel wurde das Haar dünner, und in dem fleischigen Gesicht
wirkte die Nase viel zu klein.
    Er war zufrieden, der Mann. Träumerisch
blickte er auf den Tisch. Dort lag das Lösegeld: in Bündeln, schön geschichtet
— so wie Tim es abgeliefert hatte.
    „Du hast Fallmeier nur kleine Scheine
gegeben?“ ertönte Ritschi Gernreichs Schrillstimme.
    Tim konnte den Typ nicht sehen. Er saß
offenbar auf der anderen Seite.
    Der Fleischberg nickte. „Nur 50er und
100er. Größeres wollte er nicht. Hat eine Weile gedauert, bis 100 000 Mark
abgezählt waren. Schönes Sümmchen. Aber was hätten wir gemacht ohne ihn und
seinen Hubschrauber?“
    „Hat jemand beim Flugplatz was bemerkt?“
    „Ich glaube nicht. Bis zum Monatsende
ist Fallmeier noch Pilot bei der Firma. Für das Bodenpersonal ist es ganz
normal, wenn er mit dem Vogel startet. Aber ich nehme an, der Junge wird den
Helikopter beschreiben, und die Bullen stehen dort nachher auf der Matte.
Fallmeier will das nicht abwarten. Er ist schon auf dem Weg in die Schweiz. In
Zürich wird er einige Tage in der Pension Glauserli wohnen, bevor er nach
Afrika abhaut. Ich soll ihn anrufen — er will wissen, wie’s gelaufen ist.“
    „Ich war ziemlich von den Socken“,
sagte Ritschi, „als ich sah, welchen Bengel die schicken. Ausgerechnet diesen
Nahkampf-Fuzzi!“
    „Den 1000er hat er nicht genommen“,
sagte der Hüne. „Stark ist er offenbar, aber blöd.“

    Du Mistkerl! dachte Tim.
    „Schade, daß ich Gluschke nicht fragen
kann“, ließ sich Ritschi vernehmen. „Vielleicht kennt er den Bengel. Ich
    Der Hüne lachte. „Nee, Gluschke kannst
du nicht mehr fragen. Weder den noch Enrico, Carlo oder Döbbel. Wahrscheinlich
wissen die inzwischen, was sich abgespielt hat. Irgendwie müssen die Bullen ja
erklären, warum die Kohle nicht geliefert wird.“
    Kaum hörbar saugte Tim Luft durch die
Zähne.
    Gluschke! Der gehörte zu den
Kidnappern? Der? Nun, unsympathisch genug ist er ja!
    „Natürlich können sie sich denken“,
sagte Ritschi, „wer ihnen die Tour vermasselt. Ich wette, die ehemaligen Freunde
suchen schon nach mir. Aber meine alte Adresse ist abgemeldet, und hier finden
sie mich nicht. Du, hast du noch Whisky? Wir müssen doch diesen Reichtum
begießen!“
    Das war’s. Tim ballte die Fäuste, als
er zu Klößchen zurückschlich. Alles fügte sich zusammen, das Vermutete traf zu.
Eine Verbrecherbande, die sich zerstritten hatte. Aber dieses Duo hier — kurzfristig
um den Piloten Fallmeier verstärkt — hatte nur kassiert. Die Geiseln befanden
sich bei den anderen. Bei — Tim würde die Namen bis an sein Lebensende nicht
vergessen — Enrico, Carlo, Döbbel und Gluschke.
    „Hast du wen gesehen?“ fragte Klößchen.
    „Ritschi ist hier. Und der Hüne, dem
ich das Geld gebracht habe. Der andere Teil der Bande hat unsere Leute. Und
weißt du, wer zu den Verbrechern gehört? Gluschke. Ja, unser Gluschke! Ich habe
genauso gestaunt.“
    Nach einer Weile schloß Klößchen den
Mund.
    „Was machen wir jetzt?“
    „Wir fahren zum Internat. Du rufst den
Kommissar an. Nennst die Adresse hier. Inzwischen rede ich mit Gluschke. Und
wie ich mit dem reden werde! Wenn Herr Glockner dann eintrifft, kann ich ihm
sagen, wo die anderen sind — nämlich Carlo, Enrico und Döbbel.

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